Thema: Filmtagebuch
08. September 11 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren

In jenem Seitenarm der Filmgalaxis, aus dem die Geeks und Nerds stammen, genießt Marcus Nispel nicht den allerbesten Ruf. Ein Grund dafür mag sein, dass der Werbefilm- und Musikvideoregisseur im Spielfilmbereich vor allem Remakes liebgewonnener Genreklassiker aus den unteren Videothekenregalen dreht und dabei einer Hollywood-Frischzellenkur unterzieht - in quasi-religiöser Logik also ein Sakrileg. Man kann von solcher, leicht mönchisch anmutender CineMoral aber auch abrücken und sich eingestehen, dass fast alle Genrefilme, auch die liebgewonnenen, auf gewissen Mustern und Strukturen basieren, die sie sich für einen eigenen ästhetischen Überbau zunutze machen - wodurch filmhistorische Kettenbildung von vornherein legitim ist (und mit dem Begriff der Kettenbildung wäre ohnehin auch die "Übertünchung", die mancher Freund der alten Klassiker beim Remake fürchtet, dahin).
Zwar kannte ich bislang von Nispel bislang nur dessen Texas Chain Saw Massacre-Remake - und das halte ich, obwohl Tobe Hoopers Film einer meiner All-Time-Favorites ist, für einen gelungenen, schön herben Horrorfilm (gerade für einen unter Hollywoodbedingungen entstandenen). Dass der Film kaum zu Subtext-Exegesen einlädt wie das 70er Massaker - nun gut. Muss man als Genrefilm ja auch nicht notgedrungen.
Für Nispels neuestes "Remake", den neuen Conan-Film, gilt glatt dasselbe (man muss den Begriff Remake hier unbedingt in Gänsefüßchen setzen, denn der Begriff ist hier mehr als schwammig: zwar bedient sich Nispels Film beim Schwarzenegger/Milius/Stone-Film deutlich und ist sich dessen Existenz stets bewusst, doch gleichzeitig ist der Film auch weit deutlicher an den originalen Stories von Robert E. Howard, von denen man einige im australischen Projekt Gutenberg nachlesen kann, angelegt). Für ein mythopoetisches Projekt, das man dem ersten Conanfilm der 80er Jahre noch mühelos attestieren kann, interessiert sich Nispel kein Stück - dafür wird mit seinen Filmen womöglich aber wieder ein Konzept vom Genrefilm sichtbarer, das man, wäre der Begriff nicht gar so bräsig, als "ehrliches Handwerk" bezeichnen könnte: Durchaus aufrichtig in seinem Anliegen, unterhalten zu wollen, gerne auch mit Schaueffekten, dies aber eben nie ganz so wahllos und in Richtung Publikum geschleudert, wie das (Nispels ehemaliger Produzent) Michael Bay zu tun pflegt. Nispels Filme wollen nicht hoch hinaus, sondern innerhalb der Reglementierungen und ökonomischen Zwänge des Genrekinos bestehen, ohne aber bloß altbacken routiniert zu sein. Dieses Vorhaben gelingt ihnen , für meinen Geschmack, bislang recht gut - ich habe nach dem Conan-Film jetzt jedenfalls große Lust, auch seine weiteren Remakes seit dem Texas Chainsaw Massacre zu sehen.
Meine Kritik zu Conan ist hier in der taz zu finden, beim Perlentaucher schreibt Lukas Foerster auch sehr schön über den Film. Dass wir beide einen nahezu identischen Einstiegssatz gewählt haben, ist, obwohl wir uns nach der Pressevorführung über den Film unterhalten haben, blanker Zufall.
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