Freitag, 26. Juli 2013
Thema: Kinokultur
Nachtrag: Laut Konrad Hirsch von Schamoni Film wird der Film im Originalformat beim Bundesarchiv Filmarchiv eingelagert. Für die Heimanwendersituation hat mein Text allerdings weiterhin voll und ganz Belang. Siehe Konrad Hirschs Darlegungen unten in den Kommentaren.

Gestutzt hatte ich schon bei dieser Meldung in der Rhein-Zeitung: May Spils NDF-Komödie Zur Sache, Schätzchen sei im Zuge einer neuen Restaurierung "für HD-Bildschirme zurecht gerückt" worden. Was da an dunkler Ahnung bereits im Raum stand, bewahrheitet sich nun nach diesem Posting bei SigiGötz-Entertainment:
„Restaurierte Fassung“ bedeutet, daß man das Bildformat an die heutigen Sehgewohnheiten angepaßt hat (von Normalformat auf 16:9) ohne einer puristischen Minderheit wenigstens optional das ursprüngliche Format zur Verfügung zu stellen. Aber alle wichtigen Informationen sind noch im Bild, das hat Werner Enke auf der Pressekonferenz versichert.
Sprich: Was hier als "Restauration" verkauft wird, ist faktisch nichts anderes als eine Beschneidung des ursprünglichen Bildes - und damit ein Rückfall in finsterste VHS-Zeitalter, wo mancher CinemaScope-Klassiker mit einem 4:3-Vollbild auf den Markt geworfen wurde. Nur dass man heute eben nicht mehr rechts und links die Schere ansetzt, sondern oben und unten, damit's auf dem Bildschirm keine störenden Balken gibt.

Historische Sorgfalt, Respekt vor der künstlerischen Arbeit - egal. Wer solche Manöver stolz als Filmrestaurierung verkauft, tritt Filmgeschichte mit Füßen. Jeder Restaurator im Feld der bildenden Kunst, der Malereien beschneiden würde, würde als Vandale geteert und gefedert - völlig zurecht. Da man Respekt vor der Filmgeschichte aber offensichtlich weder haben muss, noch mit einem solchen überhaupt gerechnet wird, kann man Filme fröhlich mit der Schere restaurieren und seine Tat im Nachhinein noch im Brustton der Überzeugung als wichtige Arbeit am Filmerbe verkaufen. Und groteskerweise wird diese Versündigung auch noch mit staatlichen Mitteln gefördert, während reihenweise Filme unwiederbringlich in Privatarchiven vergammeln (darunter eben zum Beispiel auch die übrigen, weit weniger bekannten Filme der Regisseurin May Spils).

Dazu passend: Der Hinweis auf dieses Tumblr, aus dem sehr einsichtig hervorgeht, dass auch eine Bildbeschneidung im Hinblick auf die "wichtigen Informationen" immer einen massiven Eingriff in die Bildkomposition eines Films darstellt.


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Freitag, 26. April 2013
Thema: Kinokultur
Aus diesem Anlass ein (Mini-)Porträt in der taz. Im Mai zeigt das DOK.Fest in München im übrigen eine Auswahl aus Herzogs dokumentarischem Schaffen.

Passend auch die Zeilen in Cristina Nords Artikel zum Deutschen Filmpreis (ähnliches wollte ich auch unterbringen, habe es aber mangels Platz draußen gehalten):
"Indem sie Werner Herzog den undotierten Ehrenplatz überlässt, holt sich die Deutsche Filmakademie, die seit 2005 über die Vergabe der mit knapp 3 Millionen Euro dotierten Preise entscheidet, einen Gradmesser ins Haus. Und der zeigt eine vernichtende Diskrepanz zwischen dem, was sein könnte, und dem, was ist. ... Es gibt nicht viel gegen diese Auswahl einzuwenden, es sei denn, man zieht zum Vergleich heran, was jemand wie Werner Herzog dreht. Und dann fällt auf, dass sich im deutschen Kino das Mittelmaß noch immer gegen die Exzentrik durchsetzt."


