Thema: Kinokultur
Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (früher: ... Schriften) ist ja ohnehin schon eine reichlich dubiose VereinigungInstitution. Da in Deutschland eine Zensur nicht gestattet und Kunst vom Gesetzgeber geschützt ist, hilft sich die Bundesprüfstelle mit einem gewissen Kniff, um unliebsame Werke einigermaßen aus dem Verkehr zu ziehen und mit drohenden ökonomischen Sanktionen Bedingungen für eine Medienlandschaft zu etablieren, in denen sich Programmanbieter, wie DVD-Labels und Filmverleiher, lieber gleich von vorneherein beschränken: Der Kniff geht so, dass man dem zu indizierenden Werk den Kunstcharakter in Abrede stellt oder zumindest in nur sehr geringem Maße attestiert - dies geschah bislang allerdings ohne eine Offenlegung der Kriterien zur Bestimmung von Kunst, noch wäre der Kunstbegriff der Bundesprüfstelle bislang kommuniziert worden, noch sind die Argumentationen in dieser Hinsicht bislang transparent gewesen.

Ein User im Filmforum Cinefacts wollte diese mangelnde Transparenz nicht länger hinnehmen und hat sich auf ein juristisches Gefecht mit der Bundesprüfstelle eingelassen. Mittlerweile hat er Akteneinsicht erhalten und konnte auf diese Weise der Argumentation der Bundesprüfstelle einsichtig werden, warum man auch in Zukunft nicht gedenkt, in dieser Hinsicht schlicht und ergreifend notwendige Transparenz zu ermöglichen. Ich zitiere aus diesem Thread aus dem Cinefacts-Forum, der sich nach Anmeldung im Forum einsehen lässt:
»Weiterhin kann es nicht im Interesse des Rechteinhabers liegen, dass eine Bewertung des Filmes hinsichtlich seines künstlerischen Wertes, wie sie in jedem Fall in einer Indizierungsentscheidung verschriftlicht ist, veröffentlicht würde. Die Gremien müssen den Grad der Kunst in Relation zur Jugendgefährdung setzen und eine Abwägung vornehmen. Hierbei wird oftmals der geringe künstlerische Wert des Films bescheinigt, was sich als Aussage gegenüber Dritten "geschäftsschädigend" auswirken könnte und somit einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen könnte.

[...]

Bei über 20 Jahre alten Filmen ist erfahrungsgemäß insbesondere der derzeitige Rechteinhaber schwerlich oder gar nicht zu ermitteln, so dass die Einholung von dessen Einwilligung kaum möglich ist.«
Eine Institution also, deren Sinn und Zweck es ja gerade eben ist, zum Schutze der Jugend massiv geschäftsschädigende Sanktionen zu verhängen, argumentiert die Undurchsichtigkeit ihrer Entscheidungen und Urteile damit, dass sich eine Offenlegung der eigenen Argumentation für den ohnehin schon kaufmännisch Sanktionierten und Geschädigten geschäftsschädigend auswirken könnte - dann wäre also beispielsweise auch jede negative Filmkritik geschäftsschädigend und bedürfte demnach der Einholung einer Genehmigung des Rechteinhabers? Und warum wird das jeder Indizierung zu Grunde liegende und also auch behauptete, allerdings nicht argumentativ der Öffentlichkeit kommunizierte und somit lediglich einer plakativen Behauptung entsprechende Attest mangelnden künstlerischen Werts nicht als geschäftsschädigend empfunden - eine exakte Artikulation dessen, bei der jeder mündige Bürger für sich selbst abgleichen könnte, inwiefern die Kriterien dafür stichhaltig sind oder nicht, hingegen schon?

Ich halte die hier kommunizierte Geisteshaltung für einen Skandal reinsten Wassers und, drastisch ausgedrückt, für eine Verarschung der Öffentlichkeit. Solange die Bundesprüfstelle nicht mit offenen Karten spielt, liegt hier dringend der Verdacht von Willkür in der Luft. Ein Grund mehr, die Abschaffung dieser Instanz nicht nur weiterhin zu fordern, sondern sie endlich auch umzusetzen. [via]


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