Thema: literatur
Ich sitze auf der Parkbank und lese Thomas Pynchons Gravity's Rainbow, als sich ein, schätze ich, 20jähriger neben mich setzt und Dr. Sex von T.C. Boyle in der Hardcover-Fassung aufschlägt. Zuvor hatte er sich den Weg durch die gröhlenden Hartz-IV-Opfer gebahnt, die den Boxie immer dann umgehend mit vielen Flaschen Bier bewaffnet einen Sommer lang in Beschlag nehmen, wenn sich die ersten Sonnenstrahlen bemerkbar machen. Offenbar wähnte er in mir einen Verbündeten, zumindest lächelt er mich auf seltsame, mir allerdings vollkommen unsympathische Weise an, als er sich neben mir niederlässt und das Buch eine Spur zu demonstrativ aufschlägt.
Boyle mochte ich mal ganz gerne, ist aber auch schon einige Jahre her. Das letzte Buch, das ich von ihm gelesen habe, habe ich nicht zuende geschafft, weil es mich geschafft hat; immer dieses zwanghafte Verschrobene, immer diese ähnlichen Versatzstücke und Formulierungen, mit denen er seine Romane zusammenschraubt (was, zugegeben, auch eine Schwäche der Übersetzung sein könnte, üblicherweise bin ich viel zu faul für originalsprachliche Ausgaben). Aber mir scheint, dem Jungen neben mir gefällt das, sicher, für einen Frühlingstag ist das gute Lektüre für einen Schmökerer. Und er sieht auch ein bisschen so aus, wie man sich einen Schmökerer vorstellen kann, so eine Spur zu bieder, zu hilflos geraten.
Bal geht er auch schon wieder mit seiner unterhaltsamen Ferienlektüre, viele Seiten hat er nicht geschafft. Ich glaube, dreimal ein Blättern gehört zu haben. Vielleicht waren ihm die Gröhler mit ihren Hunden zuviel oder aber er hatte sich das irgendwie etwas romantischer vorgestellt, eben so im Park sitzen und lesen und all das. Keine Ahnung. Ich verbeiße mich wieder in Gravity's Rainbow (den ich natürlich auf Deutsch lese, aus obengenannten Gründen, aber der englische Titel hat einfach mehr Klang als der deutsche), dieses unfassbar in sich verkarstete, schillernde, faszinierende Werk. Uni-Lektüre ist das (und ich bin froh drum, ehrlich gesagt, dass ich studiere, mit was ich mich ohnehin gerne und oft befasse, zumindest fast immer), ein Seminar bei Kittler wird sich ausschließlich mit diesem Buch befassen. Ich bin gespannt.
"Geht alle scheißen!" sagte Slothrop.
Boyle mochte ich mal ganz gerne, ist aber auch schon einige Jahre her. Das letzte Buch, das ich von ihm gelesen habe, habe ich nicht zuende geschafft, weil es mich geschafft hat; immer dieses zwanghafte Verschrobene, immer diese ähnlichen Versatzstücke und Formulierungen, mit denen er seine Romane zusammenschraubt (was, zugegeben, auch eine Schwäche der Übersetzung sein könnte, üblicherweise bin ich viel zu faul für originalsprachliche Ausgaben). Aber mir scheint, dem Jungen neben mir gefällt das, sicher, für einen Frühlingstag ist das gute Lektüre für einen Schmökerer. Und er sieht auch ein bisschen so aus, wie man sich einen Schmökerer vorstellen kann, so eine Spur zu bieder, zu hilflos geraten.
Bal geht er auch schon wieder mit seiner unterhaltsamen Ferienlektüre, viele Seiten hat er nicht geschafft. Ich glaube, dreimal ein Blättern gehört zu haben. Vielleicht waren ihm die Gröhler mit ihren Hunden zuviel oder aber er hatte sich das irgendwie etwas romantischer vorgestellt, eben so im Park sitzen und lesen und all das. Keine Ahnung. Ich verbeiße mich wieder in Gravity's Rainbow (den ich natürlich auf Deutsch lese, aus obengenannten Gründen, aber der englische Titel hat einfach mehr Klang als der deutsche), dieses unfassbar in sich verkarstete, schillernde, faszinierende Werk. Uni-Lektüre ist das (und ich bin froh drum, ehrlich gesagt, dass ich studiere, mit was ich mich ohnehin gerne und oft befasse, zumindest fast immer), ein Seminar bei Kittler wird sich ausschließlich mit diesem Buch befassen. Ich bin gespannt.
"Geht alle scheißen!" sagte Slothrop.
