Thema: Filmtagebuch
01. Dezember 03 | Autor: immo | 0 Kommentare | Kommentieren
01.12., Heimkino
Burden of Dreams dokumentiert den teils chaotischen, teils dramatischen Schaffungsprozess Werner Herzogs wahnwitzigen Filmprojekts Fitzcarraldo (Deutschland/Peru, 1982). Eine der vielen Legenden besagt, Herzog habe sich selbst bei der Konzipierung des Films als den opernbegeisterten Fitzcarraldo im Sinn gehabt, der mitten im Dschungel Lateinamerikas ein Opernhaus errichten und dort Enrico Caruso auftreten lassen will. Dass letztendlich, nachdem Jason Robards krankheitsbedingt ausscheiden musste, Klaus Kinski diese Rolle übernahm, kam dem Film zugute, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der wahre Fitzcarraldo nach wie vor Herzog selbst ist: Genau dies macht Les Blanks Dokumentation offenkundig. Seien es die dramatischen politischen Umstände, die den ersten Dreh - bereits im Jahr 1979 - sabotierten, sei es Robards' Ausscheiden aus der Produktion nach bereits drei Monaten Dreharbeit oder aber die Sysiphosarbeit, die Indianer, die zum Teil noch nie ein Kino zu Gesicht bekommen hatten, von dem Projekt zu überzeugen, wie, dem angeschlossen, die unwahrscheinliche logistische Arbeit, ein Schiff nicht nur durch Stromschnellen zu jagen, sondern, analog zur titelgebenden Figur, unter Inkaufnahme größter Risiken über einen Berg zu ziehen. Eine Zitterprobe, dieser Film, drei beschwerliche Jahre lang, der zusehends seine Spuren in Herzogs anfangs noch geradezu jugendlichem Gesicht hinterlässt. Les Blanks Film über diese Dreharbeiten ist ein spannendes Dokument, zum Teil nervenaufreibender als Herzogs Meisterwerk selbst und voller Fragen der Moral und der Notwendigkeit der steten Positionierung in einem Projekt wie diesem. Weder Herzog noch dieser Film weichen ihnen aus, immer wieder erlebt man Herzog alleine, weitab von den Dreharbeiten, über sein Projekt und seine Legitimität, sein Verhältnis zu diesem Land, dieser Kultur sinnierend. Abenteuerfilme, gerade solche, die von der Reise aus dem Herzen der eigenen Kultur hinaus in das Unbekannte erzählen, haben immer auch die Aufgabe, vom Einzelnen und seinem Schicksal abstrahierende Fragen zu stellen. Indem er das Abenteuer Fitzcarraldos zu seinem eigenen machte, den Dreharbeiten eines Abenteuerfilms ein wahrhaftiges Abenteuer zur Bedingung der Möglichkeit machte, wird Herzog - in einem anderen, in diesem Film - selbst zu jener archetypischen Figur. Ob es das alles wert war? Ein anderer Film ist die Antwort.
imdb | werner herzog film
Burden of Dreams dokumentiert den teils chaotischen, teils dramatischen Schaffungsprozess Werner Herzogs wahnwitzigen Filmprojekts Fitzcarraldo (Deutschland/Peru, 1982). Eine der vielen Legenden besagt, Herzog habe sich selbst bei der Konzipierung des Films als den opernbegeisterten Fitzcarraldo im Sinn gehabt, der mitten im Dschungel Lateinamerikas ein Opernhaus errichten und dort Enrico Caruso auftreten lassen will. Dass letztendlich, nachdem Jason Robards krankheitsbedingt ausscheiden musste, Klaus Kinski diese Rolle übernahm, kam dem Film zugute, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der wahre Fitzcarraldo nach wie vor Herzog selbst ist: Genau dies macht Les Blanks Dokumentation offenkundig. Seien es die dramatischen politischen Umstände, die den ersten Dreh - bereits im Jahr 1979 - sabotierten, sei es Robards' Ausscheiden aus der Produktion nach bereits drei Monaten Dreharbeit oder aber die Sysiphosarbeit, die Indianer, die zum Teil noch nie ein Kino zu Gesicht bekommen hatten, von dem Projekt zu überzeugen, wie, dem angeschlossen, die unwahrscheinliche logistische Arbeit, ein Schiff nicht nur durch Stromschnellen zu jagen, sondern, analog zur titelgebenden Figur, unter Inkaufnahme größter Risiken über einen Berg zu ziehen. Eine Zitterprobe, dieser Film, drei beschwerliche Jahre lang, der zusehends seine Spuren in Herzogs anfangs noch geradezu jugendlichem Gesicht hinterlässt. Les Blanks Film über diese Dreharbeiten ist ein spannendes Dokument, zum Teil nervenaufreibender als Herzogs Meisterwerk selbst und voller Fragen der Moral und der Notwendigkeit der steten Positionierung in einem Projekt wie diesem. Weder Herzog noch dieser Film weichen ihnen aus, immer wieder erlebt man Herzog alleine, weitab von den Dreharbeiten, über sein Projekt und seine Legitimität, sein Verhältnis zu diesem Land, dieser Kultur sinnierend. Abenteuerfilme, gerade solche, die von der Reise aus dem Herzen der eigenen Kultur hinaus in das Unbekannte erzählen, haben immer auch die Aufgabe, vom Einzelnen und seinem Schicksal abstrahierende Fragen zu stellen. Indem er das Abenteuer Fitzcarraldos zu seinem eigenen machte, den Dreharbeiten eines Abenteuerfilms ein wahrhaftiges Abenteuer zur Bedingung der Möglichkeit machte, wird Herzog - in einem anderen, in diesem Film - selbst zu jener archetypischen Figur. Ob es das alles wert war? Ein anderer Film ist die Antwort.
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