Thema: Filmtagebuch
Schade, Teil 3 der so geglückt begonnenen und ebenso fortgesetzten Reihe enttäuscht zumindest leise. Dass Teil 1 und 2 so quirlige movies im besten Sinne waren, lag, nach meinem Empfinden, vor allem auch daran, dass Raimi zwar Spektakelkino betrieb, ohne dabei aber einer Logik der Überbietung zu verfallen, die sich alles unterordnet. Sicherlich setzte Teil 2 einige neue Standards in Sachen neuer, computerinduzierter Kinetik und also Bewegungsfreiheit; dennoch überwogen zum Gelingen der Veranstaltung kompositorische Aspekte diejenigen bloßer Ausstellung und digitaler Muskelkraft.
Ein solches ausgewogenes Mischverhältnis erreicht Teil 3 in fast keinem Moment. Dafür gibt es Mehr von Allem. Mehr Konflikt, mehr atemberaubend Anzusehendes, mehr Bösewichte. Der Film selbst läuft dabei munter aus dem Ruder und dies nicht unbedingt zu seinem Vorteil.
Die Story bleibt im Vagen und übersteigt Reißbrettcharakter kaum. Alte Konflikte werden hinübergehievt und es dauert recht lang, bis eine Richtung deutlich wird. An allen Ecken und Enden kommen neue Schurken ins Spiel, die ihrerseits erst eingeführt werden müssen, was nicht immer ganz elegant geschieht. Da sich die einzelnen Teile nur mühselig ineinander schieben, ohne sich dabei je befriedigend zu verdichten (fast immer ist alles absehbar), bringt man oft ganze Passagen damit zu, den Film in seinem Verlauf lediglich zu registrieren, statt an ihm teilzuhaben. Vielleicht habe ich mich im letzten halben Jahr einfach nur zu viel mit narrativ avancierten und komplexen TV-Serien befasst; dennoch muss ich einfach sagen: Zuweilen hat das schon genervt. Weil's eben vor allem an soap operas und telenovelas erinnerte: Wer hat wessen Vater aus der Welt geschafft und dafür mit wessen Freundin wann gepennt und, ach, dergleichen mehr... Wobei eines schließlich doch zu bemerken ist: Spider-Man 3 ist, was Narration betrifft, monströs zusammengesetzt und doch erzählt sich in ihm über weite Strecken ein so derartiges Nichts, dass man über solche Gegensätze fast schon wieder staunen muss.
Irgendwann, aus heiterem Himmel, kommt dann aber doch der erste Bösewicht. Und also die erste Actionsequenz. Sie lässt einiges erahnen, was sich später bewahrheiten wird: Im Sinne von "Viel hilft viel" wird man hier in eine lediglich der Verwirrung dienliche Abfolge von "Raumereien" geschmissen, was ja gerade die Unsitte von zeitgenössischen Actionfilmen ist, die in den vorherigen Spider-Man-Filmen zumindest nicht derart exzessiv betrieben wurde (ich erinnere mich eher an ein paar hübsch aufgeräumte, und gerade dennoch sehr imposante Sequenzen). Einen Gewinn schlägt Spider-Man 3 daraus nicht: Statt Achterbahn gibt's zumeist zerfasert Anzusehendes, sobald etwas Schwung in die Körper kommt.
Überhaupt, die Schurken. Allesamt sehr interessante Figuren und jede eines Filmes würdig. Spider-Man 3 packt jedoch so viel in sich, dass sich von jedem zwar je ein Drittel erahnen lässt, die drei zusammen genommen aber dennoch nicht einmal die Summe ihrer Teile ergeben, sondern eben weniger. Da das Drehbuch überdies keinem dramaturgischen Aufbau folgt, sondern, gelinde gesagt, arge Zeitmanagment-Probleme aufweist und streng nach der Logik momentanen Bedarfs zu funkionieren scheint, wirkt das ganze wie eine geplatzte Wundertüte, deren am Boden herumliegende Einzelteile aufzusammeln offenbar die Mühe nicht lohnte. Weshalb sie sich ja auch keiner gemacht hat.
Vielleicht ist das Potenzial der Titelfigur auch langsam ausgereizt. Von den Heften und Paperbacks konnte ich ja auch immer nur ganz wenige lesen und dann war auch einfach mal gut, zumal Parker als Charakter, naja, schon eher wenig mitreißend ist. Von der vermeintlichen "Nähe" der Figur, weil sie soviele Alltagsprobleme habe, konnte ich jedenfalls nie viel spüren; wie unedlich vielversprechender und unauslotbarer sind dagegen die Abgründe, die in Batman vom Konkurrenzverlag angelegt sind (soviel zu diesem ewigen Streit).