° ° °
kommentare dazu:
christian123,
Dienstag, 25. April 2006, 14:17
Das funktioniert halt nicht so recht mit dem Lesen, wenn man sich dabei auf das Erzeugen des Eindrucks konzentriert, den, in dem Moment, das eigene Lesen äußerlich auf jene, die einen für das, was man liest, bewundern sollen, macht. Am liebsten immer nur die abgeranztesten Ausgaben mit den peinlichsten Covern lesen, dann ist es völlig unmöglich, noch sich irgendwas auf den Eindruck, den die eigene Lektüre äußerlich vermitteln mag, einzubilden, und man kann sich endlich aufs Lesen selbst konzentrieren :-)
christian123,
Dienstag, 25. April 2006, 15:05
Nevermind :-D
Machst du eigentlich dieses Semester irgendwas in Filmwissenschaft, oder zu was eiltest du gestern so geschwind ins Institut?
Machst du eigentlich dieses Semester irgendwas in Filmwissenschaft, oder zu was eiltest du gestern so geschwind ins Institut?
thgroh,
Dienstag, 25. April 2006, 15:12
Ich habe mich gestern noch spontan dazu entschlossen, bei "Filmkritik mit Bert" vorbeizuschauen und als ich da an Euch vorbeieilte, war ich schon zwei Minuten zu spät
Erster Eindruck war prima und werde das dann wohl auch machen, als allerdings einzige Veranstaltung. "World Cinema" bei Simon klang noch sehr verlockend, aber ich will dieses Semester generell etwas auf Sparflamme setzen, zumal ich meine SWS eh schon abgeleistet habe.
Was besuchst Du denn so?
Erster Eindruck war prima und werde das dann wohl auch machen, als allerdings einzige Veranstaltung. "World Cinema" bei Simon klang noch sehr verlockend, aber ich will dieses Semester generell etwas auf Sparflamme setzen, zumal ich meine SWS eh schon abgeleistet habe.
Was besuchst Du denn so?
christian123,
Dienstag, 25. April 2006, 15:39
Einen Prüfungsschein machen, um mal Magistersprache zu imitieren, werde ich wahrscheinlich in Filmwissenschaft dieses Semester nirgends (stattdessen will ich etwas in Philosophie aufholen, mal endlich den guten Marx lesen usw.), aber teilnehmen tu ich wahrscheinlich dennoch bei "Transmediale Narrativität" am Montag (da bringe ich mich bereits für ein Referat zur Computerspielspielnarration im medialen Spannungsfeld zwischen Film und Comic wahrscheinlich anhand von Max Payne I+II ein :-) ), "Aspekte der digitalen Kinoästhetik" am Mittwoch (der Morsch scheint da einige interessante Fässer von HDTV bis zu Machinima- und Flash-Filmen aufzumachen) und eben "World Cinema" am Freitag, wo ich mir diese Woche endlich mal den so gelobten "Tropical Malady" anschauen werde können :-)
Oh, und auch das Seminar zu "Immersion" (auch bezogen auf ein breiteres Feld von Film über Literatur bis zu Videospielen) schaue ich mir an, allerdings ist da noch wegen recht geringer Teilnahme unklar, inwieweit es überhaupt stattfinden wird. (Anfängliche IMAX-Besuche usw. scheinen aber soweit gesichert.)
Oh, und auch das Seminar zu "Immersion" (auch bezogen auf ein breiteres Feld von Film über Literatur bis zu Videospielen) schaue ich mir an, allerdings ist da noch wegen recht geringer Teilnahme unklar, inwieweit es überhaupt stattfinden wird. (Anfängliche IMAX-Besuche usw. scheinen aber soweit gesichert.)
christian123,
Dienstag, 25. April 2006, 15:41
Oh, und, äh, ich frag mal so unverfrohren, macht der werte Herr Rebhandl die Filmkritik wieder nach dem Konzept "jede Woche einen Film schauen und bei der nächsten Sitzung besprechen" oder eher als Lektüreseminar? Wenn ersteres, steht für nächste Woche schon ein Film an? Das mit der Filmkritik sich überschneidende "Transmediale Narrativität" ist nämlich nur 14tägig, da könnte ich mich eigentlich jede zweite Sitzung trotzdem wieder in die Filmkritik begeben, anstatt die Freistunden doof rumzulungern ...
thgroh,
Mittwoch, 26. April 2006, 23:04
Ich werde mir mal den Fahrplan für "World Cinema" holen und mich dann u.U. in interessante Filmsichtungen mit reinsetzen.
Zu Rebhandl: Das wird wohl eher ein Lektüreseminar mit gelegentlichen Kinogängen. Für die nächste Sitzung (am 08.05. - 01.Mai fällt aus) ist Mord und Margaritas als Kinofilm angesetzt.
Zu Rebhandl: Das wird wohl eher ein Lektüreseminar mit gelegentlichen Kinogängen. Für die nächste Sitzung (am 08.05. - 01.Mai fällt aus) ist Mord und Margaritas als Kinofilm angesetzt.
maz,
Dienstag, 25. April 2006, 14:24
Ich muss gestehen, dass ich Pynchon auch auf Deutsch lese. Habe versucht eines seiner Bücher auf Englisch hinzukriegen - wurde ziemlich schnell kirre.
