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Ein Tag in den Banlieus, im Mittelpunkt die Jugendlichen aus einem Wohnblock. Der Raum ist beengt, überall gibt es Überschneidungen: Man hört die Nachbarn von unten, und unten hört man von oben. Alle kennen sich, vor dem Hause kann man sich nicht bewegen, ohne in irgendeinen zu kennen, den man rennt, mit dem man symbolische Gesten oder (deftigen) Slangtalk austauscht. Man muss etwas hermachen, die Codes kennen. Die älteren sagen den jüngeren, wo's lang geht. Die Schwarzen - sie sind in der Überzahl - den Weißen, warum sie keine Frauen abkriegen. Die Brüder den Schwestern, was sie zu tun und zu lassen haben. Alter, Geschlecht, sexuelle Präferenz, Hautfarbe stellen den Rahmen all dessen, was getan, gesagt werden kann und darf. Und die Sanktionen bei widerspenstigem Verhalten.

Ein Tag in den Banlieus, viele Weiber- und Männergeschichten. Jungs und Mädchen, das sind die Hauptgruppierungen. Mal streift man sich, mal sprechen sich einzelne gegenseitig an, weitestgehend bleibt man unter sich und schreit, aus der eigenen Gruppe heraus, der anderen etwas zu. Einige landen am Abend gemeinsam im Bett, anderen geht es schlimmer.

Ein Tag in den Banlieus, zwei Perspektiven: Die erste Hälfte des Films ist aus Jungsperspektive erzählt, dann gibt's einen Cut, der dramatisches in Aussicht stellt, und derselbe Tag wird erneut erzählt, aus Mädchenperspektive. In diesem speziellen Schuss-Gegenschussverfahren ergibt sich oft erst, was beim ersten Durchlauf noch elliptisch wirkte, fragmentarisch oder nicht verständlich. Die Jungs stehen relativ gut im Leben, auch wenn es Hänseleien gibt; die wahren Tragödien spielen sich auf Frauenseite ab.

Angelpunkt des Geschehens ist der schwarze Fußballer Jo, der auf dem besten Weg ist, die Banlieus hinter sich zu lassen: Die internationale Fußballwelt winkt mit einem Angebot aus London. Das Mädchen, mit dem er anbandelt und dass deshalb gute Chancen hat, ihn zu begleiten, ist weiß; jenes, das er gerade verlassen hat, ist schwarz. Weiß ist isoliert in dieser Welt, und schwarz tritt cliquenartig auf. Bei den Jungs ist das kaum ein Problem, ein Battle Rap auf Mädchenseite offenbart Weißsein aber als Ausschlusskriterium.

Überhaupt die Stereotypen. Fast unbemerkt - und das ist seine große Kunst - bricht der Film sie auf. Es geht ihm nicht um klischierte Zuweisungen und Unterstellungen von Verhaltensweisen, und seien sie auch noch so gut gemeint. Indem er seine Welt multiperspektivisch auffächert - und anders als bei Innaritu ist solches Verfahren hier kein bloßes Spiel mit der eigenen Fingerfertigkeit - verlässt er auch die Welt übereindeutiger Standorte und Perspektiven. Dass er zudem aus dem unüberschaubaren Teig, als der sich der Stoff zunächst darbietet, eine spannende Geschichte formt, ohne sich allzu sehr im bloßen Erzählkino wiederzufinden, ist seine zweite große Qualität. Regarde-Moi pulsiert vor Leben, und ist eben doch vor allem Kino.

Zugegebenermaßen, die zweite Erzählhälfte wirkt hie und da als Komplement zur ersten. Ab und an ist das von wenig Reiz. Auch die schöne Kinematografie wird im zweiten Teil gelegentlich zu oft einer Logik des aufdringlichen Close-Ups geopfert, auch der Holzhammer bleibt zum Ende nicht nur in der Ecke stehen. Dennoch, der stete Achsenwechsel funktioniert, Regarde-Moi sollte gesehen werden.


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