Freitag, 29. Juli 2005
Thema: TV-Tipps
Dass sich durch gezielte und konsequente Programmierung mit etwas erzieherischem Gestus auch bislang sträflich übersehene oder sich weitgehend in Spezialistenkreisen abspielende Filmkulturen auf breiter Basis erschließen lassen, hatte RTL2 im vergangenen Jahr am Beispiel Bollywood bewiesen. Seitdem dort an prominenter Stelle und mit viel Werbung angepriesen einige jüngere Vertreter des populären indischen Kinos zu sehen waren, fliegen einem die von Rapid Eye Movies herausgegebenen BollyDVDs nur so um die Ohren und erfreulicherweise platzieren sie sich auch noch regelmäßig auf den höheren Rängen der Verkaufscharts. Schade vielleicht alleine, dass Bollywood weitgehend auf DVD und nur zu selten im Kino stattfindet - aber vielleicht wird das ja noch.

Ob eine nun still und heimlich programmierte ZDF-Reihe zum allgemein asiatischen Kino (das meint in diesem Falle die üblichen Verdächtigen, also Hongkong, Japan, China und Korea) ähnliche Resultate zeitigen wird, bleibt abzuwarten. Die Voraussetzungen sind vielleicht nicht die schlechtesten: Wie eine verantwortliche Redakteurin gerade im Gespräch auf DeutschlandradioKultur Auskunft gab, hatte man als vierköpfiges Team in zwei Jahren über 200 Filme für die Reihe gesichtet und aus diesen eine kleine Handvoll ausgewählt. Dies weckt Hoffnungen, welche die Filmauswahl jedoch, soviel sei schon verraten, letzten Endes nicht recht erfüllt. Jedenfalls, heute abend um 23:00 war der Beginn der auf 10 Filme angelegten Reihe und leider zeigte man zu diesem Zweck nun aber ausgerechnet erst mal Rumble in the Bronx mit Jackie Chan, der nun eher ein auf den Westen zugeschnittenes Klischeebild eines Hongkongfilms darstellt, darüber hinaus hinreichend bekannt ist und schon sehr oft im TV gezeigt wurde. Kein gelungener Einstieg, ehrlich gesagt, zumal wenn man auf die Reihe überhaupt erst aufmerksam machen will.

Diese geht so richtig überhaupt erst im August los, dann aber sehr schubweise. Erfreulicherweise handelt es sich bei den meisten um deutsche Erstausstrahlungen. Die Filme und ihre Termine im Einzelnen:

4. August, 23.00 Uhr:
Jagd am Limit (=Tube; Südkorea 1995) [Programmtext]

6. August, 23.20 Uhr:
Nur der Tod ist kälter (=Whiteout, Japan 2000) [Programmtext]

12. August, 22.45 Uhr:
Der Fluch des dunklen Sees (=The Legend of the Evil Lake, Südkorea 2003) [Programmtext]

13. August, 23.55 Uhr:
Showdown in Seoul (=Seoul, Japan 2002) [Programmtext]

19. August, 22.45 Uhr:
Infernal Affairs - Die achte Hölle (Hongkong 2002) [Programmtext]

20. August, 23.50 Uhr:
Infernal Affairs - Abstieg in die achte Hölle (=Infernal Affairs 2, Hongkong 2003) [Programmtext]

26. August, 22.50 Uhr:
Ein heldenhaftes Duo (=Heroic Duo, Hongkong 2003) Programmtext]

27. August, 23.50 Uhr:
Das Geheimnis des Meisters (=Bichunmoo, Südkorea / VR China 2000) [Programmtext]

27. August, 01.35 Uhr:
The East is Red - Die Rache des Meisters (=China Swordsman 2, Hongkong 1993) [Programmtext]

Weiterhin bietet die Website des Senders einen allgemeinen Überblick über das asiatische Kino, sowie Specials zu Südkorea, Hongkong und Japan. Jeweils keine sonderlich tiefgründigen Texte, aber zumal für Neulinge als erster Kompass sicherlich erst mal brauchbar.

