10.09.2004, Heimkino

Mir scheint, man kann diesen Film vorrangig auch als auf Ebene der Montage erzählt wahrnehmen. So gesehen handelt The Getaway davon, wie entweder ein Mann oder aber ein Paar aus Mann und Frau wieder in die Linearität und in ihr Hier und Jetzt zurückfindet. Wie Beschädigungen - an Geist, Stolz und Liebe gleichermaßen - überwunden werden.

Die ersten acht Minuten, die diese Erzählung bereits voll etablieren, sind schier atemberaubend: Doc ist im Knast, seit Jahren schon. Dies wird nicht nur einfach erzählt, es wird filmisch kommuniziert: Die Montage zerhäckselt alles. Bild und Ton gehen Scheren ein, die sich zwar gelegentlich schließen, nur um sich erneut weit klaffend zu öffnen. Einschneidungen von einer Kürze, die nur mit Framezahlen noch wiederzugeben wären. Es gibt keine Zeitspur, kein Hier und Jetzt, das als filmische Gegenwart wahrzunehmen wäre. Es gibt nur alles erdrückenden Zustand, der nicht zu bändigen ist, schon gar nicht von dem, der, wortwörtlich, drin gefangen ist; eine Maschinerie - unaufhörlich bestimmt das Rattern einer industriellen Maschine die Schnittfolgen, sie verstummt schlagartig mit der Öffnung des Tors zur Freiheit -, die Dich beschädigt, zerstört, Dir alles nimmt. Dazwischen immer wieder Gesten der Zärtlichkeit, eine Frau, die weit weg ist. Erinnerung? Zukunft? Wunschvorstellung? Der filmische Raum bleibt im Vagen.

Dann die Freiheit. Und wieder sind Raum und Zeit Gegenstand der Sabotage. Die beiden Eheleute, noch distanziert, stehen an einem Fluß, ringsumher ausgelassene Kinder, Sonnenanbeter. Der Blick ins Wasser, in Zeitlupe der Sprung hinein. Sich Küssen im Fluss. Der Schnitt zurück ans Ufer, der Sprung hat nicht stattgefunden. Wunsch des Beschädigten also. Und dann aber eben doch die Andeutung des Sprungs, der jedoch keine Vollendung im Bild findet. Schnitt in die Wohnung der Beiden: Beide nass, der Sprung, das ausgelassene Spiel im Wasser hat augenscheinlich doch stattgefunden. Blick in die Zukunft dann also doch? Oder nur illustrierte innere Welt? Der Raum bleibt weiterhin im Vagen.

Am Ende dann die Fahrt zum Horizont, eine lange Einstellung. Beide, nach unzähligen Querelen und Anstrengungen, wieder vereint. "Sie ist ein feiner Kerl, ohne sie wäre ich aufgeschmissen", meint der Typ, der beide über die Grenze nach Mexiko bugsiert, als er von seiner Gattin spricht. Der erste Mensch, der die beiden inmitten ihrer Krise gut behandelt und ihnen den Trost der Solidarität spendet: "Ich hatte auch schon Ärger mit der Polizei." Die Geste bleibt nicht unbelohnt, der grimmige Existenzialismus erfährt eine zusätzliche zärtliche Nuance. Alles ist möglich, wenn man sich nicht hängen lässt. Sogar die Re-Etablierung eines integeren Raums, der nicht durch Institutionen, Geldhaie, schmierige Gangster und Denunzianten destabilisiert wird. Die letzte Einstellung ist lange, ihren Raum haben sich die Beiden mit Händen und Füßen zurückerobert.

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