Thema: Berlinale 2005
13. Februar 05 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
Der Film läuft in der Sektion Panorama.
Es liest sich wie ein üblicher Direct-to-Video-Schocker aus der Category III (entspricht in Hongkong so in etwa unserem FSK 18, wobei "Cat III" in der Regel für noch derbere Kost steht): Eine nach außen hin junge, knackig attraktive Dame (in Wirklichkeit ist sie allerdings schon jenseits der 60) hat den Jungbrunnen entdeckt: Wer bei Ihr zum abendlichen Dinnieren eintrifft, erhofft sich von dem exklusiven Mahl weiche Haut und weniger Falten. Die Basis der Speise: Liebevoll zubereitete, knusprig frittierte Teigtaschen, gefüllt mit abgetriebenen Föten, aus China importiert. Eine ins Alter gekommene Schauspielerin wird schon bald ihr Stammkunde, da sie nicht nur dem eigenen Image hinterher trauert, sondern auch, weil ihr Gatte eher von jungen Dingern angetan ist. Ein Psychogeflecht entwickelt sich ...
Was sich schlüprig-schmierig liest und eine vor allem grafisch ausgereizte Belastungsprobe für den Magen in Aussicht stellt, gibt sich als bemerkenswerte Filmmeditation über das Verhältnis des Horror- und Ekelfilms zu seinem Bild zu erkennen. Dumplings haut nun eben nicht, wie man erwarten könnte, nach Manier eines drittklassigen sleazy movie auf die Pauke, sondern entzieht seinen Bildern vielmehr das direkt Grafische der eklen Begebenheiten (u.a. auch eine Abtreibung in progress) und überlässt dem Zuschauer einen großen Teil der Bildarbeit. Der Horror, respektive Ekel, entsteht im Kopf. Eine Binsenweisheit, sicher. Doch Dumplings schafft es, diese vermittels einer ausgetüftelten und ungeheuer intensiven Soundkulisse einem Update zu unterziehen: Es wird geknuspert und geflutscht, geschmatzt und gequirlt, gescheppert und geplongt - und all dies mit einem selten anzutreffenden Geschick in Gestaltung und Organisation des Tons. Was das Bild selbst an narrativ bedingtem Ekel aus sich selbst verbannt, holt den Ton auf diese Weise ins Bild zurück, erweitert so den diegetischen Raum und lässt Schauder über Schauder den Rücken hinuntergehen. Charakteristisch ist hierfür dann auch eine Kopulationsszene, die - an sich ja völlig einleuchtend, im Film aber eben nie gehört - von vaginalen Schmatzgeräuschen unterlegt ist.
Dies ist dabei nicht nur dem Blick auf den Effekt geschuldet, sondern versteht sich durchaus auch als Kommentar zum Horrorfilm und seiner Lust am Sehen (und aber eben auch Nicht-Sehen, wie es sich charakteristisch im Blinzeln durch die vor die Augen geschlagenen Hände niederschlägt.), der im Film selbst auch motivisch umgesetzt auftaucht: Die Wohnung dieser jungen "Hexe" unterteilt sich in zwei Zimmer. In einem warten die Gäste auf die Speise, im anderen wird sie mit allerlei kulinarischem Instrument zubereitet. Die Gäste hören dabei vor allem die schaudrigen Geräusche und besagte Schauspielerin horcht auch schon mal an der Wand. Die Sichtbarkeit rückt indes ins Zentrum, wenn sie schließlich - von Neugier getrieben, obwohl sie eigentlich weiß, dass sie nicht sehen will, was sie sehen wird - in die Küche hinüber geht und das ganze entsetzeliche Ausmaß des morbiden Mahles zu Gesicht bekommt. Natürlich schreit sie auf, rennt weg - und durch den Kinosaal geht ein angewidertes Zischen angesichts des dargebotenen Menschenmatschs.
Vor allem auch der exzellenten Kameraarbeit von Christopher Doyle ist es geschuldet, dass das Treiben ästhetisiert (aber nie stilisiert) dargeboten und somit also, welch Konflikt, goutierbar wird. Diese Effekte und eben die Tatsache, dass ein fürs Hongkonger Trashkino recht üblicher spekulativer Stoff diesem Zusammenhang entrissen und auf eine sehr geschickte und anspruchsvolle Weise inszeniert wird (nicht eben eine Selbstverständlichkeit, ganz und gar nicht sogar), machen den Film zu einer Besonderheit, nicht nur dieses Festivals. Einem magenfesten Publikum wird er als Geheimtipp empfohlen (zumal damit zu rechnen ist, dass der Film, schon allein aufgrund seiner Thematik, bei der Kritik verschrieen sein wird).
