Thema: Filmtagebuch
07. August 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren

Liest sich eigentlich wie ein Film von Josef Fares, dessen bodenlos dämlicher Kops ihm in regelmäßigen Abständen kräftig um die Ohren gehauen werden sollte, und hätte dieser die Hände bei Kontroll im Spiel gehabt, es wäre wohl ein ähnlicher Schmarrn dabei herausgekommen. Doch Kontroll schmiegt sich weniger an die Traditionen der verquast albernen Arthouse-Klamotte europäischer Provenienz, sondern eher an die des Mitternachtskinos und überzeugt letztendlich, neben einer Vielzahl im besten Sinne skurriller und grotesker Ideen, die als Lockerungsübungen im zentralen Geschehen angesehen werden können, durch seine sorglos offene Erzählform, die den Film oft schon beinahe durch sich selbst stolpern erscheinen lässt. Mal ist das beinharter Sozialrealismus von beinahe dokumentarischem Charakter, dann wieder Kaurismäki'sche Lakonie, bald rabenschwarze Komödie, um dann, wenn der vermummte Killer in betont cooler Inszenierungsmanier auftritt, in ganz und gar mystisch überhöhte Genregefilde umzubrechen. Annäherungen an einzelne Fahrgäste durch besagte obdachlose Hauptfigur - vor allem eine Beziehung zu einem stets als Hase verkleideten, jungen Mädchen bahnt sich an -, erscheinen auf filmischer Ebene poetisch irreal und reiben sich eigentlich schon an anderen Sequenzen, die zum Hyperbolischen und Grotesken neigen. Komödie, Thriller, Krimi, Drama, Liebesfilm, derbe Groteske mit reichlich Körperflüssigkeiteneinsatz, durchgeknallte Genre-Phantasterei - das könnte denkbar beliebiges Aneinanderreihen ergeben, Bruch an Bruch des Bruches willen, doch gelingt Kontroll ganz im Gegenteil das gar nicht mal kleine Kunststück trotz allem ganz bei sich und vor allem in Form zu bleiben. Seine verschiedenen Erzählstränge werden mit Muße episodisch ausgewalzt, oft hat man andere darob schon fast vergessen, doch das stört nicht, ganz im Gegenteil: Daraus bezieht dieser zwar gewiss nicht immer sichere, aber in Wagemut und Ambition doch hochbeachtenswerte, sympathische Film seine einnehmende Kraft, letzten Endes dann, wenn alles sich zusammenfügt und sich ein bizarres Bild von der, in der Tat, Unterwelt ergibt.
Die verschiedenen Erzählmodi halten das Geschehen frisch, den Zuschauer bei Laune: In jeder Sekunde könnte das wieder vollkommen umkippen, alles scheint zumindest denkbar, der weitere Verlauf kaum vorhersehbar. Trotz aller Schwächen, die man dem Film sicher und ohne weiteres auch attestieren kann: Schon alleine deshalb war's eine Lust, dem zuzuschauen.
Der Film läuft auf dem Fantasy Filmfest als Eröffnungsfilm und kommt im Januar 2005 regulär in die deutschen Kinos (Verleih: Tiberius Film)
imdb
° ° °
kommentare dazu:
...bereits 6038 x gelesen