Thema: Altes Filmtagebuch
16. November 03 | Autor: immo
05.04.2003, Heimkino
Indien ist weit weg, in diesem film, trotz seines titels, und das bleibt es auch. es taucht nur manchmal auf, in den oft lakonischen, oft bitterbösen dialogen zwischen bösel und fellner. die beiden sind gastronomieprüfer im außendienst. in österreich. denkbar weit weg von indien also.
ein film aus österreich, der indien heißt, sollte wohl wirklich mit einer totalen einer endlos scheinenden plattenbausiedlung beginnen. er bewegt sich auch nicht weg von den festgesteckten koordinaten dieses bildes - fellner und bösel begegnen sich inmitten dieser architektur gewordenen lustlosigkeit am leben zum ersten mal: fellner steigt in das zerfallene auto des einsilbigen, kettenrauchenden, hamburgerfressenden proleten, ist letzten endes das genaue gegenteil dieses kretins, lebt nahezu vegetarisch, bewahrt etikette, sucht das gespräch, recycelt den dosenmüll. und ist doch in seiner schnöseligkeit keinen deut besser, kein stückchen anders, ebenso teil dieser welt gewordenen monotonie. keine guten voraussetzungen also für den gemeinsamen außendienst, geschweige denn für eine freundschaft, mitten in der monotonie, weit weg von indien. bewegung findet nicht statt, obwohl das doch ein road movie ist. immer wieder passieren die beiden die gleichen straßen, der ausblick bleibt der gleiche, verdächtig häufig zieren die immergleichen industrieanlagen den hintergrund der dunkel-tristen bilder.
trotzdem: beide nähern sich an, dem fellner läuft die frau weg, wird er also auch zum arschloch. vor der klotür entsteht dann, während dem gespräch durch die holztür, sogar intime freundschaft - fahren sie nun also beide bestechlich und die gastwirte piesakend durch's immer gleiche land. höhepunkt dieser reise dann der gemeinsame indische tanz, bösel dabei zunächst recht ungelenk, vor den strommästen mitten in der pampas, morgens im morgengrauen, aus dem autoradio tönt die neueste scheibe aus bollywood. das ist dann schon irgendwie ein komischer moment, da sieht man diesen beiden, ja, eigentlich ja arschlöchern verdutzt zu und gönnt den beiden diesen moment der freudigen, ehrlichen lebenslust von ganzem herzen.
dieser moment währt jedoch nicht lange, denn der fellner haut sich am pfosten die eier an, die schwellen gefährlich an, im krankenhaus der befund, zunächst nur dem bösel bekannt: hodenkrebs, unheilbares stadium, aus die maus. was folgt hätte leicht ein rührstück werden können, ein ekliges stück sozialromantik über die wahre freundschaft zwischen imbißbudenbekanntschaften oder so, aber INDIEN war bis dahin großes kino, er bleibt's auch bis zum schluß: bewegend im besten sinne ist das, wie die beiden den letzten gemeinsamen weg antreten, sich dem nahenden tod stellen, diesen verarbeiten. der bislang gepflegte gallig-existenzialistische, schwarze humor bleibt selbst hier nicht außen vor, im gegenteil, er unterstreicht noch die erkenntnis, dass das leben in der grauen monotonie eigentlich nicht viel wert ist: am ende, auf dem totenbett, hast du ein billiges casio-keyboard - symbol der lust am durchschnittlichen bis läppischen - unterm arm.
zynisch ist der film jedoch beileibe nicht, trotz aller entlarvungen, aller momente der scham vollbringt INDIEN irgendwie das kunsstück - wie ähnlich zuvor in der etablierung dieser eigentlich undenkbaren, tiefen freundschaft -, seinen beiden protagonisten würde zu verleihen. das ergebnis dieses versuchs eines tragikomischen road movies ist, gelinde gesagt, großartig.
josef hader also. mal wieder, möchte man meinen. ein mann, den man sich unbedingt merken sollte. sofern noch nicht geschehen, natürlich.
