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Zugegeben, es tut schon ein bisschen weh, wenn Argento nach bald 30 Jahren Pause seine beiden gefeierten Meisterstücke des surrealen Horrors, Suspiria und Inferno, an denen auch mein Herz sehr hängt, mit La Terza Madre endlich zur lange angekündigten Trilogie vollendet und dabei so gar nicht an die deliranten und visuellen Qualitäten der Vorläufer anschließt. Keine große Oper, dafür ein blutig-goriges Gehacke, dass man sich in selbstkontrollierten und bundesgeprüften Hinterraum-Büros vermutlich schon die Hände reibt.

Und trotzdem: Auf seltsame Weise hat mir dieser Argento Spaß gemacht. So wie es einem Spaß macht, wenn in der Geisterbahn das Pappmaché bröckelt. Mag dran liegen, dass man vom einstmaligen Maestro, dessen letzter einigermaßen (und auch wirklich nur einigermaßen) passabler Film immerhin auch schon wieder sieben Jahre zurück liegt, mittlerweile einfach von vornherein nichts mehr erwarten kann, auch wenn es um die guten alten Hexenmütter geht. Von solcher Warte aus betrachtet, bekommt man immerhin ordentlichen Italo-Cheese serviert, der sich weniger an Argentos Farbhalluzinationen, dafür aber an die fiesen 80s nasties anlehnt. La Terza Madre scheint mir somit auch wirklich eher eine Ehrerweisung an Lucio Fulci zu sein, als eine wirkliche Fortsetzung der beiden ersten Filme, auch wenn hier in der Tat, rein inhaltlich, der Versuch gewagt wird, die doch recht disparaten Fäden der Hexengeschichte zu einem Miniatur-Epos zu verbinden. Dies kann natürlich nur daneben gehen angesichts eines mit Plots und Stories schon immer völlig überforderten Regisseurs. Sehr kurios (und auf so seltsame Art beschissen, dass man es eigentlich schon wieder interessant finden kann) ist denn auch der Schluss, der ja eigentlich, in Genrelogik, den Höhepunkt darstellen sollte, aber irgendwie, naja, eigentlich nur völlig neben sich steht.

Irgendwie hübsch ist indessen die vollkommene Groschenheftigkeit der dargebotenen Unternehmung. La Terza Madre könnte auch ein Abenteuer von John Sinclair minus dessen alt-bundesrepublikanisch gemütlicher Altbackenheit sein. Zumindest wenn das Abenteuer nach wenig Schlaf und mit viel Kaffee schnell runtergeschrieben wurde. Muss man nicht gut finden, kann man aber, wenn man gerade gut gelaunt ist.

Zeugnis von der allgemeinen Verwirrung legt mitunter auch der Soundtrack ab, der mal alte Goblin-Melodien anklingen lässt, dann wieder diffuse electronic beats anschlägt und neben ein paar hie und da untergebrachten Orchesterscores schließlich auch Bernard Herrmanns Geigerei aus Hitchcock-Zeiten zumindest allusiv in den Film reinholt. Eine große Stolperei also von einem ins nächste, immer so, wie es gerade im Moment so passt, selbst wenn solche Wechsel völlig abrupt aufeinander folgen.

Was noch auffiel: Die unglaubliche Präsenz nicht so sehr von Büchern, sondern von mit Büchern möblierten Räumen. Asia Argento als Sarah Mandy rennt hier von einem Bucharchiv ins nächste. Für mich, der mit Büchern vollgestopfte Räume eigentlich immer schon mal von vornherein gut findet, ist das natürlich prima und die Zukunft, bzw. die (analytische) Rezeption wird zeigen, ob da vielleicht sogar sowas wie System dahinter steckt.

Argentos goldene Zeiten sind nunmal vorbei, das weiß man nicht erst seit La Terza Madre. Von daher kann man sich die Tränen - haha - auch sparen. Im Horizont jüngerer Desaster des guten Mannes ist La Terza Madre immerhin ganz nett geraten. Schwamm drüber.


° ° °




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