09.09.2004, Heimkino; Inhalt

"Je ne regrette rien!" ertönt, als der Abspann beginnt, ein paar Sekunden nach der Stelle, an den ich ihn mir gewünscht hätte. Wieviel besser wäre es doch gewesen, er hätte ohne musikalische Untermalung eingesetzt, als noch die Horden an Polizisten knüppelschwingend auf die Kamera zu und an ihr vorbei rannten. Mitten im Chaos, keine Musik, nur: Ende. So bleibt ein Platz, weggefegte Barrikaden, Steine, die umher liegen, das Bild wird schwarzweiß, zur nostalgischen Verklärung. Und dann auch noch das Lied. Das hat etwas von einem alten Mann, der, längst schon gesetzt, doch noch mal sich an den einen oder anderen Stein - und wenn er nur metaphorisch war - erinnert, der einst in Richtung Staatsgewalt geschleudert wurde. Erinnerungen von Warte des angekommenen Bildungsbürgers, der nichts bedauert, weil es nichts zu bedauern gibt. Der Aufruhr macht sich gut im Lebenslauf.

Ein Rückblick, der vor allem am Kolorit interessiert ist. Jean-Pierre Léaud zu Beginn vor der Cinémathèque francaise, Flugblätter ins Volk werfend. Godardplakate an der Wand. Ein Foto daneben von Léaud, als er noch klein war, aus Les 400 Coups. Interieurs mit Dekadensignifikanz. Beiläufig eingestreut, gewiss, doch nicht beiläufig genug, um nicht doch letzten Endes sich zum Mittelpunkt zu gerieren. Auch die Beiläufigkeit, mit der in der Küche das aufgeschlagene Ei gebraten, während am Boden kopuliert wird, ist nicht die Beiläufigkeit, die etwas erahnen lässt, sondern entspricht der Beiläufigkeit eines geschwungenen Holzhammers.

Das ist bequem, aus Sicht des Regisseurs, wie für den Zuschauer. Man soll "hach" sagen, man soll sich mit dem Film so irgendwie verbunden fühlen. War sicher nicht alles gut, was da lief. Wer ist heute schließlich schon noch Maoist? Aber: Wir waren doch die Guten. Der Film will gefallen. Über weite Strecken gelang ihm das auch. Einiges hatte Esprit und Charme. Vieles habe ich geliebt, keine Frage. Der Film kam mir dabei entgegen: Ein paar Schritte dann doch zu weit, letzten Endes. "Wenn man geliebt werden will, dann ist das, was man bekommt, keine Liebe, sondern nur Beweise der Liebe", sagt die wunderschöne Isabelle an einer Stelle.

imdb | mrqe | filmz.de


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