Thema: Filmtagebuch
24. November 03 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren

Ipcress - Streng Geheim steht sichtlich in der Tradition des klassischen Film Noir. Palmer ist gewiss kein moralischer Held mit Vorbildfunktion, wie dies vielleicht noch auf die kriminologischen Figuren klassischer Whodunnits Geltung zutraf. Im Gegenteil: Seine kleinkriminelle und obrigkeitsrenitente Ader hat ihn, um Sanktionen zu vermeiden, direkt in die Arme des Geheimdienstes gespielt. Eingeführt wird diese Figur denkbar unvorteilhaft: Während des Vorspanns sehen wir ihn mit verstruppelten Haaren und im Nachthemd beim Aufstehen, der Morgenwäsche und der Zubereitung einer Tasse Kaffee. Michael Caine, dem mit diesem Film der endgültige Durchbruch gelang, zeichnet diesen Menschen einsilbig, lakonisch und zynisch. Auch stehen seine beruflichen Fähigkeiten keineswegs im Vordergrund der Spielhandlung, eher noch stolpert Palmer, nach einem beinahe desaströsem Fehlschlag, in die richtige Richtung: Direkt in die Arme seiner Gegenspieler, die dem Agenten mit Psychofolter zuleibe rücken.

Und dies mit gutem Grund, denn die Handlung wirkt gewiss hier und da etwas überkonstruiert und kann auch das eine oder andere eher fadenscheinige Moment nicht verbergen. Die brillante Kameraarbeit und Michael Caines Spiel aber, wie überhaupt die teils faszinierende Fortschreibung der Dekonstruktion des Helden, die der Film Noir als Projekt vorgeschlagen hatte, und die Formulierung einer Welt, in der der Raum, analog zum sozialen Gefüge, seine Verlässlichkeit verloren hat, lassen diese kleinen Unschärfen am Rande leicht verzeihen. Ein elegant-melancholischer Genrefilm, den es zu entdecken gilt.
Eine qualitativ hochwertige DVD ist dieser Tage bei Koch Media erschienen.
>> Ipcress - Streng Geheim (The Ipcress File, Großbritannien 1965)
>> Regie: Sidney J. Furie
>> Darsteller: Michael Caine, Nigel Green, Guy Doleman, Sue Lloyd u.a.
imdb | michael caine: tv-termine
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