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Montag, 31. Dezember 2012
Thema: Kinokultur
Einige Aktualitäten, die ich 2012 gesehen habe und sehr gut fand:

- Zero Dark Thirty (Bigelow)
- Barbara (Petzold)
- Bestiaire (Côte)
- Drive (Refn)
- Cosmopolis (Cronenberg)
- Killer Joe (Friedkin)
- Death Row (Herzog)
- Livide (Bustillo/Maury)
- Flying Swords of Dragon Gate (Hark)
- Liebe (Haneke)
- Looper (Johnson)
- Lawinen der Erinnerung (Graf)
- Dredd (Travis)
- The Campaign (Roach)
- Heino Jaeger: Look before you Kuck (Kroske)
- Das unsichtbare Mädchen (Graf)
- Universal Soldier: Day of Reckoning (Hyams)
- Hail (Courtin-Wilson)
- Mad Men: Season 5
- Girls: Season 1

Außerdem: Bemerkenswerte Erstsichtungen aus den Archiven der Film- und Fernsehgeschichte:

Der Kommissar: Lagankes Verwandte (1971) +++ Monarch (Flütsch/Stelzer) +++ King of Comedy (1983) +++ Das nackte Cello (1971) +++ Io, Emmanuelle (1969) +++ Diamond Connection (1982) +++ Tanja - Die Nackte von der Teufelsinsel (1967) +++ Nightdreams (1981) +++ Marnie (1964) +++ Der Kommissar: Parkplatz-Hyänen (1969) +++ Electric Glide in Blue (1973) +++ Amore e morte nel giardino degli dei (1972) +++ Der Alte: Der Sohn (1985) +++ Sperling und der brennende Arm (1998) +++ Sperling und das Loch in der Wand (1998) +++ Hotte im Paradies (2003) +++ Bittere Unschuld (1999) +++ Bei Thea (1988) +++ Treffer (1984) +++ Derrick: Yellow He (1977) +++ Derrick: Alarm auf Revier 12 (1975) +++ Derrick: Tod des Wucherers (1977) +++ Derrick: Tote Vögel singen nicht (1976) +++ La Rose de Fer (1973) +++ Cotton Comes to Harlem (1970) +++ Der Fahnder: Nachtschicht (1992) +++ Le Secret (1973) +++ Quartett im Bett (1968) +++ Let's Scare Jessica to Death (1971) +++ Mill of the Stone Women (1960) +++ Perrak (1970) +++ Polizeiinspektion 1: Die große Oper (1978) +++ Polizeiinspektion 1: Chloroform für Zwei (1977) +++ Der Unfall (1968) +++ Niagara (1953) +++ Im Schloss der blutigen Begierde (1968) +++ Der Mörder mit dem Seidenschal (1967) +++ Die endlose Nacht (1963) +++ Liebe, so schön wie Liebe (1972) +++ Sylvie (1973) +++ The Horrible Dr. Hichcock (1962)

film 2012


  beyond distribution
  • 89 - bestiaire
  • 84 - death row
  • 80 - hail (review in print)
  • 74 - captive
  • 71 - the legend of kaspar hauser (review in print)
  • 70 - a.c.a.b. (review in print)
  • 70 - alois nebel (review in print)
  • 70 - francine
  • 69 - where's my mother tongue?
  • 68 - eden
  • 67 - the whisperer in darkness (review in print)
  • 67 - kid thing
  • 60 - l (review in print)
  • 58 - crulic - the path to beyond
  • 53 - jayne mansfield's car
  • 48 - keyhole

  •   straight to disc
  • 85 - killer joe (review in print) (wichtiger hinweis!)
  • 84 - livide
  • 83 - flying swords of dragon gate
  • 80 - universal soldier: day of reckoning
  • 79 - gandu (review in print)
  • 76 - mad circus
  • 70 - cold blue (review in in print)
  • 65 - metropia (review in print)
  • 62 - urban explorer (review in print)
  • 61 - the awakening
  • 60 - meat (review in in print)
  • 50 - don't be afraid of the dark (review in print)
  • 48 - the pact
  • 43 - kill list
  • 40 - the tall man
  • 39 - der mönch
  • 28 - love
  • 26 - grabbers
  • 25 - obsession - tödliche spiele (review in in print)

