Thema: Filmtagebuch
15. Mai 05 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
15.05.2005, Heimkino
Inhalt (Covertext der DVD):
John Person, Schauspieler mit Geldproblemen, hat keinen Schimmer, ob er verrückt geworden ist oder von Irren umgeben – oder ob hier einfach jemand ein fröhliches Verwirrspiel mit ihm treibt. Nur eines weiß John: Der Botendienst, den er für seinen wunderlichen Nachbarn übernommen hat, könnte ihn von allen Schulden befreien.
So wartet er nun mitten in der Wüste, in einem Motel im Schatten des längsten Thermometers der Welt. Er wartet darauf, dass der mysteriöse "Cowboy" einen ebenso mysteriösen Koffer abholt. Reisegepäck für einen Trip zu den Außerirdischen? Das würde jedenfalls zu ganzen Freaks passen, die John im Umkreis des Motels trifft...
The Big Empty ist im Stil der Kultfilm der Neunziger Jahre gehalten - Backwood-Cool- und Weirdness, irgendwo im Niemandsland der us-amerikanischen Wüste. Bars nahe der Grenze zu Mexiko, mysteriöse Figuren wie eben jener wortkarge Cowboy, Rednecks mit Hang zu Area-51-Stories, die entweder mehr wissen als sie vorgeben, oder einfach nur dim in the head sind. Doch The Big Empty verirrt sich keineswegs in die Zynismen der Oberfläche, sondern mischt seine Videotheken-Mixtur noch zusätzlich mit dem Lebenslauf-Blues, der wehmütigen Tristesse eines American Beauty an, dessen Soundtrack im hier Verwendung findenden deutlich zitiert wird. Und waren die Neunziger nicht zuletzt auch das Jahrzehnt der Mystery-Serien - von Twin Peaks angefangen, bis hin zu Akte X?
Man könnte deshalb sagen: Abgehangen, um Jahre zu spät. Gewissermaßen das Crime is King-Syndrom, hier kurzerhand benannt nach jenem penetrant nervigen Film von vor wenigen Jahren, der die 90er mit Kevin Costner und Kurt Russell als Elvis-Inkarnationen nur technisch verstärken und in dieses Jahrzehnt hinüber retten wollte (gescheitert auf ganzer Linie). Doch irgendwie schafft es The Big Empty vielleicht nicht gerade zu begeistern, aber eben doch als ungemein sympathischer Film für das Frühstück an einem verregneten Sonntagmorgen positiv verbucht zu werden.
Dies mag schon alleine daran liegen, dass er sich gar nicht erst an optischen Überbietungsspielchen versucht, sondern völlig relaxed im Offbeat-Tempo daherkommt. Seine Skurrilitäten sind nicht mit Blick auf die Bilanz auf schrullig hinkalkuliert, sondern spulen sich entspannt und mit Liebe modelliert ab. Der latente TV-Look der Produktion unterstützt die selbstgewählte, keineswegs uneffiziente Behäbigkeit zudem. Die Figuren sind nicht bloße Abziehbildchen, die durch die beständigen Loops einer längst schon solipsistisch werkelnden Zitierungsmaschine, wie sie das derzeitige Geek-Kino mittlerweile darstellt, durchscheinend geworden sind (auch sind sie keine Figuren aus Fleisch und Blut, gewiss), sondern ganz bewusst und mit etwas Hintersich so hingetupft wie sie sind. Man verfolgt das als Zuschauer entspannt und verfällt in ein heimeliges Vertrauen: Einfach nur hinschauen und sich überraschen lassen von dem, was als nächstes kommen mag (ohne dass die Überraschungen im Sinne von Überwältigung sich abspulen würden), ohne dass man viel mitdenken oder gar mitraten müsste. Hier geht es nicht um den ewig öden "Smarter than you"-Wettstreit zwischen Drehbuchautor und Zuschauer.
Maßgeblich zum Gelingen trägt sicherlich auch die Besetzung bei. Für eine Low-Budget-Produktion findet sich hier manch bekanntes Gesicht wieder, das den formalästhetisch nicht sonderlich anspruchsvollen Film mithin zu tragen weiß: Neben dem Hauptdarsteller - Jon Favreau, den man ansonsten nur als ewigen Nebendarsteller und face without a name kennt - sind vor allem auch die Nebenrollen geschickt besetzt: Sean Bean (Boromir im Lord of the Rings, Odysseus in Troy) gibt den lakonischen Cowboy mit angeratenem mimischen Understatement. Daryl Hannah brilliert als Barbesitzerin unter Perücke und Bud Cort - Harold aus Harold & Maude - als paranoider Nachbar ist ein stets gern gesehenes Gesicht am Rande. Auch die übrigen Figuren sind mit Herz dabei.
Wie gesagt, The Big Empty ist weit davon entfernt, großartig zu sein. Aber er ist charmant und solide, mit einigen schönen Momenten zwischen auch dem einen oder anderen Leerlauf. Und so ein bisschen ist das Ganze auch ein wehmütiger Blick zurück in das coole Indie-Kino der 90er. Man merkt, dass hier jemand mit Reife zu Werke gegangen ist, vielleicht ein Geek, der erwachsen geworden ist und dies seinem Film auch anmerken lässt. Besser als das kindisch-regressive Einerlei, aus dessen Repertoire sich das Fantasy Filmfest (wo The Big Empty im letzten Jahr zu sehen war) mittlerweile zu einem nicht unerheblichen Teil speist, ist das allemal. Steve Anderson, der hier sein Debüt als Regisseur vorlegte, wird vorerst im Auge behalten.
imdb ~ trailer ~ offizielle website ~ Zuschauer-Reviews vom Fantasy Filmfest ~ Infosite des deutschen Anbieters
Inhalt (Covertext der DVD):
John Person, Schauspieler mit Geldproblemen, hat keinen Schimmer, ob er verrückt geworden ist oder von Irren umgeben – oder ob hier einfach jemand ein fröhliches Verwirrspiel mit ihm treibt. Nur eines weiß John: Der Botendienst, den er für seinen wunderlichen Nachbarn übernommen hat, könnte ihn von allen Schulden befreien.
