Thema: Altes Filmtagebuch
27. Dezember 03 | Autor: immo | 0 Kommentare | Kommentieren
04.05.2003, Heimkino
Hammer-Retro, Teil 3: 1966 waren die Zombies noch ganz der klassischen Tradition verpflichtet: willenlose Arbeitssklaven, derer man sich mittels exotischer, haitianischer Voodoorituale ermächtigen konnte. Bis zur modernen, esoterischen Hokuspokus gänzlich beraubten Neuinterpretation der Untoten sollte es in der Lumière-Galaxis noch 3 Jahre dauern, erst ein us-amerikanischer Werbefilmer aus Pittsburgh sollte diesen filmgeschichtlich ungemein wichtigen Schritt wagen.
Hier jedoch sind wir einer Einladung der vergleichsweise konservativen Hammer-Studios gefolgt und dort beginnt ein Zombiefilm eben, ganz der Tradition verpflichtet, in einer scharf kontrastierenden Parallelmontage, die das "das Eigene" und "das Andere" nachhaltig betont: hier also das beschauliche England, Cornwall, um genau zu sein, dort das geographisch noch nicht näher lokalisierbare Voodooritual mitten im Verlauf, stilecht in einer Grotte, mit exotischen Masken ausgestattet, von monoton vorgetragenen Beschwörungsformeln getragen und von, nunja, trommelnden "Negern" begleitet, deren filmdramaturgischer Zweck sich allein auf eben jenen exotischen Mehrwert reduziert. Dem folgt eine beinahe etwas behäbige Gruselgeschichte um eben jenes Cornwall, in dem auf überaus mysteriöse Weise in den letzten 12 Monaten ein seltsames Sterben die Runde macht. Der noch junge und noch nicht so recht anerkannte Dorfarzt ruft seinen ehemaligen Lehrmeister in den Ort, um mit dessen Hilfe dem Mysterium auf den Grund zu gehen. Dass die eingeschworene (buchstäbliche) Lokalgemeinschaft beiden nicht traut, ist schon allein den Genrekonventionen geschuldet: "Reing'schmeckte" von Außen sind das, Intellektuelle obendrein, die hinter verschlossenen Türen seltsam vor sich hin forschen.
Kurz bevor der Film droht, langweilig zu werden, tritt er gehörig auf's Gaspedal: Das Grauen, zuvor ja immer nur behauptet, tritt ganz offen, schockierend unvermittelt in den Bildkader: Die Gestorbenen werden - "Von wem?" , "Ja, genau darum geht's!" - ausgebuddelt, werden zu Wiederkehrern! Mit formalen Mitteln weiß man dieses "Einbrechen ins Vertraute" zu unterstreichen: Denkbar spektakulär und reißerisch wird der erste Zombie des Films in Szene gesetzt. Was folgt ist eine, für damalige Verhältnisse und für den Kontext des viktorianischen Gothikgruslers, in dem wir uns bewegen, einzigartige Achterbahnfahrt, die mit Schauwerten nicht geizt: Wo hat man schonmal die Übergangsphase vom Toten zum Wiederkehrer derart charmant aufgelöst gesehen? Wo gab es zuvor - später in Genrefilmen oft zitiert! - einen wildgeschwungenen Spaten zur Dekapitation eines Zombies zu sehen? Die existenzialistische Erfahrung, die Entfremdung, die man desnächtens auf dem Friedhof durchlebt, wenn sich vor den eigenen, ungläubigen Augen die Erde auftut und Untote ausspeit, wurde kongenial mit formalen Mitteln zum Ausdruck gebracht! Und der Showdown, ja, mensch, der wilde Showdown nimmt schon wesentliche Aspekte von Fulcis erst 13 Jahre später entstandenem Heuler Woodoo vorweg.
Jedoch, nicht nur allein die Toten kehren wieder, auch den Sets und Locations wird ein zweites Leben gegönnt: wie's bei den Hammer-Schinken der klassischen Horrorphase schöner Brauch ist, wurden die Bauten, aus ökonomischen Gründen, auch für andere Filme verwendet, für Das Schwarze Reptil, um genau zu sein. Auch einige Darsteller sind dieselben, was zu nicht wenigen, schönen Déja-Vu-Effekten führt, vom heimeligen Gefühls des "Alte-Freunde-Wiedersehens" mal ganz abgesehen, wenn sich die selben Gestalten durch die selben Bauten bewegen. Der Fairness halber sei's aber nicht verschwiegen: Plague ist der eigentlich Ältere der beiden Filme, in der filmischen Biographie des Autors dieser Zeilen jedoch der Zweitgesehene!
Fazit? Plague ist ein überaus schöner, nostalgischer Horrorstreifen, den es zu entdecken gilt. Mit einigen ganz köstlichen, kindlich naiven, genau deshalb aber sehr effektiven Spielereien kann er auch heute noch das Herz des Zuschauers erobern. Grund zur Vorfreude gibt's obendrein: der Film ist für den Mai kommenden Jahres von Anolis in der, bislang, voll zu überzeugen wissenden "Hammer-Edition" den deutschen DVD-Markt angekündigt.
Eine Veranstaltung, übrigens, des "CineClub klassisch", der sich über's Web gemeinsam zum Ansehen alter Horrorklassiker, jeweils zuhause, verabredet. Die anschließende Filmdiskussion zu Plague findet sich hier. Eine sehr schöne Idee, der sich weitere Filmenthusiasten und Freunde des altehrwürdigen, modernden Gruslers gerne anschließen dürfen.