  •   in theatres
  • 91 - barbara
  • 88 - drive
  • 87 - amer
  • 85 - cosmopolis
  • 83 - liebe
  • 83 - looper
  • 81 - lawinen der erinnerung (tv)
  • 81 - dredd
  • 81 - the campaign
  • 80 - heino jaeger: look before you kuck
  • 80 - das unsichtbare mädchen (tv)
  • 79 - leb wohl, meine königin!
  • 79 - the grey - unter wölfen
  • 79 - haywire
  • 79 - skyfall
  • 79 - the amazing spider-man
  • 78 - sleep tight
  • 77 - hugo cabret
  • 77 - small town murder songs
  • 76 - dark shadows
  • 75 - jeff, der noch zuhause wohnt
  • 75 - die muppets
  • 75 - into the abyss (tv) (review in print)
  • 73 - the artist
  • 73 - maniac
  • 73 - viva riva
  • 71 - das verborgene gesicht (review in print)
  • 71 - chronicle - wozu bist du fähig?
  • 70 - michael (review in in print)
  • 70 - mondomanila
  • 70 - beyond the hill
  • 70 - fast verheiratet
  • 70 - arirang
  • 69 - dark knight rises
  • 69 - red lights
  • 69 - lockout
  • 69 - sharayet - eine liebe in teheran
  • 68 - knistern der zeit
  • 67 - take shelter
  • 67 - end of watch
  • 67 - the yellow sea
  • 66 - tomboy
  • 65 - men in black 3
  • 65 - prometheus
  • 65 - paranorman
  • 64 - the raid
  • 61 - don 2
  • 61 - who killed marilyn?
  • 61 - 7 psychos
  • 60 - nacht des schweigens
  • 60 - policeman
  • 60 - gone
  • 60 - our idiot brother
  • 60 - chernobyl diaries
  • 59 - die eiserne lady
  • 59 - the substance: albert hofmann's lsd
  • 58 - on the road
  • 57 - we need to talk about kevin
  • 56 - am ende eines viel zu kurzen tags
  • 55 - herr wichmann aus der dritten reihe
  • 53 - dame, könig, as, spion
  • 51 - im reich der raubkatzen
  • 51 - the expendables 2
  • 50 - ins blaue
  • 50 - ufos, sex und monster (tv)
  • 49 - the avengers
  • 48 - iron sky
  • 48 - the man with the iron fists
  • 45 - die vermissten
  • 45 - pieta
  • 45 - totall recall
  • 45 - chico & rita
  • 40 - cabin in the woods
  • 40 - possession
  • 40 - killing them softly
  • 40 - red dawn
  • 39 - my week with marilyn
  • 39 - ruby sparks
  • 39 - holy motors
  • 38 - starbuck
  • 35 - hasta la vista
  • 35 - der hobbit: eine unerwartete reise
  • 30 - berlin für helden
  • 30 - the rum diary
  • 28 - schutzengel
  • 28 - cockneys vs zombies
  • 25 - late bloomers
  • 25 - die vampirschwestern
  • 25 - hotel transsilvanien
  • 22 - der seidenfächer
  • 20 - 96 hours - taken 2
  • 20 - juan of the dead (review in print)
  • 18 - die farbe des ozeans
  • 15 - the deep blue sea (sichtung abgebrochen)
  • 13 - beasts of the southern wild
  • 12 - ghost rider 2
  • 12 - cloud atlas
  • 10 - zettl
  • 09 - john carter
  • 08 - w.e.
  • 05 - das hochzeitsvideo


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    Freitag, 26. Oktober 2012
    Thema: Kinokultur
    Der Jugendschutz in Deutschland bleibt ein Ärgernis: Wie man bei Hard Sensations gerade erfährt, wurde William Friedkins Killer Joe und John Hyams' (in dem Actionfilm zugeneigten cinephilen Kreisen gerade für Furore sorgendem) Universal Soldier: Day of Reckoning die FSK-Freigabe verwehrt. Gerade im ersten Fall ist es hochgradig ärgerlich, da selbst eine geschnittene, für eine 18er Freigabe vorgelegte Fassung unter Hinweis auf weiteren Kürzungsbedarf moniert wurde. (Wer den Film in Deutschland ungeschnitten sehen will, muss damit unbedingt auf die ungeprüfte Fassung des Films zurückgreifen, die in den Videotheken steht!)

    Dies ist nicht allein deshalb ärgerlich, weil sich Friedkin mit Killer Joe meines Erachtens auf neuem Formhoch befindet und es anstands- und respektlos sondergleichen ist, einem gefeierten Meisterregisseur ins Werk zu pfuschen. Es ist vor allem auch deshalb ärgerlich, da sich Kürzungsauflagen für eine 18er-Fassung tatsächlich nur noch als Erwachsenenbevormundung begreifen lassen. Warum aber in Dreiteufelsnamen sollte ein Gremium, in dem sich auch Kirchenvertreter, etc., befinden, darüber entscheiden, was sich ein erwachsener Mensch ansehen darf - solange es sich dabei um eindeutig fiktionale Werke handelt, man also davon ausgehen darf, dass der gezeigten Gewalt keine reale zugrunde liegt?

