Thema: videodrome
Man mag von Sundance halten was man will (und von der Institutionalisierung einer gewissen, sehr versöhnlich um Konsens bemühten middle brow-Tendenz im us-amerikanischen Indiefilm bespielsweise halte ich nicht immer das Beste), sehr schön aber ist ihre Netzpolitik über YouTube: Im Sundance-Channel finden sich nicht nur diverse, teils von einschneidender Belanglosigkeit pieces vom Festivalgeschehen (eine Aufnahme eines Gitarristen in einem Café? "Wow"), sondern auch einige der dort im Kurzfilmprogramm gezeigten Beiträge, wie z.B. Old Fangs von Adrien Merigeau -
- aber auch zahlreiche weitere Filme. (via)
Hier stellt sich einmal mehr die Frage nach dem "Ort" eines Filmfestivals und ob sich ein solches, das noch immer den primären Aufführungsort "Kinosaal" privilegiert, nicht zusehends unzeitgemäß verhält. Auch in diesem Jahr lässt beispielsweise bislang keine Pressemitteilung der Berlinale eine vernünftige Einbindung des oder sogar Ausdehnung ins Internet erkennen. Etwa und gerade auch das Forum, das mit seiner neuen Rubrik "Forum Expanded" ohnehin schon auf gegenwärtige Auflösungserscheinungen des Kinos und Konvergenzen z.B. mit dem Kunst- und Ausstellungsbetrieb reagiert und daneben im regulären Betrieb einer Vielzahl von jungen Filmemachern ein Podium bietet, deren Filme schon qua Produktionsbedingungen und mutmaßlich mangelnder Attraktivität für ein breiteres Publikum durch die Bindung an den dann eben doch sehr schwerfälligen und erst umständlich zu bedienenden Kinoapparat eher gehemmt (oder gar - bei einer schwerverpixelten Digitalaufführung im großen Saal - ästhetisch sabotiert) werden, sollte doch die naheliegendste Sektion für eine Art Experiment "Online-Kuratorium" darstellen.
(aber vermutlich wird man auch in diesem Jahr wieder nur schwerfällig abrufbare, serverseitig instabile Videostreams von öden Pressekonferenzen anbieten...)
- aber auch zahlreiche weitere Filme. (via)
Hier stellt sich einmal mehr die Frage nach dem "Ort" eines Filmfestivals und ob sich ein solches, das noch immer den primären Aufführungsort "Kinosaal" privilegiert, nicht zusehends unzeitgemäß verhält. Auch in diesem Jahr lässt beispielsweise bislang keine Pressemitteilung der Berlinale eine vernünftige Einbindung des oder sogar Ausdehnung ins Internet erkennen. Etwa und gerade auch das Forum, das mit seiner neuen Rubrik "Forum Expanded" ohnehin schon auf gegenwärtige Auflösungserscheinungen des Kinos und Konvergenzen z.B. mit dem Kunst- und Ausstellungsbetrieb reagiert und daneben im regulären Betrieb einer Vielzahl von jungen Filmemachern ein Podium bietet, deren Filme schon qua Produktionsbedingungen und mutmaßlich mangelnder Attraktivität für ein breiteres Publikum durch die Bindung an den dann eben doch sehr schwerfälligen und erst umständlich zu bedienenden Kinoapparat eher gehemmt (oder gar - bei einer schwerverpixelten Digitalaufführung im großen Saal - ästhetisch sabotiert) werden, sollte doch die naheliegendste Sektion für eine Art Experiment "Online-Kuratorium" darstellen.
(aber vermutlich wird man auch in diesem Jahr wieder nur schwerfällig abrufbare, serverseitig instabile Videostreams von öden Pressekonferenzen anbieten...)
° ° °
kommentare dazu:
knoerer,
Montag, 25. Januar 2010, 16:40
Aber wen wundert's. In dem Interview mit Kosslick, das ich heute morgen zu meinem Unglück gelesen habe, ist zu erfahren, dass er von diesem neumodischen Zeug namens Computer wirklich gar nichts hält. Und auch keinen hat. Seine Sekretärinnen lesen ihm alles wichtige schon vor. (Der Mann bringt mich noch ins Grab.)
lukasf,
Dienstag, 26. Januar 2010, 19:22
Nichts läge mir ferner, als Kosslick verteidigen zu wollen... Aber dass der privilegierte Ort des Filmfestivals das Kino sein sollte, das finde ich eigentlich nach wie vor. Anders herum: Wenn das Kino nicht einmal mehr der privilegierte Ort des Filmfestivals wäre, was soll dann dieses "Kino", in dem außerhalb der Filmfestivals (und filmfestivalartigen Veranstaltungen) zunehmend immer weniger von Interesse läuft, überhaupt noch? Auf angebliche "Auflösungserscheinungen" zu reagieren heißt immer auch, diese zu affirmieren, zu beschleunigen, bzw vielleicht manchmal auch überhaupt erst ins Leben zu rufen. Die Geschichte des Forum Expanded ist doch bisher auch eine des Scheiterns. Ich glaube nicht, dass das an mangelnder Interneteinbindung liegt, eher hat es damit zu tun, dass man bislang einfach nicht so recht zu wissen scheint, wie diese Schnittstellen von Kino und Bildräumen außerhalb des Kinos aussehen könnten.
Damit will ich nichts gegen Online-Filmfestivals irgendwelcher Art gesagt haben und auch nichts gegen eine in der Tat längst fällige Generalüberholung des Internetauftritts der Berlinale, aber grundsätzlich wünsche ich mir von der Berlinale viel mehr eine Bewegung hin / zurück zum Kino als eine wie auch immer geartete von ihm weg.
