Thema: Altes Filmtagebuch
18.05.2003, Heimkino
Dass dieser Film nur unter Horror- und B-Movie-Freaks einen nennenswerten Bekanntheitsgrad aufweist, ist eigentlich sehr schade, denn Carnival ist ein ganz wunderbares Kunstwerk und kann ohne Zweifel als großer Klassiker des Genres (aber gut und gerne auch darüber hinaus) bezeichnet werden. Vielleicht liegt's ja an der B-Movie-Aura, die in der allgemeinen Wahrnehmung den Film begleitet, dass er nicht den Ruhm genießt, der ihm eigentlich zusteht, oder aber auch der ganz besonders tragische Umstand, dass es Regisseur Herk Hervey mit Ausnahme von Carnival vergönnt blieb, etwas Ambitionierteres jenseits dieser kurzen Schulunterrichtsfilmchen, die sein Oeuvre bestimmen, zu drehen. Wer weiß das schon.
Carnival bedient sich nonchalant beim Surrealismus und dem deutschen Expressionismus, um sein Anliegen zu vermitteln, zitiert den klassischen, gothischen Horrorfilm, lässt aber auch bereits den modernen, weit weniger metaphysisch orientierten Horrorfilm am Horizont erahnen. Auch scheint sich David Lynch an so mancher Stelle Inspiration verschafft zu haben, wenn's drum geht, die Idylle des Alltags zu verzerren, altbekannte Situationen neu, und zwar verwirrend, entfremdend, durchzuspielen. Und auch Shymalan dürfte sich, zumindest zur Recherche für Sixth Sense, diesen Film vergegenwärtigt haben. Ein Januskopf also, dieser, im wahrsten Sinne des Wortes, unheimlich schöne Film, der an der Position des Dazwischen nach vorne und nach hinten blickt. Das passt dann schon zur Spielhandlung des Filmes, in der eine junge Frau - sehr resolut und emanzipiert, vor allem aber weltlich orientiert: eine Anstellung in der Kirche als Orgelspielerin ist für sie bloß "ein Job" - gleich zu Beginn einen Autounfall überlebt (?) und fortan von seltsamen Erscheinungen bizarr geschminkter Menschen (einer davon der Regisseur in personam) heimgesucht wird und eine seltsame Affinität zu einem verlassenen, vor sich hin rottenden Vergnügungspark entwickelt. Pendelt sie zwischen den Welten? Ist sie eine Wiedergängerin? Alles nur eine Phantasie "near death"? Wer weiß das schon.
Flirrend surreal ist der Film, trocken und undramatisch, gleichzeitig bedrückend und hypnotisch. Seine stellenweise, an technischen Standards gemessen, krude Produktionsweise trägt dazu sicherlich bei. Gängigen Auffassungen von Genrefilmen dieses Budget- und Verbreitungskalibers wird der Film allerdings auch nicht gerecht, dafür ist Carnival wiederum viel zu sehr aufs Künstlerische konzentriert. Verhindertes Autorenkino also? Vielleicht ja sogar wirklich, ein Jammer ist es jedenfalls schon, dass dieser bezaubernde, atmosphärische Film das einzige Feature aus Herveys Feder blieb.
imdb | mrqe
Dass dieser Film nur unter Horror- und B-Movie-Freaks einen nennenswerten Bekanntheitsgrad aufweist, ist eigentlich sehr schade, denn Carnival ist ein ganz wunderbares Kunstwerk und kann ohne Zweifel als großer Klassiker des Genres (aber gut und gerne auch darüber hinaus) bezeichnet werden. Vielleicht liegt's ja an der B-Movie-Aura, die in der allgemeinen Wahrnehmung den Film begleitet, dass er nicht den Ruhm genießt, der ihm eigentlich zusteht, oder aber auch der ganz besonders tragische Umstand, dass es Regisseur Herk Hervey mit Ausnahme von Carnival vergönnt blieb, etwas Ambitionierteres jenseits dieser kurzen Schulunterrichtsfilmchen, die sein Oeuvre bestimmen, zu drehen. Wer weiß das schon.
Carnival bedient sich nonchalant beim Surrealismus und dem deutschen Expressionismus, um sein Anliegen zu vermitteln, zitiert den klassischen, gothischen Horrorfilm, lässt aber auch bereits den modernen, weit weniger metaphysisch orientierten Horrorfilm am Horizont erahnen. Auch scheint sich David Lynch an so mancher Stelle Inspiration verschafft zu haben, wenn's drum geht, die Idylle des Alltags zu verzerren, altbekannte Situationen neu, und zwar verwirrend, entfremdend, durchzuspielen. Und auch Shymalan dürfte sich, zumindest zur Recherche für Sixth Sense, diesen Film vergegenwärtigt haben. Ein Januskopf also, dieser, im wahrsten Sinne des Wortes, unheimlich schöne Film, der an der Position des Dazwischen nach vorne und nach hinten blickt. Das passt dann schon zur Spielhandlung des Filmes, in der eine junge Frau - sehr resolut und emanzipiert, vor allem aber weltlich orientiert: eine Anstellung in der Kirche als Orgelspielerin ist für sie bloß "ein Job" - gleich zu Beginn einen Autounfall überlebt (?) und fortan von seltsamen Erscheinungen bizarr geschminkter Menschen (einer davon der Regisseur in personam) heimgesucht wird und eine seltsame Affinität zu einem verlassenen, vor sich hin rottenden Vergnügungspark entwickelt. Pendelt sie zwischen den Welten? Ist sie eine Wiedergängerin? Alles nur eine Phantasie "near death"? Wer weiß das schon.
Flirrend surreal ist der Film, trocken und undramatisch, gleichzeitig bedrückend und hypnotisch. Seine stellenweise, an technischen Standards gemessen, krude Produktionsweise trägt dazu sicherlich bei. Gängigen Auffassungen von Genrefilmen dieses Budget- und Verbreitungskalibers wird der Film allerdings auch nicht gerecht, dafür ist Carnival wiederum viel zu sehr aufs Künstlerische konzentriert. Verhindertes Autorenkino also? Vielleicht ja sogar wirklich, ein Jammer ist es jedenfalls schon, dass dieser bezaubernde, atmosphärische Film das einzige Feature aus Herveys Feder blieb.
imdb | mrqe
° ° °
kommentare dazu:
ntropie,
Mittwoch, 2. Juni 2004, 08:54
Einer meiner Lieblingsfilme. Aus den oben genannten Gründen.
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