Freitag, 22. Oktober 2004
21.10.2004, Heimkino

Zunächst etwas fade, doch das Relaxte des Films - selbst die Actionszenen wirkten auf mich "entspannt", trotz der formell bedingten Dynamik der Bilder - entwickelte bald eigenen Reiz.

Wie auch Teil 1 besteht der Film weniger aufgrund seines (nur vermeintlich) proto-faschistoiden Nimbus, sondern auf der sorgfältigen Konstruktion eines im Sinne des dramaturgischen Geschehens effizienten Gegenparts, der hier zudem das "Selbst(-ist-die-)Justiz"-Thema gelungen in sich bricht. Großartig der Dialog im Auto gegen Ende, als Calahan - alles andere als ein konsequenter Verfolger rechtsstaatlicher Methoden - sich in die Rolle des Verfechters des Rechtsstaats gezwungen sieht. Die Schizophrenie, die sich hier ausdrückt, entspricht dem sozialen Klima von 1973, zumindest, wie es sich in zeitlicher Nähe dazu in dieser mit aufregendsten Phase des us-amerikanischen Kinos niedergeschlagen hat. Vigilanten in Polizeiuniform, die von einem Polizisten ohne Uniform gejagt werden - die deutlich ins Comichafte überzeichneten Gangster verkommen hier, in diesem im wahrsten Sinne des Wortes "Copthriller", zur bloßen Staffage am Rande, zum MacGuffin, Kanonenfutter. Eine subversive, gallige Ironie, die Michael Ciminos Beteiligung am Drehbuch deutlich spüren lässt.


Die Welt aus den Fugen, der Mensch vor dem Visier.

Zudem entwickelt der Film durch die Tiefenspannung der Bildkompositionen - konsequent spielt sich das Geschehen auf der Tiefenachse ab, simuliert mithin die militärischen Vektoren des Sehens, Anvisierens und Erlegens - und im Spiel der extrem harten ausgeleuchteten "Sonnenbilder" - die Farben, die Schatten, die Hitze - mit den undurchsichtigen Nacht- und Dunkelaufnahmen eine hervorragende "Noir-Güte". Wenn ein Film, eine Filmreihe den Film Noir würdig forsetzte, dann wohl zuallerst der Calahan-Komplex und dieser Film besonders, vielleicht sogar noch mehr als Teil 1.

Auffällig zudem, wie die Figur Calahan hier bereits zur coolen Ikone stilisiert wird (Vorspann!), nach der sich auch Frauen verzehren dürfen, während in Teil 1 noch melancholisch bedingte Verbitterung des lonely wolf herrschte, die in diesen eigenartigen "tristen" Triumph, der gleichzeitig auch Selbstaufgabe und vollendeten Werteverlust beinhaltet, mündete.

Notiz an mich: Beim nächsten Mal drauf achten, wann und in welcher Situation Menschen aus harter Untersicht gezeigt werden. Der Gebrauch dieser Verfremdung des Geschehens schien mir zu pointiert und bewusst gewählt, um bloße Spielerei zu sein. Schön auch der Einsatz der Kamera, die Draufsicht von streng oben, als Callahan im Labor das Geschoss untersucht: Die Laborsituation verdoppelt sich im Bild: Mäuse im Labyrinth. Wer beobachtet uns auf diese Weise, die wir Beobachtende beobachten?

imdb | mrqe

filmtagebuch: clint eastwood


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