Thema: literatur
[verlagsinfo]
Großes Vergnügen zuletzt: Die Schwarze Messe, Nicht-so-sehr-aber-doch-schon-auch-Kriminalroman von Charles Willeford. Komik (eine sehr groteske Form davon zumindest) und Schrecken liegen hier in einer Weise dicht beisammen, die an Grundfesten des Miteinanders rüttelt; und die Figur ist ein Man who wasnt' there, der schon alleine deshalb nicht da ist, weil es ihn gar nicht zu geben scheint, so sehr ist er Loch, in das alles reinfällt und das als solche dennoch adressierbare Stelle das größte Unheil heraufbeschwört. Er ist nicht so sehr amoralisch im eigentlichen Sinne, da er kaum nutz- oder zielgerichtet handelt; vielmehr steht er neben sich und schaut und berichtet und wir stehen eine weitere Nuance noch daneben und die Umstände ergeben sich, weil er sich ihnen ergibt und rückblickend das beste draus macht, weil er grundsätzliche Verpflichtungen, die sich aus Sozietät ergeben, scheint's, schlicht nicht kennt. In seinen besten Momenten kann man sich das fiese Grinsen, auch das Loslachen kaum verkneifen; schon alleine weil der lakonische Zynismus (wobei, ob Zynismus da wirklich das beste Wort ist?), der dem Buch zu Grunde liegt, nicht so sehr auf erster Ebene ausformuliert wird, sondern ganz im Hintergrund bleibt, durch den Text hindurch scheint, als Geste des Schriftstellers, der grundsätzlich mit dem Ich-Erzähler nicht zu verwechseln ist.
Ich könnte wohl noch manches, und bessere Literaturkenner als ich sicherlich noch weit mehr, über diesen Roman schreiben, der nun, 1958 erstmals erschienen, seit kurzem auch in deutscher Übersetzung vorliegt, was der ohnehin verdienstreichen Reihe "Pulp Master" kaum genug zu danken ist. Im schönen und unbedingt lesenswerten Nachwort von Ekkehard Knörer steht indes alles, was man wohl sagen könnte, schon geschrieben; und selbstverständlich hat er Recht - auch wenn manche das nicht wahrhaben wollen -, wenn er das Buch schlußendlich zu einem der großen des 20. Jahrhunderts erklärt.
Tun Sie sich einen Gefallen und lassen Sie mal von den ganzen großen und etablierten Namen des Literaturbetriebs für den Winter ein wenig ab. Geben Sie einem kleinen, höchst ambitionierten Verlag eine Chance, der in schöner Regelmäßigkeit Großartiges leistet, und vor allem Charles Willeford, von dem ich jetzt unbedingt mehr lesen muss. Auch der ebenfalls immer empfehlenswerte Alexander Verlag hat hier in letzter Zeit einige Veröffentlichungen angestrengt.
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kommentare dazu:
mutant,
Samstag, 28. Oktober 2006, 02:58
willeford eh sehr gut!
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