Vor einigen Wochen lief eine sehr interessante Dokumentation über den großen Unbekannten.
Vor einigen Wochen lief eine sehr interessante Dokumentation über den großen Unbekannten.
thgroh,
Dienstag, 25. April 2006, 14:57
Ja, auf Englisch - vergisses, geht nicht klar! :-D
Die Doku war dann wohl die Journey into the mind of [p.]? Die fand ich ganz okay und kurzweilig, allerdings leider auch nie so richtig richtig toll.
Die Doku war dann wohl die Journey into the mind of [p.]? Die fand ich ganz okay und kurzweilig, allerdings leider auch nie so richtig richtig toll.
maz,
Dienstag, 25. April 2006, 15:08
Genau.
soralis,
Donnerstag, 27. April 2006, 16:45
Geht alle scheißen, wird mein Jahreslieblingsmotto.
Schon ne feine Sache, die Konditionierung.
Das Buch ist schon fast gekauft.
Schon ne feine Sache, die Konditionierung.
Das Buch ist schon fast gekauft.
thgroh,
Donnerstag, 27. April 2006, 20:12
Das Buch sollte selbstredend in jeder literarisch gut sortierten Privatbibliothek stehen - zumal es darin ja auch entschieden um Konditionierung geht. Der helle Wahnsinn was darin - auf jeder nur erdenklichen Ebene - geschieht, und zuweilen irre komisch ist es obendrein (wenn auch auf sehr verschrobene Weise).
roland,
Sonntag, 30. April 2006, 02:06
ich hab vier anläufe gebraucht, dann hab ich ja im letzten sommer endlich das buch doch ganz gelesen. was mich ganz gut durch gebracht hat, war: einfach nicht auf "ergebnis" lesen, sondern dem sprachmäander sich letztlich hingeben. aber es gibt doch ein paar stellen, die mich schlicht überforderten. kapiert hab ich das z. b. nicht mit dem oktopus . du?
thgroh,
Sonntag, 30. April 2006, 16:08
Ja - "Ergebnislesen" ist hier gewiss nicht angebracht, ich halte das auch wie Du: "Hier-und-jetzt"-Lektüre, mit gelegentlichen Querverstrebungen.
Der Octopus, oh weh, da fragst Du was. Den sprechenden Hund bei Mason & Dixon habe ich ja auch schon nicht verstanden... Ich denke mal, das sind die Pynchon'esquen Surrealismen, derer er sich im Vorwort zu Slow Learner ja auch für schuldig bekennt. Und dann tauchen Octopusen/Octopusi/Octopüsse (?) auch immer in Comics und Pulp-Hefterln auf. Vielleicht ist das so ein Wink in diese Richtung, so von wegen postmodern, E- und U und so. Ach, keine Ahnung :-D
Der Octopus, oh weh, da fragst Du was. Den sprechenden Hund bei Mason & Dixon habe ich ja auch schon nicht verstanden... Ich denke mal, das sind die Pynchon'esquen Surrealismen, derer er sich im Vorwort zu Slow Learner ja auch für schuldig bekennt. Und dann tauchen Octopusen/Octopusi/Octopüsse (?) auch immer in Comics und Pulp-Hefterln auf. Vielleicht ist das so ein Wink in diese Richtung, so von wegen postmodern, E- und U und so. Ach, keine Ahnung :-D
roland,
Freitag, 5. Mai 2006, 19:33
hallo, bisschen spät, hatte ganz meinen kommentar hier vergessen :)
oktopusse, ja, irgendwo vorher, also bevor das dings da als konditionierer verwendet wird oder wie auch immer, taucht das ja auch als so eine art riesenkrake im sinne von leviathan oder so auf, da hab ich auch ganz konkret an dieses monsterriesendings am schluss von the watchmen gedacht.
ach übrigens:
http://www.cyrune.com/pulp.html
(aus meiner pulp-links-sammlung)
edit: das vorwort finde ich übrigens mit das beste an der kurzgeschichtensammlung (am besten aber die längste geschichte, weiß jetzt grad den titel nicht, mit den jungs, die in das haus einbrechen, ist wahrscheinlich sogar slow learner)
oktopusse, ja, irgendwo vorher, also bevor das dings da als konditionierer verwendet wird oder wie auch immer, taucht das ja auch als so eine art riesenkrake im sinne von leviathan oder so auf, da hab ich auch ganz konkret an dieses monsterriesendings am schluss von the watchmen gedacht.
ach übrigens:
http://www.cyrune.com/pulp.html
(aus meiner pulp-links-sammlung)
edit: das vorwort finde ich übrigens mit das beste an der kurzgeschichtensammlung (am besten aber die längste geschichte, weiß jetzt grad den titel nicht, mit den jungs, die in das haus einbrechen, ist wahrscheinlich sogar slow learner)
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