Zur Reihe selbst: Ich bin eher etwas zwiegespalten. Der eingangs erwähnte Aufwand - 200 Filme in 2 Jahren - ist zunächst einmal enorm und sollte deshalb auch eigentlich in einer besser zusammengestellten Reihe resultieren. Dabei ist diese an und für sich zunächst nicht unbedingt verkehrt, letzten Endes wirkt sie aber doch nur wie aus der Videothek an der nächsten Ecke zusammengestellt: In der Tat sind nahezu alle Filme, zum Teil auch schon seit einiger Zeit, in Deutschland auf DVD erhältlich. Mit dem auf DeutschlandradioKultur vollmundig verkündetem Anspruch, Filme zu zeigen, die nicht exportiert würden, lässt sich dies nur mit einiger Verrenkung unter konsequenter Nicht-Beachtung des allerdings boomenden hiesigen DVD-Sektors in Einklang bringen - und oft genug ist es eben (wie sich auch, zumindest ein klein wenig an der Reihe selbst nachvollziehen lässt) doch auch nur das sichere Geschäft, das als Lizenz eingekauft und via DVD importiert wird. Die hiesigen DVD-Anbieter dürfte diese Werbung zwar freuen (und es würde doch sehr mit dem Teufel zugehen, wenn man bei der Zusammenstellung nicht einen guten Draht zu den einzelnen Firmen gehabt hätte...), aber etwas mehr Wagemut zum bislang wirklich noch nicht Erschlossenen wäre doch einfach auch sehr schön gewesen.

Andererseits: Den Plänen der DVD-Anbieter dürfte es arg zuwider laufen, dass man dann doch nicht von der typisch deutschen Unsitte ablassen konnte, den Filmen irgendwelche germanischen Fantasienamen aufzudrücken. Nur der Tod ist kälter, soviel Groschenheft-Vagabundentum hat man seit den seligen Italowesternzeiten in der hiesigen Verleihtitelgebung nicht mehr erleben dürfen. Und wer sich von Bichunmoo begeistert zeigt, wird bei Amazon schnell enttäuscht werden: Zwar gibt es eine deutsche DVD des Films, doch da diese sinnigerweise unter dem internationalen Verleihtitel angeboten wird, dürfte der unbedarfte Eintippe der Wörter "Geheimnis des Meisters" schwer enttäuscht werden - auch vom üblichen Media-Markt-Nixmerker dürfte kaum zu erwarten sein, dass er ob dieser Titelanfrage umgehend die dazu passende DVD aus dem Regal fischt.

Ärgerlich letzten Endes auch das Zeitfenster. Im Radio kündigte besagte Redakteurin stolz an, die Filme würden zu recht normalen Zeiten gezeigt. 23 bis 24 Uhr mag für eine Kulturredaktion, die zwei Jahre lang dafür bezahlt wird, asiatische Filme zu sichten, eine normale Zeit sein - für mich selbst entspricht das vom Gefühl her "später Nachmittag" -, für den normalen Zuschauer hingegen ist um die Zeit mal eher schon allgemeiner Sendeschluß angesagt. Warum ein derart engagiertes Projekt keinen Posten in der Prime Time zugewiesen bekommt, ist mir ehrlich gesagt schlicht nicht begreiflich. Um diese Uhrzeit schalten höchstens die sowieso schon kundigen Spezialisten ein und dazu noch im einstelligen Prozentbereich ein paar interessierte Wagemutige.

Wie auch immer. Grundsätzlich ist ein solches Engagement überhaupt erst einmal zu loben, sicher. Dass ein paar Leute im besten Sinne hängen bleiben, wäre wünschenswert. Den üblicherweise eher in kleineren Seen fischenden Lizenzeinkäufer unter den DVD-Anbietern, die asiatisches Kino in ihrem Programm berücksichtigen, ist eine kleine Sales-Spritze natürlich nur zu gönnen. Es ist nur, ach, ... ... zwei Jahre Aufwand, und am Ende ist die Schnittmenge doch nur bloß ein Stapel DVDs aus der nächsten Videothek. Das schmeckt schon nach ungenutzter Gelegenheit, eigentlich.

Trotzdem: Allen Interessierten und Neulingen in Sachen Asien: Viel Spaß beim Entdecken!


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