Der größte Lacher wurde von langer Hand geplant. Man kann darin vielleicht Bezeichnendes für die Sendung selbst finden, so man mag. Jedenfalls: Im Öffentlich-Rechtlichen präsentiert sich Harald Schmidt im öffentlich-rechtlichen Look der Deutschlehrer aus seiner Generation: Wallend-weißes, schulterlanges Haar, ein bärig wirkender Bart verdeckt das dennoch offensichtlich leicht aus den schneidigen Konturen geratene Gesicht. Fehlen nur die Flicken an den Ärmeln. Man meint kurz Harry Rowohlt in diesem Onkelgesicht zu erkennen, doch gibt Schmidt sich ganz würdevoll, auch zur Pfeife wird schon bald gegriffen. Das ist eher Grass als Rowohlt, was hier präsentiert wird, und man ist sich nicht sicher, ob das alles nun - "Wir sind jetzt im Ersten!" - ironisch, oder nicht vielmehr affirmativ gemeint ist. Der erste Moment jedenfalls wirkt befremdlich, ein Auflachen, doch dann vervollständigt sich das Bild: Schmidt, dessen Stärke die Spontaneität ist, die Frechheit im Augenblick, scheint auf diesen Witz, auf diese Verschiebung im öffentlichen Bild, ein gutes Jahr hingearbeitet zu haben. Das verspricht nun nicht das Beste.

Und in der Tat wirkt das Revival mit Reformen (die Gäste wurden - ein Pluspunkt! - aus der Show gestrichen) bemüht. Wie ein Versuch an alte Tage anzuschließen, um es irgendwie allen recht zu machen. Nur wenige Gags zünden, die meisten laden eher zum Gähnen ein: Es mangelt ihnen an der Würze, am Pfiff, der nun auch bei der alten Show nicht immer vorhanden war, aber im Falle eines Mangels zumindest gekonnt in Kauf genommen wurde. Der Emnidwitz - 197% der Ostdeutschen befürworten eine Rückkehr Harald Schmidts auf dem Fernsehbildschirm auch wenn dies mit sozialen Härten verbunden wäre - ist ein astreiner Rohrkrepierer und die Castro untegejubelte Bomba Atomica ist unwitziger als das Stolpern des Mannes selbst, in das sie windschief digital eingefügt wurde. Dafür viel Selbstbeschaulichkeit und ungemein angestrengte Versuche, sich selbst im deutschen Diskursboot wieder zu verorten: Fit für Deutschland, "Harold explains Germany" - blasse Kopien früherer Glanzleistungen der Überaffirmation.

Das Spielerische und Experimentelle wolle man kurzhalten, konnte man es aus ARD-Chefetagen im Vorfeld hören. Die neue Schmidtshow hinterließ im ersten Anlauf diesbezüglich den Nachgeschmack eines übereifrigen Gehorsams. Zwar war nicht alles schlecht, doch wirkte vieles eingerostet und nur schwer wieder in Gang zu kriegen. Die öffentlich-rechtliche Saturiertheit, die sich durch die Sendung zog und in Haarwuchs und Bart sich widerzuspiegeln schien, könnte dem Anarchischen, das die Schmidtshow zu ihren besten Zeiten auszeichnete, über kurz oder lang das Genick brechen. Dass es auch bei den gebührenfinanzierten Anstalten anders geht, diesen Beweis hat Schmidt längst erbracht: Seine besten Zeiten hatte er zweifellos bei Schmidteinander, damals noch bei den Dritten.


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