20.06.2004, Heimkino

Inhalt.

Kurz vor der Pressevorführung des zweiten Teils [nachträglicher Einschub: meine Kritik] noch mal den ersten vergegenwärtigt. Damals im Kino gefiel der mir sehr gut, auf so eine Jungs-Weise. Charmant, charmant, wie der Film sich, ähnlich der darin nachvollzogenen Entwicklung seiner Titelfigur, vom hässlichen Entlein eines Highschool-Films zum rundum funktionierenden Popcorn-Movie entwickelt. So in etwa meine Erinnerung, interessant dann gestern, wie wenig mir der Film nur noch präsent war.

Zunächst fällt das dramaturgische Geschick auf: Wie der Film seine Geschichte erzählt, wie er zwischen den Locations und Figuren pendelt, sie parallel etabliert, mit Schicksalshaftigkeit verwebt, zusammenführt und zu diesem Zweck, letztendlich, immer dann den Ort wechselt, wenn man kurz davor ist, sich zu fragen, was denn gerade mit den anderen Figuren sei. Ein geschickter Erzählrhythmus, mit dem nicht kokettiert wird - nur einmal eine kunstvolle Überblendung, die disparate Bildinhalte ineinander morphen lässt, wenn ich mich jetzt nicht irre -, sondern der sich elegant mit Understatement zufrieden gibt: Zu geschickt, um nicht nicht-wahrgenommen zu werden, zu flüssig in seiner Umsetzung, um unangenehm vordergründig zu erscheinen.

Dann der Umgang des Films mit seinem Genre, dessen Traditionen und Mythen. Raimi, dieser sophisticated nerd, ist als Filmemacher natürlich viel zu klug, um einfach nur eine Geschichte mit publikumswirksamen Effekten abzuspulen. Gerade die Schlüsselsequenz am Times Square, wo alle handlungstragenden Figuren schicksalserfüllend anwesend sind und sich alle Fäden zum Knoten der Geschichte verdichten, macht dies deutlich: Zwei Orte gibt es hier, die nur schwer vereinbar sind, zum einen den sattsam bekannten Times Square, zum anderen aber, behauptet, weit oben darüber das zinnenhafte Anwesen, das aussieht wie aus einem Märchenfilm und in dieser computergenerierten Form auch etwa aus Shrek stammen könnte. Da haben wir die Prinzessin, den Hofstaat, den Vater, der kein Vater ist, den Jüngling, der keinen Vater hat, die Eifersucht, den bösen Kobold, kurzum: wir befinden uns im Märchen, Hundert Meter über New Yorker Stadtikonografie, davon aber gefühlte Meilen entfernt. In diesem Widerspruch dann der romantische Held, der die Prinzessin rettet, als wäre sie Rapunzel, Dornröschen, wer auch immer in der Geschichte des Märchens hinfort getragen werde musste. Im steten Auf und Ab der physischen Auseinandersetzung in dieser Szenerie verwebt Raimi hier auf ganz großartige Art und Weise Superheldenfilm mit Märchen-Bilderwelt, macht deutlich, dass eine Geschichte immer auch eine andere zum Inhalt hat.

Weiterhin fällt auf, jetzt, da man den Trailer zum zweiten kennt und dessen Story bereits erahnt, wie wenig geschlossen der erste Film eigentlich ist. Bereits damals, im Kino, hatte man es hier und dort monieren hören, wie sehr doch die Figur des Kobolds verschenkt worden wäre. Viel Zeit verbringt der Film mit dem Drama der titelgebenden Person, ohne sich aber ganz in dieses Drama zu versenken. Der Bösewicht wird dann beinahe schon verfrühstückt. Und in der Tat mutet das Ganze, mit dem erahnenden Wissen um Teil 2, heute noch offener an: Teil 1 ist Glückversprechen, wie ein langer Trailer zu Teil 2, der nun bald ins Kino kommen mag. Andeutungen werden bereits gemacht, die Geschichte von Teil 2 wird in Teil 1 ausgelegt, ohne dabei aber Teil 1 als eigenständigen Film zu verraten. Die ganze Eleganz, die ganze Bravour, mit der Spider-Man vorgeht, findet hier, natürlich und hoffentlich buchstäblich, Fortsetzung. Die Fäden sind gespannt, der Zuschauer ist es auch: Hoffen wir, dass ein Netz daraus entsteht, in das zu gehen nichts sei, was zu bereuen wäre.

imdb | mrqe | filmz.de


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