13.08.2004, Cinemax Potsdamer Platz (Fantasy Filmfest)

Eine Brücke, oft im Film haben wir sie gesehen, immer wieder hat der Film uns auf ihre Existenz hingewiesen, dient dem Showdown als Kulisse. Weit hinten im Bild der Angstgegner, der, dem die Titelfigur seine Versehrung zu verdanken hat. Ein Hauch von Leone liegt in der Luft. Ein Ballett des Todes folgt, wie wir viele schon zuvor in diesem Film gesehen haben, doch hat dieses eine ganz eigene Bravour. Zu den Füßen der Duellisten: Dutzende Tote.



Drei Schwerter schließlich, zwei in der Luft, eins in der Hand. Artistik, Akkrobatik, ein hyperkinetisches Vergnügen. Oft krude strukturiert, Einstellungen, die viel zu dicht an ihrem Gegenstand kleben, um das Scope, im althergebrachten Sinne, zu rechtfertigen, doch liegt in dieser schroffen Art mithin die Stärke des Films verborgen. Eine Schönheit und Abenteuerlichkeit liegt darin, die wer auf zuvorderster Ebene verharrt mit Dilletantismus- und Kitschverdacht leichter Hand wegzuwischen sich entschließen könnte. Blinde und, vor allem, nur zu Bemitleidende, die nicht tiefer schürfen können, nicht sehen wollen, was hier Aufregendes direkt vor ihren Augen geschieht.

Eine Botschaft aus früheren Zeiten, ihr Weg war lang: Von den klassischen Western zu Kurosawas Samuraiabenteuern. Von dort eine halbe Rolle rück- und wieder westwärts, nach Italien zwar nur, zu Leone hin und somit zurück in den Western, bzw. dessen melancholischer, dreckstrotzender Widerhall. Von dort schließlich wieder in den Osten, nach Hongkong, zu den Shaws. Zu jeder Sekunde spürt man diese Reise, meint die Schichten, die abgeblättert sind, zu vermissen, macht neu hinzugefügte aus.

imdb


° ° °




kommentare dazu:



manuelas, Freitag, 20. August 2004, 17:03
leider verpasst
weswegen ich ihn mir im videodrom ausgeliehen hatte. dort war er aber leider nur in der vollbildversion vorhanden, was schon wirklich sehr beschneidend ist bei shaw-scope. die englische übersetzung hatte dagegen was, mir kam sie jedenfalls sehr autentisch vor, besonders das bösewicht-lachen war gekonnt.
nachdem ich vorher auf dem festival sword in the moon gesehen habe (auch eine brückenszene, aber hier viel trashiger weil mit titanic-adiemus musik) hab ich mich gefragt ob es vielleicht texte oder infos gibt zur latenten homoerotik, die bei diesen swordsplay- filmen mitschwingt.


thgroh, Freitag, 20. August 2004, 19:14
Ich würde ja den "New One Armed Swordsman" schon als Text über die Homoerotik dieser Filmgattung sehen. Er kehrt seinen Subtext ja schon sehr deutlich nach außen und macht damit kenntlich, dass er um die Rezeption seines Genres weiß.

Generell ist queerness oft in diesen Filmen anzutreffen. Dies mag zum eine mit der chinesischen Theaterkultur zusammenhängen, die auch Frauenrollen nur von Männern darstellen ließ. Zum anderen begegnet man in den Shawfilmen immer wieder taffen Frauenfiguren, die eher maskulin als feminin auftreten, bzw. werden viele Männerrollen von Frauen gespielt. Johnnie To hat das ja vor wenigen Jahren in Wu-Yen wieder aufgegriffen, und in The Love Eterne, einem stilbildenden Vertreter der so genannnten Huangmei Opera, ist es gar so, dass sich eine Frau, um an einer Universität studieren zu können, als Mann ausgeben muss, und während des Studierens dann sich in einen jungen Mann verliebt, der zwar ebenfalls von einer Frau gespielt wird, in der Erzählung aber fest als "Mann" verankert ist. Bei der Berlinale, wo der film dieses Jahr wieder gezeigt wurde, ergab das beim Publikum einige verblüffte Verwunderungen, da viele merklich davon ausgingen, dass sich der Film vor allem darum dreht, dass irgendwann beide rauskriegen, dass sie beide eigentlich nur Frauen in Männerkostümen sind (was natürlich nicht eintrat, klar).

Soweit ich weiß, hat Tsui Hark in Blade, einem Remake der One-Armed-Swordsman-Geschichte, den homoerotischen Nukleus noch verstärkt: Hier treten dann, dem Vernehmen nach (einer der zahlreichen Filme, die ich zwar hier, aber noch nicht gesehen habe), zahlreiche Figuren offenkundig als Homosexuelle auf.

Zur Literatur: In ihrem Buch Schöner Schmerz geht Petra Rehling mal kurz auf Geschlecht im Hongkongfilm ein. Dies aber recht kurz angebunden und auch nicht sonderlich gut. Überhaupt ist das Buch, leider, kaum bis nicht empfehlenswert. In den USA sieht der Buchmarkt zum Hongkongkino schon besser aus: Wissenschaftliche Essaysammlungen sind Planet Hong Kong von Bordwell, City on Fire, Cinema of Hong Kong: History, Arts, Identity und At Full Speed: Hong Kong Cinema in a Borderless World. Bis auf das Zweitgenannte habe ich auch alle hier, allerdings noch nicht zur Gänze durchgelesen. Ärgerlicherweise habe ich die auch gerade alle verliehen, weswegen ich nicht nachschlagen kann. Ich denke aber, dass Cinema of Hong Kong in dieser Frage am vielversprechendsten ist. Bordwell betreibt in seinem Buch eher formalistische Betrachtungen und geht eher weniger auf Identität ein (zum Glück, wie cih finde, ich selber finde diese Thematiken nämlich auch eigentlich eher langweilig ;-) ).

Grüße,
Thomas


manuelas, Samstag, 21. August 2004, 16:40
danke für die ausführliche antwort. dies buch von brodwell müsste ich mir mal zulegen, schade nur das es das nicht übersetzt gibt.
stimmt schon, dass die "queerness" bei es bei "new one armed swordsman" schon nicht mehr latent mitschwingt sondern recht offen ist. ich fand auch den gesichtsausdruck des helden auf seinem rachefeldzug grossartig, wie er ständig den tränen nahe alle gegner niedermetzelt...
den tsui hark film (blade) konnte ich jetzt in der imdb nicht finden, gibts den denn im videodrom?


thgroh, Samstag, 21. August 2004, 17:47
Bei der imdb findest Du ihn hier. Im Videodrom steht der auf jeden Fall (einfach mal im Online-Archiv "tsui hark" bei der Suche eingeben), aber soweit ich weiß ich nur auf VHS. In der Amerika Gedenkbibliothek gibt's den Film auch als DVD (mit korrektem Bildformat ;-) ). Da muss man mal die Suche in der Datenbank bemühen: Soweit ich weiß wird der nicht ins Regal gestellt, sondern ist im Magazin gelagert (und somit glücklicherweise auch häufig erhältlich, allerdings kann es knapp ne Viertelstunde dauern, bis der Film aus dem Magazin gebracht wird).

Das Bordwell-Buch ist wirklich exquisit. Und glücklicherweise auch leicht genug verständlich, da es schon eher ein Fan-Buch statt wissenschaftliche Publikation ist, aber eben noch genügend analytisch durchzogen ist. Rentable Lektüre, wie ich finde. :-)



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