Thema: Filmtagebuch
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Das Gefühl vollkommenen Entrücktseins in die Position des äußerst möglichen Beobachters: Auf das eigene Leben, die Menschen, die Umgebung. Faxe kommen mitten in der Nacht, denkbar unnütz ihr Inhalt - "Welches Regal soll ich kaufen, Schatz?" -, vor den Augen, getrennt durch Hotelzimmerglas, die Enge der anonymen Stadt, nachts dann das verirrte Streifen durch die kunterbunte Konsumerwelt der Metropole: "Alles ist so anders hier!", nicht ohne einen Hauch schmerzlicher Melancholie ausgesprochen. Den Regisseur des Werbeclips kann Bob nicht verstehen, was die Dolmetscherin wiedergibt, scheint auf unwesentliches verkürzt: Der Rest ist lost in translation: Was nicht übersetzt wurde, vielleicht nicht übersetzt werden kann. Und wie kann man Liebe übersetzen, in Worte kleiden, in Bildern vermitteln? Die sanfte Melancholie des Films, die sich aus dieser Fragestellung ergibt, ist bloß Konsequenz: Die letzten Worte zwischen den beiden, die sich finden, ja vermutlich auch lieben lernen, diese letzten Worte kurz vor dem Abschied, die das wesentliche überhaupt zur Sprache bringen: Sie werden ausgeblendet, gehen unter im Straßenlärm. Allein ein Lächeln als universelle Sprache des Menschen zaubert sich in diese beiden Gesichter. Der Rest, das Detail: Es geht verloren, es ist nicht wichtig.
Ein Film über die Sanftheit der Geste, die behutsame Annäherung. Ein Lächeln im Fahrstuhl als erste Begegnung, komplizenhaft an den einzigen Nicht-Japaner dort gerichtet. Später wird sie sich nicht mal mehr daran erinnern. Keine schwülstigen Küsse später, dann eine sanfte Umarmung aber, eine kurze Berührung an der Schulter, ein leichtes Streicheln über einen nackten Fuß. Ein Sich-Ausliefern an die Ökonomie der rigide begrenzten Zeit, die den beiden fernab der Heimat nur gegönnt ist, notwendige Konsequenz im Jet-Lag-Delirieren inmitten der neonstrahlenden Metropole und ihrer digitalen Plastikwelten. "Bist Du noch wach?", auf einem unter der Tür hindurch geschobenen Zettel geschrieben, wird zur Schlüsselfrage. Diese beiden, so unterschiedlich wie sich nahe, leben nicht in den Zeitläufen der Anderen, die nur Kulisse bleiben.
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Was bleibt ist tiefe Wärme im Innern, ein Stück Glückseligkeit, wie es auch der zwar gänzlich anders inszenierte, dennoch aber auf seltsame Art wesensverwandte Punch-Drunk Love (USA 2002) bescherte. Written & Directed by Sofia Coppola, wenn dieser Credit auf der Leinwand erscheint, möchte man, ganz wie der junge Holden Caulfield, zu Stift und Papier greifen, um einen Brief zu schreiben. Er würde dem Film wahrscheinlich nicht gerecht.
Kinostart am 08.01.2004 im Verleih der Constantin, hier der Trailer als Videodownload (11,7 MB).
>> Lost in Translation, USA 2003
>> Regie & Drehbuch: Sofia Coppola
>> Darsteller: Bill Murray, Scarlett Johansson, u.a.
imdb | mrqe | angelaufen.de | links@filmz.de
° ° °
kommentare dazu:
serena1974,
Montag, 26. Januar 2004, 15:58
Ein eigenartig berührender Film
fernab der üblichen Hollywoodliebesgeschichten, der mich absolut begeistert hat.
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