Damit will ich nichts gegen Online-Filmfestivals irgendwelcher Art gesagt haben und auch nichts gegen eine in der Tat längst fällige Generalüberholung des Internetauftritts der Berlinale, aber grundsätzlich wünsche ich mir von der Berlinale viel mehr eine Bewegung hin / zurück zum Kino als eine wie auch immer geartete von ihm weg.
thgroh,
Samstag, 30. Januar 2010, 13:43
ich kann diesen impuls sehr gut nachvollziehen - vor ein paar jahren (als ich noch wie wahnsinnig ins kino gerannt bin - so 150-200 mal im jahr...) hätte ich deine position auch sofort unterschrieben.
und doch sehe ich das heute etwas anders.
vielleicht sollte ich kurz klären, was ich mit dem privilegieren meine, ein begriff, den ich hier vermutlich etwas unscharf gewählt habe - "überprivilegieren" wäre vielleicht passender gewesen. natürlich sollte sich ein festival, zumal ein dermaßen öffentliches wie die berlinale, um eine konkrete aufführungssituation zentrieren - diese bedingt idealerweise und althergebracht: ein kinosaal. diese form der konzentration vollends abzuschaffen hieße natürlich auch ein festival seinem sinn nach (als kuratierende, fokussierende instanz) zugunsten bloßer willkür abzuschaffen. darum aber geht es mir natürlich nicht, sondern darum, dass immer mehr audiovisuelles material fürs kino schlicht nicht produziert und darum herum gar nicht konzentriert ist. es ist beeindruckend, wie sich gerade auf plattformen wie zB vimeo zahlreiche künstler versammeln, die nicht mehr weit weg sind von der "festivaltauglichkeit", von festivals aber, noch, nicht berücksichtigt werden. ein film-festival, das nicht kino-festival heißt, sollte sich darum zumindest bemühen und ein sensorium entwickeln.
zum anderen ist das kino, wie ich schon schrieb, auch ein ungeheuer schwerfälliger apparat. damit ein, für's kino womöglich gar nicht produzierter, film seine (zu 72 prozent von festivalmüdigkeit übermannte) 1000-1500 festivalzuschauer bekommt (die dann selbst auch wieder insofern hochprivilegiert sind, da sie entweder in der näheren umgebung von berlin leben oder über zeit, geldmittel und andere resourcen verfügen, sich in berlin einzuquartieren), ist eine fast wahnwitzige logistik vonnöten. was macht der filmbegeisterte in der provinz (der womöglich arbeiten muss)? was macht der filmstudent in südafrika? was spricht dagegen, zum wenigsten eine auswahl der forumsfilme wenigstens für die dauer des festivals auf eine art wie zB theauteurs.com das macht im netz zu screenen und ihnen dadurch (plus berlinale-label) eine form der wenigstens zeitweise öffentlichkeit zu verleihen, die ein filmfestival nie zur verfügung stellen kann (meinetwegen sogar mit geoblocking, zB für berlin, um das festival selbst nicht anzutasten) ? ein großteil der filme wirft eh kaum bis kein geld ab und wird in zukunft allenfalls noch weniger menschen zugänglich sein, bedenken in diese richtungen können es also nicht sein.
und doch sehe ich das heute etwas anders.
vielleicht sollte ich kurz klären, was ich mit dem privilegieren meine, ein begriff, den ich hier vermutlich etwas unscharf gewählt habe - "überprivilegieren" wäre vielleicht passender gewesen. natürlich sollte sich ein festival, zumal ein dermaßen öffentliches wie die berlinale, um eine konkrete aufführungssituation zentrieren - diese bedingt idealerweise und althergebracht: ein kinosaal. diese form der konzentration vollends abzuschaffen hieße natürlich auch ein festival seinem sinn nach (als kuratierende, fokussierende instanz) zugunsten bloßer willkür abzuschaffen. darum aber geht es mir natürlich nicht, sondern darum, dass immer mehr audiovisuelles material fürs kino schlicht nicht produziert und darum herum gar nicht konzentriert ist. es ist beeindruckend, wie sich gerade auf plattformen wie zB vimeo zahlreiche künstler versammeln, die nicht mehr weit weg sind von der "festivaltauglichkeit", von festivals aber, noch, nicht berücksichtigt werden. ein film-festival, das nicht kino-festival heißt, sollte sich darum zumindest bemühen und ein sensorium entwickeln.
zum anderen ist das kino, wie ich schon schrieb, auch ein ungeheuer schwerfälliger apparat. damit ein, für's kino womöglich gar nicht produzierter, film seine (zu 72 prozent von festivalmüdigkeit übermannte) 1000-1500 festivalzuschauer bekommt (die dann selbst auch wieder insofern hochprivilegiert sind, da sie entweder in der näheren umgebung von berlin leben oder über zeit, geldmittel und andere resourcen verfügen, sich in berlin einzuquartieren), ist eine fast wahnwitzige logistik vonnöten. was macht der filmbegeisterte in der provinz (der womöglich arbeiten muss)? was macht der filmstudent in südafrika? was spricht dagegen, zum wenigsten eine auswahl der forumsfilme wenigstens für die dauer des festivals auf eine art wie zB theauteurs.com das macht im netz zu screenen und ihnen dadurch (plus berlinale-label) eine form der wenigstens zeitweise öffentlichkeit zu verleihen, die ein filmfestival nie zur verfügung stellen kann (meinetwegen sogar mit geoblocking, zB für berlin, um das festival selbst nicht anzutasten) ? ein großteil der filme wirft eh kaum bis kein geld ab und wird in zukunft allenfalls noch weniger menschen zugänglich sein, bedenken in diese richtungen können es also nicht sein.
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