    Es gibt faktisch keine Begründung dafür. Außer natürlich einer: Ein Film, der über eine FSK-Freigabe verfügt, ist de facto indizierungssicher. Womit sich der Kreis schließt: Nicht nur sollte es keine Kürzungsauflagen für FSK18er-Anträge geben, sondern auch keine BpjM.

    (und ärgerlich bis da hinaus ja eh schon, dass im Falle von Killer Joe mit einem Kinostart schon gar nicht mehr zu rechnen ist)


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    Donnerstag, 25. Oktober 2012
    Thema: Kinokultur
    Frédéric Jaeger hat bei critic.de einen sehr lesenswerten Artikel zum Berliner Podiumsgespräch vom vergangenen Freitag zwischen Filmkritikern und Vertretern der Filmbranche verfasst. Insbesondere den "sechs Thesen zur Online-Filmpublizistik" schließe ich mich gerne an. Unbedingt lesenswert ist auch die Diskussion darunter in den Kommentaren.

    Völlig offtopic dazu ein Lieblingslied aus meiner Jugend Maienblüte:



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    Freitag, 19. Oktober 2012
    Thema: Kinokultur
    Zwei Kommentare zum offenen Brief einiger Filmkritiker an die Deutsche Filmakademie: Ekkehard Knörer stößt sich in einem Kommentar im Revolver-Blog am "geradezu devoten" Ton des Appells. Bei Telepolis hält Rüdiger Suchsland die Kritik zwar für "überfällig", wundert sich aber über den Grundgestus: "Die Unterzeichner sind im Printbereich sämtlich Redakteure, kein einziger freier Autor wurde offenbar gefragt. Ebenso ist kein Online-Medium vertreten. Aber auch im Printbereich wurden wichtige Medien im Vorfeld nicht gefragt (...) die Abwesenheit sämtlicher anderer Stadtmagazine ähnlichen Zuschnitts verstärkt den Eindruck einer Aktion gut vernetzter Berliner Freundschaftszirkel. Auch das wirft ein Schlaglicht, auf die Solidarität unter Kritikern."


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    Donnerstag, 18. Oktober 2012
    Thema: Kinokultur
    Eine Reihe von Filmkritikern hat einen offenen Brief an die Deutsche Filmakademie geschrieben. Inhaltlich schließe ich mich voll und ganz an.


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    Montag, 12. September 2011
    Thema: Kinokultur
    Satz des Tages: "Mit Wirkung zum 06. September 2011 hat die 31. große Strafkammer des Landgericht Frankfurt am Main die allgemeine Beschlagnahme von Texas Chainsaw Massacre aufgehoben."

    Turbine Medien haben nach drei Jahren geschafft, was kaum einer mehr für möglich gehalten hat: Texas Chain Saw Massacre, für mich einer der ganz zentralen Filme des amerikanischen Kinos der 70er Jahre, ist hierzulande nicht mehr staatsanwaltschaftlich beschlagnahmt. Damit sollte auch einem Bundesprüfstellenantrag auf Streichung aus der Liste der indizierten Medien nichts mehr im Wege stehen - und die Bundesprüfstelle hatte ohnedies schon sachte durchblicken lassen, dass sie ihrerseits den Film auf dem Index mittlerweile für deplatziert hält. Am Ende landet der Genreklassiker womöglich doch noch mit einer adäquaten 16er-Freigabe im Kaufhaus - und einer der skandalösesten Fälle von deutscher Filmzensur wäre endlich vom Tisch.

    Leatherface jubelt:



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    Donnerstag, 8. September 2011
    Thema: Kinokultur
    (via) Senses of Cinema, eines der verlässlichsten, langlebigsten und besten cinephilen Onlinejournale braucht dringend DEINE (und DEINE und DEINE...) Unterstützung. Derzeit läuft ein Crowdfunding an dieser Stelle. Jeder, der Interesse an einer lebendigen, kompetenten Auseinandersetzung mit Film im Netz, sollte eine Spende erwägen. Wer sich nicht sicher sein sollte, warum eine Spende in dieser Angelegenheit wichtig ist, ist herzlich dazu eingeladen, in den Archiven des Journals zu wühlen und zu stöbern - der Rest kommt dann von ganz alleine.

