Thema: festivals
21. Mai 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
Aufruhr in Cannes!? Nein, es wurde kein wichtiger Kinosaal von den protestierenden Arbeitern besetzt. Auch Tarantinos Bekenntnis zum gelegentlichen Griff zur Raubkopie ist schon wieder vergessen. Dass Jean-Luc Godard Michael Moore kritisiert ist ebenso allenfalls vorhersehbar gewesen. Nein, viel Schlimmeres ist geschehen: Die für Dienstag angesetzte Pressevorführung von Wong Kar Wais langersehntem 2046 war ausgefallen. Würde der seit Jahren verschobene Film noch rechtzeitig zur Galavorführung eintreffen? Ist dem Festival zu trauen, dass den ausgefallenen Termin mit Transportschwierigkeiten abwiegelt? Ist der Film fertig?
Offenbar. Zumindest A.O Scott (New York Times) ist sich sicher, einen Wong-Kar-Wai-Film gesehen zu haben, "full of lush, melancholy sensuality and swathed in light as lustrous and supple as the Shantung dresses all of the actresses seem to wear". Wie zu erwarten, scheint der Film auf den ersten Blick unverständlich: "2046 teases the boundary of incomprehensibility". Der stimmungsvolle Film sei eine freiassoziierende Serie von Nuancen und "gorgeous moments [...] with the usual connective tissue left out". So mancher hätte auch den zweiten Vorführtermin genutzt: "to experience its intoxicating beauty one more time", aber auch: "to figure out what on earth it was about.". Scott ist sich sicher, einen Höhepunkt des Festivals gesehen zu haben. Eugene Hernandez (Indiewire) konstatiert kurz und knapp: "Cinematically stunning, the film itself, like the train, remained a bit of a mystery for many of those quickly polled after the film's first showing."
Allan Hunter (ScreenDaily) meint in seiner ausführlichen Besprechung, den Film weise nicht "the precision or poise of In The Mood For Love" aus, sei aber "Told with sulphurous style", vor allem aber wohl ein Favorit für die Goldene Palme. Auch hier übliche Bemerkungen zur Verständlichkeit: "not be as crystal clear and coherent as some viewers may wish", über weite Strecken handele es sich um Reflexionen und Illustrationen dessen, was in der im Film verhandelten Konstellation angelegt sei. Die Ästhetik sei betörend: "Wong has created a typically ravishing film that satiates the senses with the way it sculpts light and shadow, the richness of its colour palette and the attention to detail in all those plumes of billowing cigarette smoke, glistening skins and carefully struck poses that might come straight from a Jack Vettriano painting", aber es handele sich keineswegs nur um eine "exercise in style".
Nicht unerwähnt bleiben soll hier Rüdiger Suchslands Cannes-Tagebuch bei artechock.com. Das hatte in den ersten Tagen meiner Meinung nach ein paar Anlaufschwierigkeiten, vermutlich formbedingt. Eher nerviges Gonzo-Schnöseltum, fragmentarisch vorgetragen. Doch 2046 - besser eigentlich: das asiatische Kino in Cannes - hat dann doch noch den Filmschwärmer in ihm geweckt (und mal ehrlich: sowas liest man als solcher doch mit am liebsten): Die assoziationsreichen Bilder vermengten sich aufgrund ihrer meisterhaften Inszenierung und Montage "zu einem dichten und genau rythmisierten atmosphärischen Teppich", die Geschichte sei "atemberaubend", aber "fragmentarisch erzählt". "[E]ine komplexe Passage durch Zeiten und Ideen, Phantasien und Realität", Schnittstellen zu den Cyber-Animes tun sich auf, dabei lehnt sich der Film doch eher an die 60er Jahre an. Der Film sei beispiellos in der Geschichte, man habe in den letzten Jahren wenig berührenderes gesehen. Ganz und gar also: Ein "Genuß". Das Lesen dieser fragmentarischen Eindrücke im übrigen ebenso.
Ein sehr sympathisches Interview mit Wong Kar Wai: "What's next after "2046"?" - "Another movie."
Zahlreiche Informationen zum Film hier.
Deutscher Kinostart bislang: 13.01.2005.
Offenbar. Zumindest A.O Scott (New York Times) ist sich sicher, einen Wong-Kar-Wai-Film gesehen zu haben, "full of lush, melancholy sensuality and swathed in light as lustrous and supple as the Shantung dresses all of the actresses seem to wear". Wie zu erwarten, scheint der Film auf den ersten Blick unverständlich: "2046 teases the boundary of incomprehensibility". Der stimmungsvolle Film sei eine freiassoziierende Serie von Nuancen und "gorgeous moments [...] with the usual connective tissue left out". So mancher hätte auch den zweiten Vorführtermin genutzt: "to experience its intoxicating beauty one more time", aber auch: "to figure out what on earth it was about.". Scott ist sich sicher, einen Höhepunkt des Festivals gesehen zu haben. Eugene Hernandez (Indiewire) konstatiert kurz und knapp: "Cinematically stunning, the film itself, like the train, remained a bit of a mystery for many of those quickly polled after the film's first showing."
Allan Hunter (ScreenDaily) meint in seiner ausführlichen Besprechung, den Film weise nicht "the precision or poise of In The Mood For Love" aus, sei aber "Told with sulphurous style", vor allem aber wohl ein Favorit für die Goldene Palme. Auch hier übliche Bemerkungen zur Verständlichkeit: "not be as crystal clear and coherent as some viewers may wish", über weite Strecken handele es sich um Reflexionen und Illustrationen dessen, was in der im Film verhandelten Konstellation angelegt sei. Die Ästhetik sei betörend: "Wong has created a typically ravishing film that satiates the senses with the way it sculpts light and shadow, the richness of its colour palette and the attention to detail in all those plumes of billowing cigarette smoke, glistening skins and carefully struck poses that might come straight from a Jack Vettriano painting", aber es handele sich keineswegs nur um eine "exercise in style".
Nicht unerwähnt bleiben soll hier Rüdiger Suchslands Cannes-Tagebuch bei artechock.com. Das hatte in den ersten Tagen meiner Meinung nach ein paar Anlaufschwierigkeiten, vermutlich formbedingt. Eher nerviges Gonzo-Schnöseltum, fragmentarisch vorgetragen. Doch 2046 - besser eigentlich: das asiatische Kino in Cannes - hat dann doch noch den Filmschwärmer in ihm geweckt (und mal ehrlich: sowas liest man als solcher doch mit am liebsten): Die assoziationsreichen Bilder vermengten sich aufgrund ihrer meisterhaften Inszenierung und Montage "zu einem dichten und genau rythmisierten atmosphärischen Teppich", die Geschichte sei "atemberaubend", aber "fragmentarisch erzählt". "[E]ine komplexe Passage durch Zeiten und Ideen, Phantasien und Realität", Schnittstellen zu den Cyber-Animes tun sich auf, dabei lehnt sich der Film doch eher an die 60er Jahre an. Der Film sei beispiellos in der Geschichte, man habe in den letzten Jahren wenig berührenderes gesehen. Ganz und gar also: Ein "Genuß". Das Lesen dieser fragmentarischen Eindrücke im übrigen ebenso.
Ein sehr sympathisches Interview mit Wong Kar Wai: "What's next after "2046"?" - "Another movie."
Zahlreiche Informationen zum Film hier.
Deutscher Kinostart bislang: 13.01.2005.
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