Dennoch gibt's in Spider-Man 3 auch einige hübsche Beobachtungen zu machen. Tobey Maguire beispielsweise sieht jetzt aus wie ein Teig mit Mund, vom alten feinen Schnitt im Gesicht ist nüscht geblieben. Ist da nicht auch die Ahnung eines Doppelkinns? Wohl deshalb meint der Konkurrenzfotograf an der einen Stelle, dass Spidey auf seinen Bildern weniger pummelig erscheinen würde. Nett auch, dass die eine Blaskapelle die Titelmelodie von irgendeiner uralten Spiderman-Serie (oder sowas) spielt. Stan Lee himself hat ein nettes Cameo, dasselbe gilt für die drei Kinder von Sam Raimi, die ihrem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten ähneln, weshalb man sie zuvor noch nicht einmal gesehen haben muss, um sie als ihres Vaters Brut zu erkennen (der Abspann gab mir schließlich recht). Und schließlich nichts weniger als göttlich ist der obligate Auftritt von Bruce Campbell, der in /allen/ Raimi-Filmen mitspielt: Einmal mehr erweist sich der alte B-Movie-Dandy als die coolste Sau von Hollywood. Nur die alte Karre von Sam Raimi habe ich diesmal nicht entdeckt, sonst bringt er die ja immer unter - wer hat Hinweise?
Doch davon ab und als sozusagen Fazit: Ich freue mich auf den zweiten Batman. Den Spidey lassen wir jetzt erstmal gut sein, ja?
imdb
Ein solches ausgewogenes Mischverhältnis erreicht Teil 3 in fast keinem Moment. Dafür gibt es Mehr von Allem. Mehr Konflikt, mehr atemberaubend Anzusehendes, mehr Bösewichte. Der Film selbst läuft dabei munter aus dem Ruder und dies nicht unbedingt zu seinem Vorteil.
Die Story bleibt im Vagen und übersteigt Reißbrettcharakter kaum. Alte Konflikte werden hinübergehievt und es dauert recht lang, bis eine Richtung deutlich wird. An allen Ecken und Enden kommen neue Schurken ins Spiel, die ihrerseits erst eingeführt werden müssen, was nicht immer ganz elegant geschieht. Da sich die einzelnen Teile nur mühselig ineinander schieben, ohne sich dabei je befriedigend zu verdichten (fast immer ist alles absehbar), bringt man oft ganze Passagen damit zu, den Film in seinem Verlauf lediglich zu registrieren, statt an ihm teilzuhaben. Vielleicht habe ich mich im letzten halben Jahr einfach nur zu viel mit narrativ avancierten und komplexen TV-Serien befasst; dennoch muss ich einfach sagen: Zuweilen hat das schon genervt. Weil's eben vor allem an soap operas und telenovelas erinnerte: Wer hat wessen Vater aus der Welt geschafft und dafür mit wessen Freundin wann gepennt und, ach, dergleichen mehr... Wobei eines schließlich doch zu bemerken ist: Spider-Man 3 ist, was Narration betrifft, monströs zusammengesetzt und doch erzählt sich in ihm über weite Strecken ein so derartiges Nichts, dass man über solche Gegensätze fast schon wieder staunen muss.
Irgendwann, aus heiterem Himmel, kommt dann aber doch der erste Bösewicht. Und also die erste Actionsequenz. Sie lässt einiges erahnen, was sich später bewahrheiten wird: Im Sinne von "Viel hilft viel" wird man hier in eine lediglich der Verwirrung dienliche Abfolge von "Raumereien" geschmissen, was ja gerade die Unsitte von zeitgenössischen Actionfilmen ist, die in den vorherigen Spider-Man-Filmen zumindest nicht derart exzessiv betrieben wurde (ich erinnere mich eher an ein paar hübsch aufgeräumte, und gerade dennoch sehr imposante Sequenzen). Einen Gewinn schlägt Spider-Man 3 daraus nicht: Statt Achterbahn gibt's zumeist zerfasert Anzusehendes, sobald etwas Schwung in die Körper kommt.
Überhaupt, die Schurken. Allesamt sehr interessante Figuren und jede eines Filmes würdig. Spider-Man 3 packt jedoch so viel in sich, dass sich von jedem zwar je ein Drittel erahnen lässt, die drei zusammen genommen aber dennoch nicht einmal die Summe ihrer Teile ergeben, sondern eben weniger. Da das Drehbuch überdies keinem dramaturgischen Aufbau folgt, sondern, gelinde gesagt, arge Zeitmanagment-Probleme aufweist und streng nach der Logik momentanen Bedarfs zu funkionieren scheint, wirkt das ganze wie eine geplatzte Wundertüte, deren am Boden herumliegende Einzelteile aufzusammeln offenbar die Mühe nicht lohnte. Weshalb sie sich ja auch keiner gemacht hat.
