Donnerstag, 10. März 2005
Thema: Kinokultur
Eine komplette Retrospektive zu verlangen wäre unmenschlich. In bester Groschenheftautorenmanier hat der spanische Regisseur Jess Franco in seinen besten Zeiten - damals, als es Europudding noch an jeder Ecke gab - fast im Monatstakt mal besonders langweilige, mal besonders bizarre, mal besonders aufregende und surreale Werke aus der bunten Welt von Grusel-, Horror-, Erotik- und Pornofilm abgeliefert. Ein Kosmos wie die der Trivialliteratur des 19. Jahrhunderts: Entsprechend beziehen sich viele Filme zumindest dem Titel nach auf Werke der erotischen Literatur dieser Zeit und der Regisseur selbst apostrophiert zahlreiche von ihnen als Verfilmungen eigener Obsessionen und taucht entsprechend auch regelmäßig als Protagonist in ihnen auf. Da ist es bis zur Romantik und zu den Zettelspielchen eines Sacher-Masoch auch nicht mehr weit.

Ein intellektuelles Projekt mag Franco nicht verfolgt haben, dennoch kann man fast jeden seiner Filme ihm, im Sinne eines Auteurs, eindeutig zuordnen. Und im Trubel der Fließbandproduktion (mit entsprechenden Schlampereien und Sorglosigkeiten) und streng kommerziellen Auslegung - es musste knallig sein und Leute ins Kino ziehen -, ergab sich manch flirrendes Werk mit ganz einzigartiger Atmosphäre und Charakter (manche Gurke ist sicher auch zu finden, ganz klar). Filme voller Künstlichkeit und verflachter Realität - Franco scheint sich dessen voll bewusst gewesen zu sein: In bemerkenswert vielen seiner Filme gibt es, beinahe schon wie eine Signatur oder eben auch ein Kommentar, Inszenierungen-im-Film zu sehen: Bühnenperformances in Bars und Strip Clubs, oder aber erotische Seancen mit performativem Charakter.

Lange Rede, kurzer Sinn: Der ehrwürdige Filmclub 813 zu Köln führt im März eine sehr ansehnliche Jess-Franco-Werkschau durch. Bereits letzte Woche liefen Rote Lippen - Sadisterotica und Greta - Haus ohne Männer (ein Anhängsel an die berüchtigte Ilsa-Reihe) . Morgen folgt Das Geheimnis des Dr. Z und am Samstag ist der ungemein schön und entspannt vor sich hinplätschernde Sie tötete in Ekstase (ein Remake des Dr. Z) zu sehen. Am 18. März folgt schließlich Venus im Pelz, der erst vor kurzem wieder auf (us-amerikanischer) DVD entdeckt werden konnte.

Der April und Mai sieht eine Fortsetzung der Reihe: Gezeigt werden Vampyros Lesbos, X 312 - Flug zur Hölle, Jungfrauen-Report, Robinson und seine wilden Sklavinnen, Nachts wenn Dracula erwacht, Entfesselte Begierde und Downtown - Die nackten Puppen der Unterwelt. Genaue Termine können dann auf der Website eingesehen werden.

Und weil wir gerade dabei sind: Der gute Marco Zimmer hat mal wieder ein paar seine Aushangschätze ausgegraben und eingescannt. Das Resultat ist diese schöne Galerie zu Jess Francos Der schreckliche Dr. Orloff.



Weitere schöne Materialien zu Der Teufel kam aus Akasawa, einem bemerkenswert sinnfrei vor sich hinschwebendem "Wallace-Film" von Franco, gibt es hier, hier und hier auf "The Crime in your Coffee".


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Thema: good news


Mit Tears of the Black Tiger machte der thailändische Regisseur Wisit Sasanatieng auf internationalen Festivals von sich reden. Das grellbunte, formal grotesk überdrehte, dabei aber nie beliebig hingetupfte Western-Drama ist einer der (im besten Sinne) wildesten und vielleicht auch einer der besten Filme, die das asiatische Kino in den letzten Jahren hervorgebracht hat.

Freudig stimmt da die Nachricht seines neuen Films. Der heißt Citizen Dog und kann hier auf offizieller Website besucht werden. Der Trailer (15 Mb, wmv) stellt jedenfalls schon mal ähnliche Turbulenzen in Aussicht, wobei die humoristische Note nochmal stärker betont scheint. Da mit einem deutschen Kinostart wohl kaum zu rechnen ist, bleibt zu hoffen, dass der Film ja vielleicht vom Fantasy Filmfest für einige Vorführungen nach Deutschland gebracht wird.

Das Gute ganz zum Schluss: Eine asiatische DVD-Veröffentlichung steht offenbar unmittelbar bevor. [via]

PS: In den Kommentaren habe ich einige Screenshots aus dem Trailer gepostet.

PPS: Ebenfalls sehr schön: Das Infosheet mit zahlreichen Bildern auf der altehrwürdigen Kinolounge.de.


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Thema: Hoerkino
Einige Websites haben neue lost gems der Musik-, respektive Vinylgeschichte ausgegraben. Ein Update ist somit Pflicht. Der Klick auf das Coverbild führt wie stets zur Quelle.



