Thema: Filmtagebuch
16. Juni 05 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
15.06.2005, Heimkino
Der Vampir als Romantiker, Melancholiker, Wanderer. Durch die Geschichte und, deshalb auch, das alte Europa. Der Dandy als Hintergrundrauschen eines kulturellen Zusammenhangs, der an seinen Rändern fransig, unübersichtlich, ja zusammenhanglos zu werden droht - die Universalgeschichte, als Konzept des frühen 19. Jahrhunderts, wird denkbar, wenn einer alleine das Leben und seine Grenzen hinter sich lässt, den Blick als Zeuge auf Geschichte selbst zu werfen in der Lage ist, und gleichzeitig aber leer(gebrannt), da das Versprechen als Lug erkennbar wird für denjenigen, der nicht notwendig das Vergangene qua Referenz und Neudeutung nur vergegenwärtigt.
Erfüllung nun aber, ja Balsam für die zwar abhanden gekommene, aber dennoch geschundene Seele findet dieser schwermütige Dandy durch die Zeiten nun im Kino schließlich, wo die Blaue Blume des Meeres, die auf ewig abhanden gekommen schien, als technisches Versprechen zunächst in der Luft liegt und schließlich, mit Technicolor, wieder in die verblasste Kopie, die Geisterform eines Lebens tritt. Hier nun wird Geschichte kompakt, sinnlich, was vormals nur bloßer Idealismus schien. Sinn wird produziert durch zweierlei Verfahren, die den Sinnesapparat des Menschen wiederum hintergehen, übertrumpfen: Die Fähigkeit, eine Bewegung vorzutäuschen, deren einzelne Elemente aber dem Auge sich entziehen, sowie das Versprechen der Ewigkeit von Bewegung durch den Raum. Beides nun trifft auch auf den Vampir der Handlung selbst zu, der seinen Standpunkt im diegetischen Raumgefüge mit einer Geschwindigkeit ändern kann, dass die zeitlich durch die Handlung umspannte Differenz unter einer 24stel Sekunde liegt, also Kamera wie Menschen sich gleichermaßen entzieht. Und die Ewigkeit selbst ist die Sphäre, die dem Darben an der eigenen Schicksalshaftigkeit und Geschichtsverlorenheit notwendigen Raum erst verleiht.
1791 ist der Ausgangs-, 1994 der Endpunkt. Das erste Jahr ist nicht weit weg vom Leiden des jungen Werther, es markiert zudem die Schwelle zur Romantik, das zweite seinerseits das Jahr, in dem Multimedia endgültig den Durchbruch fand und das Einlösen des Versprechens vom Computer als Medium schlechthin zum Greifen nahe lag. Film, als Leitmedium, wurde schlagartig anachronistisch und liegt seitdem selbst als lebender Toter darnieder. Daraus mag sich zum einen erklären, was es mit der Depression des Vampirs auf sich hat, der sein Vermächtnis diktiert wissen will, wo er doch im Zeitalter des Kinematographen am Ende seiner Suche, ja bei sich selbst angekommen ist. Zum anderen mag sich die eigentümliche Kameraarbeit des Filmes erklären: Es bleibt diffus, sicher, aber dieser Film, so nahe er noch an heutiger Zeit liegt, wirkt so, als würden Filme heute so nicht mehr geschossen.
(nur kurios am Rande ist, dass ich während der Sichtung dran dachte, The Company of Wolves mal wieder sehen zu müssen und wie sich herausstellt, teilen sich beide Filme den selben Regisseur)
imdb
Der Vampir als Romantiker, Melancholiker, Wanderer. Durch die Geschichte und, deshalb auch, das alte Europa. Der Dandy als Hintergrundrauschen eines kulturellen Zusammenhangs, der an seinen Rändern fransig, unübersichtlich, ja zusammenhanglos zu werden droht - die Universalgeschichte, als Konzept des frühen 19. Jahrhunderts, wird denkbar, wenn einer alleine das Leben und seine Grenzen hinter sich lässt, den Blick als Zeuge auf Geschichte selbst zu werfen in der Lage ist, und gleichzeitig aber leer(gebrannt), da das Versprechen als Lug erkennbar wird für denjenigen, der nicht notwendig das Vergangene qua Referenz und Neudeutung nur vergegenwärtigt.
Erfüllung nun aber, ja Balsam für die zwar abhanden gekommene, aber dennoch geschundene Seele findet dieser schwermütige Dandy durch die Zeiten nun im Kino schließlich, wo die Blaue Blume des Meeres, die auf ewig abhanden gekommen schien, als technisches Versprechen zunächst in der Luft liegt und schließlich, mit Technicolor, wieder in die verblasste Kopie, die Geisterform eines Lebens tritt. Hier nun wird Geschichte kompakt, sinnlich, was vormals nur bloßer Idealismus schien. Sinn wird produziert durch zweierlei Verfahren, die den Sinnesapparat des Menschen wiederum hintergehen, übertrumpfen: Die Fähigkeit, eine Bewegung vorzutäuschen, deren einzelne Elemente aber dem Auge sich entziehen, sowie das Versprechen der Ewigkeit von Bewegung durch den Raum. Beides nun trifft auch auf den Vampir der Handlung selbst zu, der seinen Standpunkt im diegetischen Raumgefüge mit einer Geschwindigkeit ändern kann, dass die zeitlich durch die Handlung umspannte Differenz unter einer 24stel Sekunde liegt, also Kamera wie Menschen sich gleichermaßen entzieht. Und die Ewigkeit selbst ist die Sphäre, die dem Darben an der eigenen Schicksalshaftigkeit und Geschichtsverlorenheit notwendigen Raum erst verleiht.
1791 ist der Ausgangs-, 1994 der Endpunkt. Das erste Jahr ist nicht weit weg vom Leiden des jungen Werther, es markiert zudem die Schwelle zur Romantik, das zweite seinerseits das Jahr, in dem Multimedia endgültig den Durchbruch fand und das Einlösen des Versprechens vom Computer als Medium schlechthin zum Greifen nahe lag. Film, als Leitmedium, wurde schlagartig anachronistisch und liegt seitdem selbst als lebender Toter darnieder. Daraus mag sich zum einen erklären, was es mit der Depression des Vampirs auf sich hat, der sein Vermächtnis diktiert wissen will, wo er doch im Zeitalter des Kinematographen am Ende seiner Suche, ja bei sich selbst angekommen ist. Zum anderen mag sich die eigentümliche Kameraarbeit des Filmes erklären: Es bleibt diffus, sicher, aber dieser Film, so nahe er noch an heutiger Zeit liegt, wirkt so, als würden Filme heute so nicht mehr geschossen.
(nur kurios am Rande ist, dass ich während der Sichtung dran dachte, The Company of Wolves mal wieder sehen zu müssen und wie sich herausstellt, teilen sich beide Filme den selben Regisseur)
imdb
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