Vielleicht ist das Potenzial der Titelfigur auch langsam ausgereizt. Von den Heften und Paperbacks konnte ich ja auch immer nur ganz wenige lesen und dann war auch einfach mal gut, zumal Parker als Charakter, naja, schon eher wenig mitreißend ist. Von der vermeintlichen "Nähe" der Figur, weil sie soviele Alltagsprobleme habe, konnte ich jedenfalls nie viel spüren; wie unedlich vielversprechender und unauslotbarer sind dagegen die Abgründe, die in Batman vom Konkurrenzverlag angelegt sind (soviel zu diesem ewigen Streit).
Dennoch gibt's in Spider-Man 3 auch einige hübsche Beobachtungen zu machen. Tobey Maguire beispielsweise sieht jetzt aus wie ein Teig mit Mund, vom alten feinen Schnitt im Gesicht ist nüscht geblieben. Ist da nicht auch die Ahnung eines Doppelkinns? Wohl deshalb meint der Konkurrenzfotograf an der einen Stelle, dass Spidey auf seinen Bildern weniger pummelig erscheinen würde. Nett auch, dass die eine Blaskapelle die Titelmelodie von irgendeiner uralten Spiderman-Serie (oder sowas) spielt. Stan Lee himself hat ein nettes Cameo, dasselbe gilt für die drei Kinder von Sam Raimi, die ihrem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten ähneln, weshalb man sie zuvor noch nicht einmal gesehen haben muss, um sie als ihres Vaters Brut zu erkennen (der Abspann gab mir schließlich recht). Und schließlich nichts weniger als göttlich ist der obligate Auftritt von Bruce Campbell, der in /allen/ Raimi-Filmen mitspielt: Einmal mehr erweist sich der alte B-Movie-Dandy als die coolste Sau von Hollywood. Nur die alte Karre von Sam Raimi habe ich diesmal nicht entdeckt, sonst bringt er die ja immer unter - wer hat Hinweise?
Doch davon ab und als sozusagen Fazit: Ich freue mich auf den zweiten Batman. Den Spidey lassen wir jetzt erstmal gut sein, ja?
imdb
° ° °
kommentare dazu:
christian123,
Montag, 4. Juni 2007, 05:10
Na die Karre gab's AFAIR in der Rückblende zum Tod vom Onkel, das war da nämlich die seine.
christian123,
Montag, 4. Juni 2007, 05:14
Ach ja, nach Soapoperei, oder sagen wir besser: Soapoparei, kam mir das auch vor, Teil 1 und 2 zusammen sind noch ein schönes für sich geschlossenes Einzel-Melodram, aber in Teil 3 wirkten die Herzschmerzprobleme, Gewissensbisse, Schuldfragen doch schon arg ins offene Austauschbare-Unendliche serialisiert; als ein wahrscheinliches Erfolgsmoment der ersten beiden Teile identifizierte, nicht mehr ganz so elegant-originell fortsetzbare melodramatische Bringschuld der Reihe.
matt,
Dienstag, 5. Juni 2007, 09:29
"Vielleicht habe ich mich im letzten halben Jahr einfach nur zu viel mit narrativ avancierten und komplexen TV-Serien befasst" - mich würde interessieren, welche Serien du dir angesehen hast? das sind bei mir auch immer so Phasen, wie z.B. jetzt, da schaue ich mir nur noch Serien an. Aktuell ein zweiter Durchlauf von ARRESTED DEVELOPMENT, welche man eigentlich nicht oft genug sehen kann.
thgroh,
Mittwoch, 6. Juni 2007, 15:10
AD habe ich leider noch gar nicht gesehen - ich habe mich in den letzten 6 monaten vor allem mit Lost, Battlestar Galactica und Prison Break beschäftigt, zum Teil mit mehrfachen Season-Sichtungen (wg. Uni-Referaten etc). Weiterhin großartig sind The Shield und Nip/Tuck, da muss ich auch mal weitermachen. Deadwood verfolge ich am Rande, ebenfalls sehr gut. Im Comedybereich ist mir die erste Season von My Name is Earl positiv aufgefallen. Aus UK ist Life on Mars als gute Unterhaltungsserie sehenswert, als weitere BBC-(Mini-)Serie werde ich wohl demnächst mal State Within ausprobieren. Neue US-Serien, die ich in absehbarer Zeit mal testen möchte: Heroes und Jericho (wobei zweitere ja schon wieder eingestellt wurde :-( ).
Puh. :)
Puh. :)
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