The Peanuts: First Album / Folk Songs
Einen echten Schatz für Japanophile kann man auf "Raymondo's Dance-O-Rama" bergen. Manch einer kennt das Duo Emi und Yumi Ito von ihrem Titellied für den Monsterfilm Mothra. Hier gibt es nun zum einem das Debüt der beiden (darauf auch einige Coverversionen französischer Songs, die ich von irgendwoher - nur woher, verflucht! - kenne...), sowie eine Sammlung von neueingesungenen japanischern Volksliedern. Beide Scheiben sind absolut exquisit; der Download wird dringend empfohlen.



Lucien Lavoute: Travelling Orchestra Vol. 7
Wie schon Rato Records ist nun auch Space Debris ein Weblog geworden. Den Einstand in die neue Umgebung feiert man mit einem kleinen Schatz der Library-Music (gemeint ist damit in der Regel lizenzfreie Orchestermusik, die zur Verwendung für andere Medieninhalte - Trailer, Fernsehsendungen, Werbung, etc. pp. - eingespielt wurde): Eine ungemein dynamische, zum Mitschnippen einladende Musikreise durch die Welt der Big Bands der 60er Jahre. Freunde obskurer Soundtracks jener Zeit (oder auch dessen, was gemeinhin (zurecht) eher etwas herablassend Easy Listening genannt wird) kommen auf ihre Kosten.



The Collection Centre: Indian Pop Music
Bellybongo.com bleibt auch weiterhin auf der obskuren Seite. Indian Pop Music ist nicht, wie man annehmen könnte, eine quirlige Reise durch Bollywood-Soundwelten, sondern ein eher interessantes Experiment, traditionelle indische Musik mit westlicher Populärmusik zu kreuzen. Wobei das Ergebnis weit weniger spannend ausfällt, als man vielleicht meinen könnte (was v.a. auch daran liegen mag, dass die Kreuzungsversuche recht sporadischer Natur sind). Somit eher was für Freunde von Räucherstäbchen und Tee-Experimenten.



Bernie Green plays More Than You Can Stand
Pal Doug's Record of the Moment ist eine zuweilen etwas anstrengende Erinnerung an cartoonish alberne Orchestermusik. Will meinen: Eine hektisch-nervöse, geräuschbeladene Kakophonie von Rhythmen, Bläsern, Handstandüberschlägen. Ohne passenden Zeichentrickfilm dazu vielleicht ein wenig beliebig wirkend.



Toru Arima and His Noche Cubana: Japanese Melody
Auch Sem Sinatra - our man from Japan - ist nun als Blogger unterwegs. Als Einstand präsentiert er ein japanisches Swingorchester, das sich durch einige Standards manövriert. Ganz nett soweit.



Charlie and his Orchestra: Propaganda Swing
Eine historisch nicht uninteressante Obskurität: Ein Jazz-Orchester, offenbar von Goebbels seinerzeit selbst initiiert, das über Coverversionen bekannter Jazz-Standards mit modifizierten Texten die Nazi-Ideologie im Ausland lancieren sollte. Was es nicht schon alles gab auf dieser Welt ...


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Thema: Kinokultur
Einen illustrierten Überblick bietet dieses sympathische Projekt.


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Thema: literatur
Dieses Projekt "Stammbaum der Bibel" (StaBil) erfasst alle im Alten Testament der Bibel vorkommenden Personen und stellt sie in einem Stammbaum von Adam & Eva bis Jesus dar. Der aktuelle Projektstand wird protokolliert und regelmäßig aktualisiert, so daß interessierte Personen sich ständig informieren können.

Stammbaum der Bibel

Dieser Stammbaum der griechischen Mythologie umfaßt die Genealogie sämtlicher griechischer Gottheiten sowie deren Kindern, Nachkommen, Ehe- und Liebespartnern und Helden der griechischen Sagenwelt.

Stammbaum der griechischen Mythologie

„Das Schwarze Netz” ist kein Lexikon, es erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, Wissenschaftlichkeit oder gar Deutungshoheit. „Das Schwarze Netz” ist vielmehr eine lose Sammlung von Gestalten, Begriffen und Phänomenen aus Mythologie, Religion, Paranormalem und Aberglaube. Auswahl und Bearbeitungsstand sind vollkommen willkürlich, wie sie gerade ins Blickfeld des Autors gerieten und geraten.

Das Schwarze Netz

Mit Dank an bekay aus den filmforen.de


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Thema: Kinokultur
Die neue Ausgabe der Zeitschrift für den unterschlagenen Film aus Berlin ist erschienen. Neben dem umfangreichen zweiten Teil von Christian Kesslers Artikel zur bundesdeutschen Sleaze-Geschichte und einem umfangreichen Essay des Filmwissenschaftlers Marcus Stiglegger zur Backwoodslasher-Variante des Horrorfilms, die das thematische Zentrum des Heftes bilden, gibt es wieder zahlreiche Kritiken zum aktuellen internationalen Filmgeschehen unter anderem auch von mir selbst (meist noch etwas modifizierte Besprechungen von Texten aus diesem Blog).

Zu beziehen wie üblich im gutsortierten Handel oder direkt über die Website der Zeitschrift.


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