    Und zweite, zentrale Säule der Unterstützung: Reicht diesen Aufruf weiter an alle, die es interessieren könnte - per Mail, in Eurem Blog, bei Twitter, Facebook, überall.


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    Samstag, 2. Juli 2011
    Thema: Kinokultur
    Ich frage mich gerade, ob Ulrich Köhlers Schlafkrankheit, der nach dem Berlinale-Erfolg im Februar nun auch regulär ins Kino gekommen und unbedingt zu empfehlen ist, über die in Kritiken zum Film schon häufiger angeführten Korrespondenzen zum Kino von Apichatpong Weerasethakul hinaus nicht auch eine zu Dennis Hoppers ruhmhaft gescheitertem Last Movie unterhält. Ein wenig Googelei hat diesbezüglich jedenfalls noch nichts ans Tageslicht gebracht, deshalb will ich hier nur ein paar Spurenhinweise legen, die vielleicht/hoffentlich aufgegriffen werden.

    Zum einen gibt es da die persönliche Wertschätzung: Vor wenigen Jahren präsentierte Köhler Hoppers Film im Kino Arsenal zu Berlin (wo ich den kaum sichtbaren Film gesehen habe) im Rahmen der Reihe "Kreativität, Film, Ökonomie", die ein von Köhler an der dffb gegebenes Seminar flankierte, von ihm zusammengestellt und in zwei Fällen - einer davon Hoppers Film - von Köhler persönlich in einer Einführung kommentiert wurde.

    Gelegentlich angesprochen wurde auch schon die frappierende Ähnlichkeit, die Köhlers Hauptdarsteller Pierre Bokma in diesem Film mit Köhler selbst aufweist und als biografische Spur verstanden wird: Köhler verbrachte einige Jahre seiner Kindheit in Afrika in direkter Tuchfühlung zum Alltag der Entwicklungshilfe. Dass Bokma in diesem Film aber auch mitunter ähnlich frappierend dem Dennis Hopper zu New-Hollywood-Zeiten ähnelt, scheint bislang noch unkommentiert.

    Schließlich handelt The Last Movie, ähnlich wie Schlafkrankheit, vom Versinken und Abtauchen in eine nicht profund fremde, aber, vom Zentrum des eigenen Lebensmittelpunkt betrachteten, peripheren Kultur, in der der für die westliche Kultur zentrale Antagonismus zwischen Zivilisation und Natur, zwischen Mythos und Ratio nicht vollständig etabliert ist. Bei Hopper verliert sich ein Stuntman in Peru, bei Köhler ein Entwicklungshelfer in Afrika. Beide verweigern die Rückkehr, beide nehmen sich in der zum neuen Lebensmittelpunkt gewordenen Umgebung eine neue Frau.

    Schlussendlich handelt Schlafkrankheit womöglich auch von den Produktionsumständen von Hoppers Last Movie. Im Zuge des Erfolgs von Easy Rider hatte Hopper carte blanche für seine Dreharbeiten in Peru: Ein Geldstrom aus dem Zentrum Hollywoods ins periphere Peru, wo Hopper - wie man es dem Endresultat abspürt, wie man es aber auch in der Dokumentation American Dreamer sehen kann - im zerrüttenden Chaos zu versinken droht und nach kiloweise geschossenem Material schon längst nicht mehr Herr der Lage ist. Im zweiten Teil von Köhlers Schlafkrankheit macht sich ein Doktor aus Frankreich auf nach Afrika, um dort die Grundlagen für Bokmas Entwicklungshilfenprojekt zu evaluieren und um gegebenenfalls den Geldhahn zuzudrehen. Bokmas Figur ist persönlich zerrüttet und enorm erratisch in seinem Verhalten - wie sich herausstellt entbehrt das Projekt mittlerweile tatsächlich jeder Grundlage und dient lediglich der Abschöpfung von Geldmitteln.

    Das alles sind jedoch, wie oben geschrieben, nur Spuren, die sich womöglich als haltlos herausstellen können. Falls nicht, wäre ich jedoch an ihrer Konkretisierung enorm interessiert.


    ° ° °




    lol