Ab 1986 wurden in Mauretanien schwarze Intellektuelle, die für Gleichberechtigung kämpften, vom herrschenden Regime systematisch Repressalien ausgesetzt. Dazu gehörte unter anderem die 'Verwahrung' der Gesellschaftskritiker in einem weit in der Wüste gelegenen Sicherheitsgefängnis unter haarsträubenden Bedingungen - angeblich nur "bis zum Beginn der Gerichtsverhandlung". Die Realität aber sprach ein Wärter aus: "Hier kommt ihr her, um zu sterben." - Der Bau ist Teil einer systematischen Aushungerungs- und Verelendungsstrategie. Erst als zwei der auf diese Weise Inhaftierten unter den Bedingungen zusammenbrechen und sterben, richtet sich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den "Kreis der Ertrunkenen" (so der Titel in deutscher Übersetzung): 'Glücklicherweise' starben zwei prominente Figuren - ein Literat und ein Minister - und 'retteten' so das Leben der Anderen, kommentiert einer von diesen lakonisch das Ende seiner Haftzeit in den frühen 90er Jahren.
Le Cercle des Noyés lässt einen der Überlebenden zu Wort kommen, buchstäblich: Er ist nur auf der Tonspur präsent, erzählt - oft literarisiert-lakonisch, dann wieder voller Details - von den Umständen der Haft. Die Worte sind langsam gesprochen, quellen eher über Lippen, als dass sie rakontieren.
Auf der Bildebene hingegen ist Le Cercle des Noyés in vollendeter Konsequenz als Geste der Verweigerung des horriblen Bildes zu verstehen: Zwar war der Regisseur nach Mauretanien gereist, doch bleiben seine Bilder, als Erzählendes, stumm: Eine lange Einstellung zeigt eine Asphaltstraße durch die Wüste, Autos, die vorbeifahren. Windgeräusche. Dazu der stete voiceover, dann wieder ein Wüstenpanorama, in der Mitte des Bildes, weit entfernt, ein Hügel, darauf das Gefängnis als tiefschwarzer Fremdkörper inmitten der Landschaft. Der gesamte Film ist fast schon chromatisch grau, schwarzweiß ist das nicht mehr zu nennen.
Bild und Ton ergeben selten auf eine Anhieb eine Einheit. Der minutenlange Blick ins 'Nichts' entwickelt durée, Monotonie. Die Aufmerksamkeit versinkt ganz in die Stimme. Ein Verweilen im Schrecken, der durch keine Bilder mehr darzustellen ist. Oft werden Träume des Inhaftierten illustriert, der Traum von einem Schlachthof etwa: Dokumentarisch, nicht 'traumhaft'.
Der Riss im Leben, das Trauma des Folterschreckens - beides ergibt hier keine Überwältigungsstrategie - weder ästhetisch, noch motivisch. Man hört zu, diesem einen Menschen, dem unmenschliches widerfahren ist.
Fast schockartig ist ein Moment gegen Ende: Erstmals sieht man vor sich einen Menschen, der spricht: Er entpuppt sich als einer der Wärter. Er spricht davon, Mitleid gehabt zu haben. Dass nicht er schuld gehabt habe, dass nicht er verantwortlich gewesen sei.
Der Reichtum des Filmes ist seine Armut an Gesten des Sentiments.
info-site (forum)
kommentare dazu:
...bereits 1737 x gelesen