Donnerstag, 3. Februar 2005
Thema: Kinokultur
Höchst erfreulich: Kinowelt hat sich im Ringen mit der FSK dazu entschlossen, den heute anlaufenden Saw (filmz.de) ungeschnitten und dafür mit dem Siegel "keine Jugendfreigabe" (früher: FSK 18) ins Kino zu bringen. Die marktwirtschaftlich sicher günstigere Freigabe ab 16 wäre seitens der FSK nur durch Kürzungen des Films zu erreichen gewesen. Kinowelt begründet ihre Entscheidung: "Die Kinobesucher erwarten von uns das Originalwerk und nicht eine geschnittene Fassung. Hier steht die Integrität des Werkes über allen kommerziellen Erwägungen.“

Das ist sehr erfreulich und macht hoffentlich Schule (auch wenn anzumerken ist, dass es natürlich auch auf kommerziellen Erwägungen fußt, den Film ungeschnitten ab 18 ins Kino zu bringen: Die anvisierte Klientel ist eine in der Regel gut informierte, für die schon kleine Schnitte in einem Film Grund genug zum Boykott wären, fernerhin ist das Potential eines blutigen Films wie Saw beim üblichen Publikum, das über Schnitte vielleicht nicht bescheid weiß, vermutlich zu gering). Fernerhin wird durch diesen Gang an die Öffentlichkeit auch einmal mehr deutlich, dass die FSK eben weiß Gott nicht so "un-zensierend" auftritt, wie sich selbst gerne gibt und wie es Sozialpädagogen gerne kolportieren. Die heutige Form von Filmzensur entspricht zwar in der Tat nicht mehr der klassischen Formen einer "schwärzenden" Vorabzensur, entwickelt dafür aber in einem diffusen Verhältnis aus eingreifenden Maßnahmen, wirtschaftlichen Vorteilen, die es seitens des Verleihs zu erzielen gilt, und dem Nimbus einer vorgeblichen "Freiwilligkeit", unter der solche Prüfungen stattfinden (so freiwillig wie die berühmte Pistole auf der Brust: einen ungeprüften Film ins Kino zu bringen ist marktwirtschaftlich gesehen glatter Selbstmord, da ein solcher zahlreichen Auflagen, wie etwa einem Werbeverbot, unterzogen wäre und fernerhin jederzeit von einem findigen Staatsanwalt zur genaueren Prüfung seines Inhalts konfisziert werden könnte), noch immer ähnliche Effizienz wie früher, mit dem Unterschied, dass das heutige zensurierende Geflecht aufgrund seiner "Zentrumslosigkeit" wesentlich weniger offensichtlich nachzuvollziehen ist (siehe beispielsweise der zweite Harry Potter, Troja oder, ganz extrem, The Punisher).

Etwas ausführlicher gibt es die Pressemitteilung bei filmz.de: klick!

Nachtrag: Wie mir angetragen wurde, gibt es Saw in zwei verschiedenen Fassungen. Zum einen eine komplett ungeschnittene Fassung, die auf Festivals gezeigt wurde und offenbar auch den Intentionen des Regisseurs entspricht, sowie eine etwas kürzere R-Rated Fassung, die in den USA im üblichen Kinobetrieb ausgewertet wurde. Die deutsche Verleihfassung entspricht dieser R-Rated Fassung. Wie Kinowelt im Firmenforum auf dvd-inside.de aber bestätigte, soll der Director's Cut/die Unrated-Fassung auf DVD erscheinen.


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Antonio Margheriti (imdb) ist einer der umtriebigsten, produktivsten und auf lange Sicht aktivsten Regisseure des klassischen italienischen Genrekinos der 60er bis 90er Jahre gewesen (und wenn sie mal auf einem Flohmarkt nach VHS-Obskuritäten schauen wollen, dann werden Sie erstaunt sein, wie häufig er ihnen auf den Backcovers grobschlächtiger, unterhaltsamer bis seltsamer Kriegs- und Horrorfilme als Regisseur, meist unter dem Pseudonym Anthony M. Dawson, begegnen wird). Doch während zahlreiche Regisseure dieses Zusammenhangs mittlerweile Auffanggesten seitens Kritik und zum Teil auch Wissenschaft erfuhren, ist Margheriti bislang eher "unerforschtes Gebiet" und allenfalls Enthusiasten des italienischen Kinos ein wirklicher Begriff.

Schön ist da dieses ausführliche Posting bei Bitter Cinema, in dem Margheriti vorgestellt und vor allem seine Sci-Fi-Arbeiten näher beleuchtet werden. Auch ein Hinweis zu dieser Kritik über Castle of Blood fehlt nicht, einem frühen Schwarzweiß-Horrorfilm mit Barbara Steele, im Zuge des durchschlagenden Erfolgs von Bavas wegweisendem Mask of Satan gedreht, der auch in der vielgerühmten, neuen Reihe "Italian Kings of the B's" (Filmliste) auf dem Filmfestival in Venedig gezeigt wurde. Dessen Vorläufer im Werk, Schloß des Grauens mit Christopher Lee, steht im übrigem demnächst als DVD von Koch Media und erfährt dann hoffentlich zumindest im kleinen Kreis eine Wiederentdeckung.

Eine weitere schöne Site, die sich mit dem Regisseur beschäftigt, ist http://www.antoniomargheriti.com . Dort auch zahlreiches Videomaterial. Und dann hier noch ein ausführliches Essay der Filmwissenschaflerin Patricia MacCormack auf Senses of Cinema.


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Thema: Hoerkino
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Obskuritäten allenthalben: Búscate un novio hat eine Platte aus Jodie Fosters Jugendtagen ausgegraben und lässt uns hier an der Entdeckung teilhaben.

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