Hammer-Retro, Teil 3: 1966 waren die Zombies noch ganz der klassischen Tradition verpflichtet: willenlose Arbeitssklaven, derer man sich mittels exotischer, haitianischer Voodoorituale ermächtigen konnte. Bis zur modernen, esoterischen Hokuspokus gänzlich beraubten Neuinterpretation der Untoten sollte es in der Lumière-Galaxis noch 3 Jahre dauern, erst ein us-amerikanischer Werbefilmer aus Pittsburgh sollte diesen filmgeschichtlich ungemein wichtigen Schritt wagen.
Hier jedoch sind wir einer Einladung der vergleichsweise konservativen Hammer-Studios gefolgt und dort beginnt ein Zombiefilm eben, ganz der Tradition verpflichtet, in einer scharf kontrastierenden Parallelmontage, die das "das Eigene" und "das Andere" nachhaltig betont: hier also das beschauliche England, Cornwall, um genau zu sein, dort das geographisch noch nicht näher lokalisierbare Voodooritual mitten im Verlauf, stilecht in einer Grotte, mit exotischen Masken ausgestattet, von monoton vorgetragenen Beschwörungsformeln getragen und von, nunja, trommelnden "Negern" begleitet, deren filmdramaturgischer Zweck sich allein auf eben jenen exotischen Mehrwert reduziert. Dem folgt eine beinahe etwas behäbige Gruselgeschichte um eben jenes Cornwall, in dem auf überaus mysteriöse Weise in den letzten 12 Monaten ein seltsames Sterben die Runde macht. Der noch junge und noch nicht so recht anerkannte Dorfarzt ruft seinen ehemaligen Lehrmeister in den Ort, um mit dessen Hilfe dem Mysterium auf den Grund zu gehen. Dass die eingeschworene (buchstäbliche) Lokalgemeinschaft beiden nicht traut, ist schon allein den Genrekonventionen geschuldet: "Reing'schmeckte" von Außen sind das, Intellektuelle obendrein, die hinter verschlossenen Türen seltsam vor sich hin forschen.
Kurz bevor der Film droht, langweilig zu werden, tritt er gehörig auf's Gaspedal: Das Grauen, zuvor ja immer nur behauptet, tritt ganz offen, schockierend unvermittelt in den Bildkader: Die Gestorbenen werden - "Von wem?" , "Ja, genau darum geht's!" - ausgebuddelt, werden zu Wiederkehrern! Mit formalen Mitteln weiß man dieses "Einbrechen ins Vertraute" zu unterstreichen: Denkbar spektakulär und reißerisch wird der erste Zombie des Films in Szene gesetzt. Was folgt ist eine, für damalige Verhältnisse und für den Kontext des viktorianischen Gothikgruslers, in dem wir uns bewegen, einzigartige Achterbahnfahrt, die mit Schauwerten nicht geizt: Wo hat man schonmal die Übergangsphase vom Toten zum Wiederkehrer derart charmant aufgelöst gesehen? Wo gab es zuvor - später in Genrefilmen oft zitiert! - einen wildgeschwungenen Spaten zur Dekapitation eines Zombies zu sehen? Die existenzialistische Erfahrung, die Entfremdung, die man desnächtens auf dem Friedhof durchlebt, wenn sich vor den eigenen, ungläubigen Augen die Erde auftut und Untote ausspeit, wurde kongenial mit formalen Mitteln zum Ausdruck gebracht! Und der Showdown, ja, mensch, der wilde Showdown nimmt schon wesentliche Aspekte von Fulcis erst 13 Jahre später entstandenem Heuler Woodoo vorweg.
Jedoch, nicht nur allein die Toten kehren wieder, auch den Sets und Locations wird ein zweites Leben gegönnt: wie's bei den Hammer-Schinken der klassischen Horrorphase schöner Brauch ist, wurden die Bauten, aus ökonomischen Gründen, auch für andere Filme verwendet, für Das Schwarze Reptil, um genau zu sein. Auch einige Darsteller sind dieselben, was zu nicht wenigen, schönen Déja-Vu-Effekten führt, vom heimeligen Gefühls des "Alte-Freunde-Wiedersehens" mal ganz abgesehen, wenn sich die selben Gestalten durch die selben Bauten bewegen. Der Fairness halber sei's aber nicht verschwiegen: Plague ist der eigentlich Ältere der beiden Filme, in der filmischen Biographie des Autors dieser Zeilen jedoch der Zweitgesehene!
Fazit? Plague ist ein überaus schöner, nostalgischer Horrorstreifen, den es zu entdecken gilt. Mit einigen ganz köstlichen, kindlich naiven, genau deshalb aber sehr effektiven Spielereien kann er auch heute noch das Herz des Zuschauers erobern. Grund zur Vorfreude gibt's obendrein: der Film ist für den Mai kommenden Jahres von Anolis in der, bislang, voll zu überzeugen wissenden "Hammer-Edition" den deutschen DVD-Markt angekündigt.
Eine Veranstaltung, übrigens, des "CineClub klassisch", der sich über's Web gemeinsam zum Ansehen alter Horrorklassiker, jeweils zuhause, verabredet. Die anschließende Filmdiskussion zu Plague findet sich hier. Eine sehr schöne Idee, der sich weitere Filmenthusiasten und Freunde des altehrwürdigen, modernden Gruslers gerne anschließen dürfen.
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