So wartet er nun mitten in der Wüste, in einem Motel im Schatten des längsten Thermometers der Welt. Er wartet darauf, dass der mysteriöse "Cowboy" einen ebenso mysteriösen Koffer abholt. Reisegepäck für einen Trip zu den Außerirdischen? Das würde jedenfalls zu ganzen Freaks passen, die John im Umkreis des Motels trifft...
The Big Empty ist im Stil der Kultfilm der Neunziger Jahre gehalten - Backwood-Cool- und Weirdness, irgendwo im Niemandsland der us-amerikanischen Wüste. Bars nahe der Grenze zu Mexiko, mysteriöse Figuren wie eben jener wortkarge Cowboy, Rednecks mit Hang zu Area-51-Stories, die entweder mehr wissen als sie vorgeben, oder einfach nur dim in the head sind. Doch The Big Empty verirrt sich keineswegs in die Zynismen der Oberfläche, sondern mischt seine Videotheken-Mixtur noch zusätzlich mit dem Lebenslauf-Blues, der wehmütigen Tristesse eines American Beauty an, dessen Soundtrack im hier Verwendung findenden deutlich zitiert wird. Und waren die Neunziger nicht zuletzt auch das Jahrzehnt der Mystery-Serien - von Twin Peaks angefangen, bis hin zu Akte X?
Man könnte deshalb sagen: Abgehangen, um Jahre zu spät. Gewissermaßen das Crime is King-Syndrom, hier kurzerhand benannt nach jenem penetrant nervigen Film von vor wenigen Jahren, der die 90er mit Kevin Costner und Kurt Russell als Elvis-Inkarnationen nur technisch verstärken und in dieses Jahrzehnt hinüber retten wollte (gescheitert auf ganzer Linie). Doch irgendwie schafft es The Big Empty vielleicht nicht gerade zu begeistern, aber eben doch als ungemein sympathischer Film für das Frühstück an einem verregneten Sonntagmorgen positiv verbucht zu werden.
Dies mag schon alleine daran liegen, dass er sich gar nicht erst an optischen Überbietungsspielchen versucht, sondern völlig relaxed im Offbeat-Tempo daherkommt. Seine Skurrilitäten sind nicht mit Blick auf die Bilanz auf schrullig hinkalkuliert, sondern spulen sich entspannt und mit Liebe modelliert ab. Der latente TV-Look der Produktion unterstützt die selbstgewählte, keineswegs uneffiziente Behäbigkeit zudem. Die Figuren sind nicht bloße Abziehbildchen, die durch die beständigen Loops einer längst schon solipsistisch werkelnden Zitierungsmaschine, wie sie das derzeitige Geek-Kino mittlerweile darstellt, durchscheinend geworden sind (auch sind sie keine Figuren aus Fleisch und Blut, gewiss), sondern ganz bewusst und mit etwas Hintersich so hingetupft wie sie sind. Man verfolgt das als Zuschauer entspannt und verfällt in ein heimeliges Vertrauen: Einfach nur hinschauen und sich überraschen lassen von dem, was als nächstes kommen mag (ohne dass die Überraschungen im Sinne von Überwältigung sich abspulen würden), ohne dass man viel mitdenken oder gar mitraten müsste. Hier geht es nicht um den ewig öden "Smarter than you"-Wettstreit zwischen Drehbuchautor und Zuschauer.
Maßgeblich zum Gelingen trägt sicherlich auch die Besetzung bei. Für eine Low-Budget-Produktion findet sich hier manch bekanntes Gesicht wieder, das den formalästhetisch nicht sonderlich anspruchsvollen Film mithin zu tragen weiß: Neben dem Hauptdarsteller - Jon Favreau, den man ansonsten nur als ewigen Nebendarsteller und face without a name kennt - sind vor allem auch die Nebenrollen geschickt besetzt: Sean Bean (Boromir im Lord of the Rings, Odysseus in Troy) gibt den lakonischen Cowboy mit angeratenem mimischen Understatement. Daryl Hannah brilliert als Barbesitzerin unter Perücke und Bud Cort - Harold aus Harold & Maude - als paranoider Nachbar ist ein stets gern gesehenes Gesicht am Rande. Auch die übrigen Figuren sind mit Herz dabei.
Wie gesagt, The Big Empty ist weit davon entfernt, großartig zu sein. Aber er ist charmant und solide, mit einigen schönen Momenten zwischen auch dem einen oder anderen Leerlauf. Und so ein bisschen ist das Ganze auch ein wehmütiger Blick zurück in das coole Indie-Kino der 90er. Man merkt, dass hier jemand mit Reife zu Werke gegangen ist, vielleicht ein Geek, der erwachsen geworden ist und dies seinem Film auch anmerken lässt. Besser als das kindisch-regressive Einerlei, aus dessen Repertoire sich das Fantasy Filmfest (wo The Big Empty im letzten Jahr zu sehen war) mittlerweile zu einem nicht unerheblichen Teil speist, ist das allemal. Steve Anderson, der hier sein Debüt als Regisseur vorlegte, wird vorerst im Auge behalten.
imdb ~ trailer ~ offizielle website ~ Zuschauer-Reviews vom Fantasy Filmfest ~ Infosite des deutschen Anbieters
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