Es liest sich wie ein üblicher Direct-to-Video-Schocker aus der Category III (entspricht in Hongkong so in etwa unserem FSK 18, wobei "Cat III" in der Regel für noch derbere Kost steht): Eine nach außen hin junge, knackig attraktive Dame (in Wirklichkeit ist sie allerdings schon jenseits der 60) hat den Jungbrunnen entdeckt: Wer bei Ihr zum abendlichen Dinnieren eintrifft, erhofft sich von dem exklusiven Mahl weiche Haut und weniger Falten. Die Basis der Speise: Liebevoll zubereitete, knusprig frittierte Teigtaschen, gefüllt mit abgetriebenen Föten, aus China importiert. Eine ins Alter gekommene Schauspielerin wird schon bald ihr Stammkunde, da sie nicht nur dem eigenen Image hinterher trauert, sondern auch, weil ihr Gatte eher von jungen Dingern angetan ist. Ein Psychogeflecht entwickelt sich ...
Was sich schlüprig-schmierig liest und eine vor allem grafisch ausgereizte Belastungsprobe für den Magen in Aussicht stellt, gibt sich als bemerkenswerte Filmmeditation über das Verhältnis des Horror- und Ekelfilms zu seinem Bild zu erkennen. Dumplings haut nun eben nicht, wie man erwarten könnte, nach Manier eines drittklassigen sleazy movie auf die Pauke, sondern entzieht seinen Bildern vielmehr das direkt Grafische der eklen Begebenheiten (u.a. auch eine Abtreibung in progress) und überlässt dem Zuschauer einen großen Teil der Bildarbeit. Der Horror, respektive Ekel, entsteht im Kopf. Eine Binsenweisheit, sicher. Doch Dumplings schafft es, diese vermittels einer ausgetüftelten und ungeheuer intensiven Soundkulisse einem Update zu unterziehen: Es wird geknuspert und geflutscht, geschmatzt und gequirlt, gescheppert und geplongt - und all dies mit einem selten anzutreffenden Geschick in Gestaltung und Organisation des Tons. Was das Bild selbst an narrativ bedingtem Ekel aus sich selbst verbannt, holt den Ton auf diese Weise ins Bild zurück, erweitert so den diegetischen Raum und lässt Schauder über Schauder den Rücken hinuntergehen. Charakteristisch ist hierfür dann auch eine Kopulationsszene, die - an sich ja völlig einleuchtend, im Film aber eben nie gehört - von vaginalen Schmatzgeräuschen unterlegt ist.
Dies ist dabei nicht nur dem Blick auf den Effekt geschuldet, sondern versteht sich durchaus auch als Kommentar zum Horrorfilm und seiner Lust am Sehen (und aber eben auch Nicht-Sehen, wie es sich charakteristisch im Blinzeln durch die vor die Augen geschlagenen Hände niederschlägt.), der im Film selbst auch motivisch umgesetzt auftaucht: Die Wohnung dieser jungen "Hexe" unterteilt sich in zwei Zimmer. In einem warten die Gäste auf die Speise, im anderen wird sie mit allerlei kulinarischem Instrument zubereitet. Die Gäste hören dabei vor allem die schaudrigen Geräusche und besagte Schauspielerin horcht auch schon mal an der Wand. Die Sichtbarkeit rückt indes ins Zentrum, wenn sie schließlich - von Neugier getrieben, obwohl sie eigentlich weiß, dass sie nicht sehen will, was sie sehen wird - in die Küche hinüber geht und das ganze entsetzeliche Ausmaß des morbiden Mahles zu Gesicht bekommt. Natürlich schreit sie auf, rennt weg - und durch den Kinosaal geht ein angewidertes Zischen angesichts des dargebotenen Menschenmatschs.
Vor allem auch der exzellenten Kameraarbeit von Christopher Doyle ist es geschuldet, dass das Treiben ästhetisiert (aber nie stilisiert) dargeboten und somit also, welch Konflikt, goutierbar wird. Diese Effekte und eben die Tatsache, dass ein fürs Hongkonger Trashkino recht üblicher spekulativer Stoff diesem Zusammenhang entrissen und auf eine sehr geschickte und anspruchsvolle Weise inszeniert wird (nicht eben eine Selbstverständlichkeit, ganz und gar nicht sogar), machen den Film zu einer Besonderheit, nicht nur dieses Festivals. Einem magenfesten Publikum wird er als Geheimtipp empfohlen (zumal damit zu rechnen ist, dass der Film, schon allein aufgrund seiner Thematik, bei der Kritik verschrieen sein wird).
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