vor einigen Tagen, Kino International

So ein bißchen korrespondiert das mit Sie haben Knut (Deutschland 2003). Nicht nur inhaltlich. Dieser Drang, das man eben tun müsse, was die Zeit einem gebietet. Auch die Rezeption. Was habe ich mich von dem Knutfilm nicht angeekelt gefühlt. Nur um ihn dann, bei näherer Betrachtung, doch schätzen zu lernen. Gleicher Fall bei Muxmäuschenstill, diesem jüngsten Wunderfilm des Perspektivenkinos, wie ich es mal in Anlehnung an die Berlinale-Sektion - wo beide Filme und auch etwa Science Fiction (D 2002), ebenfalls mit Jan Henrik Stahlberg in der Hauptrolle, zu sehen gewesen sind - nennen will. Was hatte ich mich vor diesem Film geekelt, der mir nur vermeintlich klug daherkam, sicher Wahres über Sicherheits- und Ordnungsfanatiker und den Zustand Deutschlands gegenwärtig aussagte, dann aber doch immer wieder in Fahrwasser geriet, wo mir nur zu sagen blieb: Leider daneben geschossen. Seine Lakonie schien mir nur Anlehnung an eine eher verhasste deutsche Kinotradition des beschaulich Witzigen, ganz fürchterlich vor allem die Leute im Saal ringsum, in der Tat eher so einem, ich sag mal, proletenhaften Umfeld entsprungen, die sich vor allem lang und breit über Muxens Rachefeldzüge im Namen (oder: eigentlich ja gerade nicht) des kategorischen Imperativs amüsierten. Mit dem Gesicht in die Scheiße. Hahaha. Wie der eine kotzt. Huhu. Immer druff. Wie da Sozialsadismen für sich verwertbare Bilder fanden und darob erfreut die Bierflaschen hoben.

Doch dann kriegt der Film die Kurve. Die Lacher werden leiser. Verstummen irgendwann. Ähnlich beschreibt's Kuhlbrodt in seiner formidablen Kritik. Mux, das ist natürlich der deutsche Michel, so irgendwie. Gefangen in und mit sich selbst. Etwas Sturm und Drang, deutscher Idealismus, Kant im Motel, Goethe auf Reisen. Peinliche Auswüchse der Romantik im Hier und Jetzt, dadurch als nurmehr alberner Anachronismus gezeigt. Und natürlich: narzistisch, eitel, seinen eigenen Idealen nicht gemäß. Wie geschaffen dafür aufzugehen, im bundesdeutschen Mediendschungel. Letzten Endes ein Mörder, ja. Zu feige sich selbst zu richten auch. Und natürlich kann das nur in Italien enden, dort, wo sich die deutsche Wirtschaftswunderseele hinrettete, la dolce vita, dieser Kram. Urlaubsvideostimmung, Mux endlich entspannt. Melone am Straßenrand. Aber auch hier: Schnelle Autos. Unverantwortlich. Melone? Schnelle Autos. Auf die Straße, Autos anhalten! In Italien, die deutsche Fight-Club-Kolonie errichten. Es geht nicht gut.

Da bewegt sich was, in dem Film. Vielleicht ist das das Beste, was der deutschen Heimatfilmer-Tradition in den letzten Jahren geschehen konnte. Vielleicht. Zu einer wirklichen Positionierung fühle ich mich nicht in der Lage. Vielleicht ist dieser Film großartig.

imdb | mrqe | offizielle website | filmz.de


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