Wer als Kind schon Horrorfilme und Gewaltspiele konsumiert, wird als Jugendlicher eher zu Gewalttaten neigen.
So hat es, der taz zufolge, eine Studie als Fazit formuliert.

Eine Kurve weiter scheint allerdings nicht gedacht zu werden: Kinder, die eben als Kinder schon regelmäßig Horrorfilme schauen und "Gewaltspiele" spielen, werden dies kaum in Familien tun, in denen Nestwärme herrscht oder die sich anderweitig durch gefestige Zusammenhänge ausweisen. Ich würde sogar die Vermutung wagen, dass es sich vorwiegend um desolate Familien handelt, in denen Kinder mit ihrem Medienkonsum auf sich alleine gestellt sind, die also von ihren Eltern beim Medienkonsum weder begleitet werden, noch mit ihnen darüber ein Gespräch führen können. Das nennt man soziale Verwahrlosung - und die manifestiert sich eben nur in kleinbürgerlichen, deutschen Spießeraugen in räudigem Erscheinungsbild, kennt in Wahrheit aber noch ganz andere Dimensionen.

Man darf sich auch die Frage stellen, welcher Umgang mit Gewalt in solchen Familien herrscht.


° ° °




kommentare dazu:



stefan hoeltgen, Donnerstag, 28. August 2008, 17:11
Deine These halte ich aber für mindestens ebenso (empirisch) gewagt und (tendenziell) spekulativ. Warum sollte sich ein Kind in "gefestigten Zusammenhängen" nicht für Horrorfilme und Gewaltspiele interessieren und diese rezipieren? Und warum sollten die Eltern das eher merken als in anderen Familien? (Außer vielleicht, wenn sie sich eher in der Pflicht sehen, die Festplatten und Handys ihrer Kinder nach fraglichen Inhalten zu durchsuchen.)

Da kommen ja noch ein paar "Variablen" wie peer pressure, Werbung, adoleszente Renitenz, etc. mit rein, die den Bereich des Häuslichen nur am Rande tangieren. Nach all den Jahren mit der Beschäftigung mit diesem Thema bin ich immer mehr zu der Überzeugung gekommen, dass Medienwirkungsforschung nicht in der Lage ist, weitreichende Theorien mit globalen Beschreibungen oder gar Prognosen aufzustellen.


thgroh, Donnerstag, 28. August 2008, 17:28
Natürlich ist das spekulativ - es ist ja nur eine Vermutung, wie jede Arbeitshypothese zunächst einmal spekulativ ist.

Mir geht es explizit nicht um das Interesse von Kindern an Horrorfilmen, das in solchen oder jenen Familien besonders stark ausfallen würde oder nicht. Das nimmt sich vermutlich hier wie dort nicht viel.

Mein Gedanke ist der, dass in Familien, in denen die Kinder eher eingebunden und umhegt sind, ein regelmäßiger und unreflektierter Konsum genannter Medien schon aus Gründen des Zeitmanagments :-D seltener stattfinden wird als in solchen, in denen sich Eltern von ihren Verpflichtungen weitgehend "befreien", wo es ihnen, mehr oder weniger, scheißegal ist, was das Kind so treibt. Und gerade ein solches häusliches Umfeld - bildungsarm, Eltern mit Erziehung überfordert, etc - wird mutmaßlich nicht dazu beitragen, dass ein Kind sich sozial kompetent entwickelt, sondern Gewaltausübung eher in Betracht ziehen wird als anders aufgewachsene Kinder (die

Das heißt, durch so einen Hinweis will ich ja gerade betonen, dass der Zusammenhang zwischen jugendlicher Gewaltausübung und dem Konsum von "gewalthaltigen" Medien kein direkter ist, wie dies das Fazit der Studie zumindest impliziert, sondern andere Faktoren - auch die von Dir genannten - mit hineinspielen. Dass es nicht so monokausal zugeht, wie ein solches Fazit das gerne darstellt. Das heißt: Der Zusammenhang, den ich eher sehe, ist der, dass in Familien, in denen der Medienkonsum der Kinder weniger bis gar nicht moderiert stattfindet, vermutlich schon ganz grundsätzlich andere Aspekte zum Tragen kommen, die eine solche Entwicklung der Kinder wenigstens begünstigen.


stefan hoeltgen, Donnerstag, 28. August 2008, 19:29
Das muss aber - wie du sagst - leider Spekulation bleiben. Ein Soziologe würde wohl sagen: Was nicht stattfindet, lässt sich nicht messen. Negative Ontologie ist was für Philosophen - oder für Bewahrpädagogen.


katapult, Donnerstag, 28. August 2008, 23:10
@ Stefan - Nur mal kurz und knapp dazu: Es geht doch nicht darum, unter welchen Umständen man sich für mediale Umsetzungen von Gewalt interessiert. Interessant ist m. E. nur, ob man selbst dann eher zum Gewalttäter wird. Und da ist u.a. Medienerziehung, vor allem seitens der Eltern, entscheidend. Die Psychologie hat dafür überzeugende Theorien (Frusttrations-Aggressions-Theorie, Lerntheorie z.B.). Dieser monokausale Zusammenhang des von Thomas zitierten Beitrages ist einfach ärgerlich.


thomas_h., Freitag, 29. August 2008, 10:44
Die Aussage lässt sich doch ganz einfach umkehren: Wer als Jugendlicher zu Gewalttaten neigt, hat als Kind eher schon Horrorfilme und Gewaltspiele konsumiert. Horrorfilme und Gewaltspiele sind nicht der Auslöser der Gewalt, sondern ein frühes Anzeichen für die «Lust» an der Gewalt.

Wie fragwürdig die Studie ist, zeigt der Artikel aber immerhin auf. Schlüsselsatz: «Viel gefährlicher ist die Gewalt, die Kinder im Alltag erleben.»



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