Thema: Filmtagebuch

Für Hammer-Puristen gewiss ein Graus, entpuppt sich dieser Film jedoch - bei allem Bedauern für das Studio, das einen im direkten Vergleich dieses Films mit den gediegenen Gruselfilmen der frühen Sechzigerjahre befallen mag - als quirlige Trash-Granate mit hohem Unterhaltungswert. Professor Van Helsing (Peter Cushing), Experte für das Okkulte, verschlägt es für eine Vorlesungsreihe ins ferne China, wo ihm die jungen Studenten - trotz aller Beschwörungen, dass er doch wisse, wovon er spreche - nur mit Spott und Unglauben begegnen. Allein der junge Hsi Ching (David Chiang) schenkt dem Briten Glauben. Mit gutem Grund: In einer ruhigen Minute bittet Ching Van Helsing um Hilfe, kommt er doch aus einem Dorf in der chinesischen Provinz, das seit Jahrzehnten von einer Heerschar an Vampiren heimgesucht wird. Vor einem Jahrhundert hatte der Urgroßvater des Studenten den Mut besessen, den blutigen Ritualen der sieben Vampire - aus dem Dorf entführte, junge Mädchen werden gefoltert und blutig geopfert - entgegen zu treten. Einer der Blutsauger konnte dabei vernichtet, das goldene, fledermausförmige Medaillon - jeder der Vampire trägt ein solches - entwendet werden. Seitdem halten die verbliebenen Vampire begierig Ausschau nach dem Verbleib des Ornaments, liegt darin doch deren Macht begründet. Sollten sie es in die Finger kriegen, so könnten sie ihren alten Gefährten wiederbeleben und zu alter Macht zurückzufinden. Van Helsing sagt dem jungen Studenten seine Hilfe zu und bald macht man sich, mit einigen anderen Engländern, auf den langen, gefährlichen Weg in die entlegene Provinz. Doch Van Helsing ahnt noch nicht, dass sein alter Gegenspieler, Graf Dracula (John Forbes-Robertson), ebenfalls den langen Weg von den Karpaten nach China angetreten ist ...

Die Spielhandlung ist gewiss naiv und voller Insuffizienzien, keine Frage. Doch das tut dem munteren Treiben keinen Abbruch. Warum Van Helsing so wichtig für diese Expedition ist, bleibt herzlich unklar. Cushing steht dem oft wirren Treiben eigentlich meist nur unbeteiligt gegenüber, gibt ab und an so kluge, wie unnötige Anweisungen - "Stoßt in ihr Herz!" -, schafft es allerdings auch an einer Stelle selbst, im munteren Handgemenge einen Kung-Fu-Vampir zu richten. Letzten Endes bleibt er aber doch nur Schauwert für ein Publikum, das an Cushing in einem Horrorfilm, mit Vampiren zumal, gewöhnt ist. Auch erscheint die Handlung im wesentlichen selbstzweckhaft und unmotiviert: Warum man nun kurz nach Aufbruch der Expedition von einer Horde Schurken auf offenem Feld überfallen wird, wird weder erklärt, noch wird im Nachhinein näher darauf eingegangen. Es passiert eben, sorgt aber immerhin für ein paar knallige körperliche Auseinandersetzungen. Warum die Vampire jungen Damen während der Attacken gerne die Bluse runterreißen, hat wohl ebenfalls eher mit visuellen Qualitäten zu tun als mit narrativer Dringlichkeit. Hier, vor allem aber in den Ritualszenen, findet sich, für den Laien vielleicht nicht gleich ersichtlich, dann auch das Echo einer ganz eigenen Hongkong-Filmtradition: Das naiv-sadistische Torture-Movie für das Chor Yuens Meisterwerk Intimate Confessions of a Chinese Courtesan (HK 1972), auf der diesjährigen Berlinale im Rahmen einer Retrospektive zu sehen (und hier eine sehr ausführliche Betrachtung von =MAERZ= auf jump-cut.de), emblematisch steht. Gipfel dieses offen vor sich hergetragenen Exploitation-Habitus ist der Moment, als sich Vanessa Buren (Julie Ege) selbst, vor Hitze stöhnend, vor der Linse die Bluse auszieht und weitergeht: Dramaturgisch wie narrativ natürlich vollkommen sinnlos, allein die vage Ahnung von Brustkonturen unter einem britischen Korsett rechtfertigt diese Szene: Symptom und Ausdruck einer ganz eigenen Welt des Filmverständnisses.

>> Die 7 Goldenen Vampire (The Legend of the 7 Golden Vampires, GB/HK 1972)
>> Regie: Roy Ward Baker, Chang Cheh
>>Darsteller: Peter Cushing, David Chiang, Julie Ege, Robin Stewart, Szu Shih, John Forbes-Robertson, Robert Hanna, u.a.
imdb | mrqe | hammerfilms | shaw appreciation
° ° °
kommentare dazu:
maz,
Mittwoch, 26. November 2003, 04:05
Als kürzlich ein Film im Fernsehen lief...
...wollte ich unbedingt wissen, was "immo" dazu sagt.
Dieses (oder dieser - welches Genus?) Blog wirkt korrumpierend.
Ich stöbere gerne drin.
Dieses (oder dieser - welches Genus?) Blog wirkt korrumpierend.
Ich stöbere gerne drin.
immo,
Mittwoch, 26. November 2003, 14:42
Danke
für dieses schöne Kompliment. Sowas freut zu hören. :)
Ich würde sagen: das Blog, dann also "dieses". Genau weiß ich es aber auch nicht.
Ich würde sagen: das Blog, dann also "dieses". Genau weiß ich es aber auch nicht.
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