Das ist für mich ein Grund, FAZ und SZ erstmal bis auf weiteres nicht mehr zu kaufen. Ihr Penner solltet lieber mal Internet kapieren (z.B. heißt "eine Website haben" in etwa soviel wie "Sachen veröffentlichen, damit jeder sie lesen kann" und eben nicht "alles verstecken, damit es keiner lesen kann"), statt Internet zu verklagen.

Dem Perlentaucher viel Erfolg. Ich bin zuversichtlich.


° ° °




kommentare dazu:



kid37, Freitag, 13. Oktober 2006, 19:28
Oha, das ist ja wirklich ärgerlich. Allerdings kennt man nicht die Details der Klage. Es klingt ein wenig so, als hätte der Perlentaucher die "Zitate" weitervermarktet? Das würde die Sache ein wenig anders aussehen lassen.


thgroh, Freitag, 13. Oktober 2006, 19:43
Es geht wohl darum, dass der Perlentaucher seine Rezensionszusammenfassungen von der tägl. Bücherschau nicht mehr an weitere Anbieter, wie beispielsweise buecher.de, verkaufen soll. Natürlich ist dieser Lizenzmarkt für Printmedien ein sehr interessanter; FAZ und SZ lizenzieren ja bereits eifrig Buchrezensionen an div. Onlinebuchhandel und lassen sich das von diesen ordentlich bezahlen.

Ich interpretiere diese Auseinandersetzung deshalb auch schon eher als den Versuch, die eigenen Claims abzustecken und einen missliebigen (und vermutlich wesentlich günstiger auftretenden) Konkurrenten vom Markt zu halten, um die eigenen Preise halten zu können. So erklärt sich auch das Kuriosum, dass zwar nicht gegen die Website des Perlentauchers, sondern nur gegen dessen Auftreten im eigenen Markt vorgegangen wird.

Die Perlentaucher-Texte halte ich jedenfalls im hinreichenden Maße für "eigene Leistungen", zumal das Genre der Presseschau ein übliches journalistisches ist. Kritik ist ebenso wie alles andere, was im Journalismus berücksichtigt wird, ein Phänomen von öffentlichem Interesse und entsprechend auch ein Gegenstand von Berichterstattung (und eben diese ist ja, womit journalistische Medien so ihre Brötchen verdienen).

Weiterhin hat vor allem die FAZ ja auch nie einen Hehl darum gemacht, dass sie den Perlentaucher, auf deutsch gesagt, ziemlich beschissen findet. Hier wird nach meinem Dafürhalten ein Kleinkrieg mittels eines billigen Anlasses auf juristisches Parkett gehievt. Und das halte ich für unanständig und verflucht schlechten Stil.


kid37, Freitag, 13. Oktober 2006, 19:52
Die Übernahmen aus den Zeitungen werden sicher durchs Zitatrecht gedeckt sein. Wenn die eigenen Texte wirklich in voller Länge (und nicht wieder aufs Zitat heruntergedampft) vermarktet werden, sollte das ja wohl gehen. Die möglichen Motive, die Sie benennen, klingen schlüssig. Details wird man wohl bald irgendwo erfahren (die Verhandlung war wohl schon gestern?).


kid37, Samstag, 14. Oktober 2006, 01:50
Nachtrag: Ich lese gerade in der BZ, daß die verkauften "Zusammenfassungen" beanstandet werden. Da bin ich jetzt aber auf den Richterspruch gespannt.


thgroh, Samstag, 14. Oktober 2006, 01:52
joa, schreibe ich ja oben ;-)

Und die "Berliner Zeitung" niemals "BZ" nennen; die "BZ" ist nämlich das Boulevard-Gesindel aus der Hauptstadt, hat aber mit der "Berliner Zeitung" nüschte am Hut ;-)

(sangsie mal, warn sie heute abend in der Strychnin-Gallerie?)


knoerer, Samstag, 14. Oktober 2006, 18:03
Disclaimer: Ich bin zwar Mitarbeiter des Perlentaucher, aber ich weiß über Einzelheiten und den Verlauf der mündlichen Verhandlung nicht mehr, als in den Zeitungen zu lesen war.

Die Interessen bei der Sache scheinen sonnenklar. Es bleibt meiner Ansicht nach aber absurd, nur im Weiterverkauf eine Verletzung des Urheberrechts zu sehen. Entweder oder.

Das wirkliche Problem ist wohl tatsächlich die "eigene Leistung"; und da scheint die deutsche Rechtsprechung bisher nicht zu eindeutigen Resultaten gekommen zu sein. Es gibt wohl so etwas wie krude Quantitätsvorstellungen im Verhältnis eigener Text und zitierter Text. Ich habe hunderte, eher tausende, dieser Zusammenfassungen geschrieben und kann nur sagen, dass schon im Verstehen bzw. Verständlichmachen vieler Rezensionen eine "eigene Leistung" vorliegt; in der Auswahl der relevanten Punkte ebenso wie im Formulieren des eigenen Verstehens der Aussage des fremden Textes. Das Zitat aus der Kritik ist nicht einfach Wiederholung, sondern Illustration des eigenen Verstehens des fremden Textes.

Aber wie gesagt: solche Feinheiten der Hermeneutik interessieren deutsche Richter wohl nicht so sehr. Die denken, scheint's, bisher eher in Prozenten des Zitatanteils, ganz so, als wären Texte im Grunde Wurst. (Wobei man natürlich sagen kann, dass Wurst auch nur deshalb funktioniert, weil man Knochen, Hirn und was immer da Ekliges reinkommt, im Produkt nicht mehr erkennt.)

Kurzum: Ich bin auf den Richterspruch auch gespannt.


kid37, Samstag, 14. Oktober 2006, 18:59
(@ TG: Ditte mit den Berliner Feinheiten lerne ich wohl nie. Und nein, ich hatte zwar eine Einladung zu David Hochbaums Vernissage, konnte aber leider nicht. Vielleicht schaffe ich es Anfang November noch.)

Dieses quantitative Auszählen von Fremd- und Eigenanteil ist natürlich eine Hilfskonstruktion. Andererseits haben Gerichte ab und an fairerweise darauf hingewiesen, daß sie sich eben nicht zu "Kunstrichtern" aufspielen und deshalb nicht den Inhalt, sondern ausschließlich die Form beurteilen wollen. Wenn man sieht, welche Interpretationsvarianzen mitunter baustatische Gutachten schon haben... Schwierig.

Diese Auseinandersetzung dürfte auch alle anderen Vertreiber eines Pressespiegels interessieren - scheint so, als würden tatsächlich die Claims neu abgesteckt. Viel Glück!


thgroh, Samstag, 14. Oktober 2006, 19:33
Na, was ein Glück dann für mich, dass ich Sie dort nicht angesprochen habe; ich war ja wirklich kurz davor. ;-)

Die ausgestellten Arbeiten sind jedenfalls sehr hübsch, allerdings werde ich sie mir mit etwas weniger Trubel drumherum nochmal anschauen. Ist ja auch glücklicherweise gleich in der Nachbarschaft.



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