01.01.2004, Heimkino

Der erste Film des Jahres am ersten Tag des Jahres. Und welchen Film könnte man sich an diesem traditionell aus naheliegenden Gründen eh meist recht bedächtig und unspektakulär begangenen Tag besser genehmigen, als diesen knapp dreieinhalbstündigen, farbenprächtigen Ausflug in die Welt des kommerziellen Kinos Indiens? Zumal die Struktur des Films - erzählt werden eigentlich zwei Filme, von einer Intermissions-Tafel getrennt, die sich sowohl geografisch, bildästhetisch und auch auf der Zeitlinie stark voneinander unterscheiden - dem Zuschauer doch recht entgegenkommt, der nach der ersten Hälfte des Films locker-leicht etwa ein Abendmahl zubereiten kann, ohne das Gefühl zu haben, dadurch zu sehr aus dem Film geschmissen zu werden.



Der Titel ist Programm. Die Tonspur unterstreicht das, indem sie den indischen Originaltitel als Song immer wieder in den Film einfließen lässt und benennt somit die Essenz des Unterhaltungskinos: Mal fröhlich, mal traurig - und jeweils mit ganz großem Sentiment im Bildkader umgesetzt. Der Eindruck vom Bollywood-Kino, das großen Kitsch, große Rührseligkeit unbefangen und auch für dem ansonsten kritisch gegenüberstehenden Filmfreund goutierbar inszeniert, als ein filmischen Ausdrucksformen gegenüber sehr bewusstes und diese reflektierendes Kino festigt sich. Der Film mäandert förmlich um das, was andere Formen des Unterhaltungskinos manifest und verbindlich als Bildinhalt zu inszenieren pflegen: Es ist nicht wichtig, Entwicklungen von Liebesbeziehungen und Sympathien en detail zu chronologisieren, wenn man dies genausogut auch mit Tänzen und Gesängen zum Ausdruck bringen kann: Wesentliche Elemente - erste Begegnung, Annäherungen und dergleichen - werden teils ausschließlich in den Choreografieszenen kommuniziert. Und das Artifizielle der Erzählweise - etwa wenn des Vaters Worte, wenn er den Konflikt des Films lostritt, in jeder Pause von einem Donnergrollen unterstrichen werden - wird zum vorrangigen Element dieses Kinos, in dem es (beinahe) nie um äußere Realität geht, sondern eben um Kino selbst in reiner, und somit offen konstruierter Form, die den Zuschauer zur Auseinandersetzung mit den grundlegenden Semantiken von Film selbst beinahe schon zu zwingen scheint.

Bei allen Bedenken, die man auf ideologischer Ebene gegen ihn hegen kann, ein schöner Film, der, wenn man dieser Besprechung Glauben schenken mag (und ich sage mal: ich tu's), zwar anderen Werken aus der Filmschmiede Bollywoods nicht das Wasser reichen kann, wohl aber, wie im Jahr zuvor bereits Lagaan (Indien 2001), auf diese großen Appetit macht. Mal schauen, was die Zukunft bringt.

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