Indien ist weit weg, in diesem film, trotz seines titels, und das bleibt es auch. es taucht nur manchmal auf, in den oft lakonischen, oft bitterbösen dialogen zwischen bösel und fellner. die beiden sind gastronomieprüfer im außendienst. in österreich. denkbar weit weg von indien also.
ein film aus österreich, der indien heißt, sollte wohl wirklich mit einer totalen einer endlos scheinenden plattenbausiedlung beginnen. er bewegt sich auch nicht weg von den festgesteckten koordinaten dieses bildes - fellner und bösel begegnen sich inmitten dieser architektur gewordenen lustlosigkeit am leben zum ersten mal: fellner steigt in das zerfallene auto des einsilbigen, kettenrauchenden, hamburgerfressenden proleten, ist letzten endes das genaue gegenteil dieses kretins, lebt nahezu vegetarisch, bewahrt etikette, sucht das gespräch, recycelt den dosenmüll. und ist doch in seiner schnöseligkeit keinen deut besser, kein stückchen anders, ebenso teil dieser welt gewordenen monotonie. keine guten voraussetzungen also für den gemeinsamen außendienst, geschweige denn für eine freundschaft, mitten in der monotonie, weit weg von indien. bewegung findet nicht statt, obwohl das doch ein road movie ist. immer wieder passieren die beiden die gleichen straßen, der ausblick bleibt der gleiche, verdächtig häufig zieren die immergleichen industrieanlagen den hintergrund der dunkel-tristen bilder.
trotzdem: beide nähern sich an, dem fellner läuft die frau weg, wird er also auch zum arschloch. vor der klotür entsteht dann, während dem gespräch durch die holztür, sogar intime freundschaft - fahren sie nun also beide bestechlich und die gastwirte piesakend durch's immer gleiche land. höhepunkt dieser reise dann der gemeinsame indische tanz, bösel dabei zunächst recht ungelenk, vor den strommästen mitten in der pampas, morgens im morgengrauen, aus dem autoradio tönt die neueste scheibe aus bollywood. das ist dann schon irgendwie ein komischer moment, da sieht man diesen beiden, ja, eigentlich ja arschlöchern verdutzt zu und gönnt den beiden diesen moment der freudigen, ehrlichen lebenslust von ganzem herzen.
dieser moment währt jedoch nicht lange, denn der fellner haut sich am pfosten die eier an, die schwellen gefährlich an, im krankenhaus der befund, zunächst nur dem bösel bekannt: hodenkrebs, unheilbares stadium, aus die maus. was folgt hätte leicht ein rührstück werden können, ein ekliges stück sozialromantik über die wahre freundschaft zwischen imbißbudenbekanntschaften oder so, aber INDIEN war bis dahin großes kino, er bleibt's auch bis zum schluß: bewegend im besten sinne ist das, wie die beiden den letzten gemeinsamen weg antreten, sich dem nahenden tod stellen, diesen verarbeiten. der bislang gepflegte gallig-existenzialistische, schwarze humor bleibt selbst hier nicht außen vor, im gegenteil, er unterstreicht noch die erkenntnis, dass das leben in der grauen monotonie eigentlich nicht viel wert ist: am ende, auf dem totenbett, hast du ein billiges casio-keyboard - symbol der lust am durchschnittlichen bis läppischen - unterm arm.
zynisch ist der film jedoch beileibe nicht, trotz aller entlarvungen, aller momente der scham vollbringt INDIEN irgendwie das kunsstück - wie ähnlich zuvor in der etablierung dieser eigentlich undenkbaren, tiefen freundschaft -, seinen beiden protagonisten würde zu verleihen. das ergebnis dieses versuchs eines tragikomischen road movies ist, gelinde gesagt, großartig.
josef hader also. mal wieder, möchte man meinen. ein mann, den man sich unbedingt merken sollte. sofern noch nicht geschehen, natürlich.
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