21.03.2004, Heimkino

"Der charmante Christian Legagneur ist mit seiner Senioren-Fernsehshow "Glück für alle" ein Quoten-König. Vor laufender Kamera kümmert sich der berühmte und scheinbar einfühlsame Showmaster geradezu rührend um seine älteren Kandidaten. So ist es nicht verwunderlich, dass der junge, ehrgeizige Journalist Roland Wolf dazu angeregt wird, Legagneurs Autobiografie zu verfassen. In seinem Herrenhaus regiert dieser, umgeben von einer stattlichen Anzahl von Dienstboten, in der Attitüde eines Bonvivant wie ein König. Als Wolf beginnt, hinter die Fassade zu schauen, entdeckt er Überraschendes - jede Person in Legagneurs Haushalt scheint ein Doppelleben zu führen." (prisma-online.de)

Natürlich: Das ist alles sehr konstruiert - wenig Lebenssaft an sich, viel Drehbuch und vor allem viel Wille des Autors. Aber: Darf man das bei Chabrol überhaupt anders erwarten? Zumal, wenn der Film so heißt, wie er eben heißt, schlicht Masken eben, nicht etwa Die Masken oder Die Masken der Bourgeoisie (oder des Bösen, des Zorns oder wie auch immer ein Film von Chabrol eben zumeist betitelt ist). Nein, Masken heißt er, unspezifisch, Aufzählung, Anhäufung also, vielleicht auch - der schnelle Rhythmus, der beinahe schon im Screwball-Takt die Finger schnippsen lässt, legt dies beinahe schon nahe - : Revue.

Nun gut, Konstruktion. Aber von der gewieften, der süßen Sorte. Esprit also, Verve, analytische Kühle dann wieder, wenn sich das Geheimnis von hinter verschlossenen Großbürgertumstüren zu lüften beginnt, jedes Detail sitzt und passt. Der Fernsehmoderator, so penetrant gutmütig und aber auch Patriarch, dass er schon wieder unheimlich ist, wenn er nicht gerade wie eine Karikatur erscheint. In manchen Szenen gar, wenn er im Profil zu sehen ist, erkennt man anhand der genauen Ausleuchtung, die die Konturen betont, wie Chabrol ihn zur bloßen Comicfigur degradiert: Der Schwung der Altherrenwange, das hervorlugende Kinn, die Fältchen um die Augen - man meint dieses Gesicht umgehend zu Papier bringen zu können, stilistisch jenem Hitchcock-Emblem - Wange, Nase, Stirn - nicht unähnlich. Und die anderen Figuren! Die blasse Bürgertochter, die aufgedrehte Schreckschraube, deren trotteliger Ehemann und dann, nicht zuletzt, der unheimlich fade, ja eigentlich bloß besserwisserische Biograf, der selbst - eine mitgebrachte Waffe, beiläufig recht früh schon im Bild zu sehen, lässt dies schon bald erkennen - ein doppeltes Spiel treibt. Die Dialoge, was sich daraus schließen lässt, auf was sie referieren - denn "eigentlich" sind sie, weiß Gott, nie -, das ganze, das große Ballett, das Chabrol hier auftischt - ohne aber zu heischen, dem Effekt zu verfallen, nein, alles ist ihm nur Puzzlestück mit festem Platz, vor allem aber: dem Ganzen untergeordnet -, rundum alles an diesem Film ist stimmig und mit jenem Esprit, der so gar nicht nach den gewissen frankophilen Tendenzen im Ausland schielt, inszeniert, dass es eine wahre Lust ist, diesem gewitzten Film zuzusehen.

Ein schöner, ein prächtiger Kaffee-und-Kuchen-Film.

imdb | tv-termine:chabrol | chabrol-essay


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