Mittwoch, 13. Juli 2005
Thema: Kinokultur
... auch wenn sie Manifeste schreiben. (oder vielleicht sogar eben drum...).

However, am Rande des sich in Mannheim jüngst gegründet habenden Festival des deutschen Films hat sich eine kleine Schar deutscher Filmschaffender zur Ludwigshafener Position durchgerungen. Das klingt nach Oberhausen, Truffauts Film der Zukunft als ein Werk aus Liebe schwingt mit, ein bisschen hat dies auch das Dogma-95-Feeling: Damals, '95, in Paris, das längst schon legendäre "feuerrote Flugblatt"... Absetzbewegung, Angriff, Vorwärtskommen, Networking! Nicht unbedingt das Schlechteste. The State of Art is on Fire? Eventuell.

Der deutsche Film beitet genügend Reibeflächen, ihn zu attackieren, sich abzusetzen. Was macht nun die Ludwigshafener Position: Sie fordert Kunst. Als ob man Kunst - zumal als Filmschaffender - fordern könnte. Entweder man macht Kunst - oder man macht sie nicht. Sie zu fordern ist aus Perspektive des Schaffenden unsinnig. Nur der künstlerische Film habe ökonomische Perspektive - Bully Herbig, anerkannter Filmkunstschaffender, wird dies bezeugen können. Auch Otto Waalkes, vor Herrn Herbig lange Zeit Rekordhalter in Sachen ökonomisch reizvoller Film aus deutschen Landen, fehlt in keiner Chronik der hiesigen Filmkunst von zeitlosem Charakter.

Und halt der übliche Sermon: "zu Tode stranguliert", "Regeln", "seelenlos", "eigensinnig", "unberechenbar". Der deutsche Film könne soviel sein (wie jeder Film aus anderen Ländern im übrigen auch...), doch werde er künstlich kleingehalten. Die deutschen Filmkünstler - vulgo: die das wohlfeile Dokumente unterzeichnet Habenden - müssen deshalb gestärkt werden. Sie fürchten weder Tod noch Teufel, und die Filmförderung am allerwenigsten.

Wer hindert Euch denn? Technik gibt's für 'nen Appel und ein Ei. Zur Not gebrauchte, überholte. Und eine gute Idee lässt sich kaum aufhalten, wenn man nur davon überzeugt ist. Wenn die Technik dennoch nicht vorhanden ist, experimentiert man eben mit Computerfilm - Flash, etc.: Es liegt doch wirklch alles zum Greifen nah. Aber nein, ihr wollt anerkannte Künstler sein, jene welche im Feuilleton prominent erwähnt, von öffentlicher Hand finanziert werden, weltweit durch die Goethe-Institute tingeln dürfen. Deren Pfründe verteidigt werden, durch vermeintliche Hochwertigkeit - ohne die geht in Deutschlands Kultur bekanntlich gar nichts, egal was für ein edelfedriger Sermon bei rum kommt - legitimiert. Also bitte.

Überhaupt: Kunst. Oh Mann, diese alte - deutsche - Diskussion. Jahrzehntelang sind beschaulich argumentierende Feuilletonisten damit schwanger gegangen. Der Film müsse ja Kunst sein, wenn er etwas sein wolle. Dies also heißt: Kunst von oben, intendierte Kunst. Während man in romantisch versonnener Art vor dem Blatt Papier in Verzückung geriet ob Kunsthaftigkeit manches Gesehenen diskutierte man andernorts schon ganz andere Aspekte von Film. Film ist nunmal Kunst, die Erkenntnis ist banal, das ästhetische Erleben - und dessen Güte - konstituiert sich im Erfahrungshaushalt des Beobachters und dessen Fragen an das Werk. Vergesst doch einfach solch snobistischen Dünkel, von wegen Kunst oder Nicht-Kunst, den ganzen Kram. Die Ludwigshafener Position lässt die Debattenlage um Jahrzehnte zurück regredieren. Sie ist der Ausdruck des üblich protektionistisch gesinnten Deutschen, der sein eigenes Wehleid beklagt und mit dem Finger auf sich zeigt und dabei immer auch die Schicksalsgemeinschaft vor Augen hat. "Der deutsche Film wird Kunst sein oder er wird nicht sein." - man kennt solches Gerede vom Absoluten oder dem Untergang auch aus anderem Zusammenhang, ein altbekanntes Motiv, ungebrochene Tradition.

Herrgottzack. Machen, nicht fordern. Lust am Risiko statt Lamentieren. Unabhängigkeit statt Masterplan. Biss statt Dünkel.


° ° °