irgendwann die letzten Tage, Heimkino

Beileibe kein Christ oder anderen Religionen zugetan, gefiel mir die ganz offensichtliche Jesus-Parabel doch sehr gut (zumal sie mir an manchen Stellen auch angenehm gebrochen erschien). Auch und gerade das mehr als nur überdeutliche Bild am Ende - "Trinkt alle daraus! Denn dies ist mein Blut, das Blut des Neuen Bundes, das für viele vergossen werden soll zur Vergebung der Sünden." (Mt.) - behagte mir deshalb sehr. Bei aller cheesiness trägt so ein biblischer Habitus doch immer auch eine grimmige Komponente in sich, die eine ganz bestimmte Saite in mir zum Klingen bringt. Außerdem: Kein Hollywood-Schauspieler scheitert schöner als Heston, keine Frage.

Auch jenseits dessen eine schöne, wenn auch in nicht allen Belangen gelungene Parabel über den Menschen, Kultur und den Begriff von Zivilisation. Einige ideologische Schwächen mögen zeitgeistbedingt sein und sind heutzutage sicher nurmehr anachronistisch. Dennoch ist allein das Spannungsverhältnis zwischen den vampirgleichen Schattenwesen (die im übrigen äußerst campy daherkommen, die sind beinahe schon so gut wie die überlebenden Menschen im zweiten Planet-der-Affen-Film, den ich dem ersten im übrigen beinahe schon vorziehe) als Sinnbild für das Mittelalter und der Einrichtung des Appartements des von Heston verkörperten Erlösers, die die positiven Errungenschaften abendländischer Kultur und des Projekts der Aufklärung beinahe schon archivarisch versammelt, äußerst reizvoll (auch jetzt mal vom bloßen Genre-Standpunkt aus gesehen). Dann natürlich die völkische Komponente des Films, die dann schon wieder Reflexionen über das Dritte Reich zulässt, oder dann wieder der nie aufgelöste Widerspruch, das letztendlich vielleicht ja auch die Schattenwesen die eigentlich Guten des Films sein könnten. Viele Lesarten, die im Zweifelsfalle gegen den Film sprechen müssten (weil: ohne klare Linie, selbstwidersprüchlich, you name it), in diesem Falle aber eher seinen Reichtum begründen: Die frühen 70er als Zeit vieler und großer Reflexionen, oft unausgegoren, oft nur gutgemeint und in alle möglichen Richtungen strebend, kurzum: Ideologische Beliebigkeit, beinahe schon. Bringt das ein Film besser auf den Punkt als dieser?

imdb | mrqe


° ° °




kommentare dazu:



timbuktu, Freitag, 23. April 2004, 17:43
Für einen "beileibigen" nicht-Christen zitierst du das Matthäus Evangelium doch schon recht passabel :o) weiter so !

Tim


thgroh, Freitag, 23. April 2004, 17:45
Ich zwar Nicht-Christ, aber gleichzeitig eben auch den Kultur- und filmwissenschaften nicht gerade abgeneigt. Da sollte man seine Bibel schon in Griffweite liegen haben. ;-)



To prevent spam abuse referrers and backlinks are displayed using client-side JavaScript code. Thus, you should enable the option to execute JavaScript code in your browser. Otherwise you will only see this information.


...bereits 3537 x gelesen