Thema: Berlinale 2005
12. Februar 05 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
Der Film läuft im Internationalen Forum des jungen Films.
Mathilde gefällt der Gedanke, dass eine Bewegung durch den Raum den Raum selbst verändert. Wer mit der Hand durch ihn streicht, hinterlässt eine Narbe, eine Spur. Wir sehen das in einer Detailaufnahme, ganz grobkörnig das Bild, Super8. Ihre Hand, immer nur ihre Hand, wie sie durch's Bild streicht. Sie markiert, vernarbt das Filmmaterial in der Kamera. Die offenkundig im groben Korn ausgestellte Medialität des Bildes scheint auch davon zu handeln, wie Gegenstand und (Dokumentar-)Film zusammenhängen, aber eben auch Tanz und Kunstschaffungsprozess.
Ich bin nun kein Mensch, der sich je viel mit Tanz beschäftigt hätte. Nicht aus überheblicher Ignoranz, es hat sich nur nie ergeben. Ganz von dieser Warte aus betrachtet ist es dem Film nur zu Gute zu sprechen, dass er nun mich, den Laien, voll beeindruckt hat mit seiner Schilderung davon, wie aus einem literarischen Text ein moderner Performancetanz wird, der ganze künstlerische Prozess - und der ist nun nie, wie man vielleicht meinen könnte, edelfedernabgehoben, sondern, im Gegenteil, schweißtreibende physische und intellektuelle Arbeit. Dabei geht es nie darum, eine Geschichte zu erzählen oder gar einfach nur verzückt vor den Darbietungen der Tänzer zu erstarren. Dafür ist schon deren Ausdruck viel zu expressiv, arhythmisch angelegt. Der Film geht ins Detail, beobachtet Nuancen des Körpers, setzt sie ins Bild. Ist oft distanziert, lässt geschehen, wirft den Blick auf Beiläufiges, simuliert dabei aber auch nie den Zuschauer der fertigen Veranstaltung im Saal (selbst bei der Generalprobe nicht, da ist die Kamera erhöht).
Wir sehen, wie Mathilde, die Choreografin, sich warm macht, sich lockert. In der Musik von PJ Harvey geht sie ganz auf, ohne dass damit Reformhauskundenverzückung gemeint wäre. Die Kamera gleitet mehrmals über ihren Körper, zerlegt gewissermaßen die "Performance" in kleine Glieder, die dem üblichen Zuschauer verborgen bleiben müssen. Bis, in der Tat, noch in den kleinsten Zeh ist sie konzentriert, ganz Körper, der ihrige. Ihr ist es, wie dem Film, ernst mit der Kunst. Bloße Selbstverwirklichung und laissez-faire ist ihr Ding nicht. Sie fordert ihre Tänzer und Tänzerinnen, kritisiert sie, vor allem aber sich selbst auch unentwegt. Begeistert sind dann die fast lautlos eingeflüsterten Kommentare aus dem Off, wenn etwas klappt oder eine Ebene des Ausdrucks erreicht wird, die dem Laienblick, also meinem, verschlossen bleiben müssen.
Am Ende steht ein Auszug aus der fertigen Performance. Mathilde versinkt in sich, das Bild spaltet sich in Split Screens. Ambient auf der Tonspur, Mathildes Performance nimmt gefangen, ganz und gar. Der stumme, minimalistische Abspann reißt aus der Versunkenheit, die Leinwand ist zwar schwarz, doch die Wirkung so grell wie Tageslicht. Ahnungen von einer Leidenschaft, ein beeindruckender Film.
info-sheet
Mathilde gefällt der Gedanke, dass eine Bewegung durch den Raum den Raum selbst verändert. Wer mit der Hand durch ihn streicht, hinterlässt eine Narbe, eine Spur. Wir sehen das in einer Detailaufnahme, ganz grobkörnig das Bild, Super8. Ihre Hand, immer nur ihre Hand, wie sie durch's Bild streicht. Sie markiert, vernarbt das Filmmaterial in der Kamera. Die offenkundig im groben Korn ausgestellte Medialität des Bildes scheint auch davon zu handeln, wie Gegenstand und (Dokumentar-)Film zusammenhängen, aber eben auch Tanz und Kunstschaffungsprozess.
Ich bin nun kein Mensch, der sich je viel mit Tanz beschäftigt hätte. Nicht aus überheblicher Ignoranz, es hat sich nur nie ergeben. Ganz von dieser Warte aus betrachtet ist es dem Film nur zu Gute zu sprechen, dass er nun mich, den Laien, voll beeindruckt hat mit seiner Schilderung davon, wie aus einem literarischen Text ein moderner Performancetanz wird, der ganze künstlerische Prozess - und der ist nun nie, wie man vielleicht meinen könnte, edelfedernabgehoben, sondern, im Gegenteil, schweißtreibende physische und intellektuelle Arbeit. Dabei geht es nie darum, eine Geschichte zu erzählen oder gar einfach nur verzückt vor den Darbietungen der Tänzer zu erstarren. Dafür ist schon deren Ausdruck viel zu expressiv, arhythmisch angelegt. Der Film geht ins Detail, beobachtet Nuancen des Körpers, setzt sie ins Bild. Ist oft distanziert, lässt geschehen, wirft den Blick auf Beiläufiges, simuliert dabei aber auch nie den Zuschauer der fertigen Veranstaltung im Saal (selbst bei der Generalprobe nicht, da ist die Kamera erhöht).
Wir sehen, wie Mathilde, die Choreografin, sich warm macht, sich lockert. In der Musik von PJ Harvey geht sie ganz auf, ohne dass damit Reformhauskundenverzückung gemeint wäre. Die Kamera gleitet mehrmals über ihren Körper, zerlegt gewissermaßen die "Performance" in kleine Glieder, die dem üblichen Zuschauer verborgen bleiben müssen. Bis, in der Tat, noch in den kleinsten Zeh ist sie konzentriert, ganz Körper, der ihrige. Ihr ist es, wie dem Film, ernst mit der Kunst. Bloße Selbstverwirklichung und laissez-faire ist ihr Ding nicht. Sie fordert ihre Tänzer und Tänzerinnen, kritisiert sie, vor allem aber sich selbst auch unentwegt. Begeistert sind dann die fast lautlos eingeflüsterten Kommentare aus dem Off, wenn etwas klappt oder eine Ebene des Ausdrucks erreicht wird, die dem Laienblick, also meinem, verschlossen bleiben müssen.
Am Ende steht ein Auszug aus der fertigen Performance. Mathilde versinkt in sich, das Bild spaltet sich in Split Screens. Ambient auf der Tonspur, Mathildes Performance nimmt gefangen, ganz und gar. Der stumme, minimalistische Abspann reißt aus der Versunkenheit, die Leinwand ist zwar schwarz, doch die Wirkung so grell wie Tageslicht. Ahnungen von einer Leidenschaft, ein beeindruckender Film.
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