18.11., UFA Palast Kosmos

Das war es also. Das war die Matrix-Trilogie. Nachdem Reloaded (USA 2003) mich bestenfalls kalt ließ, schlechtestenfalls eines der mißglücktesten Sequels aller Zeiten darstellte, wusste Revolutions mich zumindest über weite Strecken zu unterhalten. Schon alleine, weil nicht alle naselang der Plot mit allerlei bedeutungsschwangerem, indes kaum dechiffrierbarem Trallala künstlich aufgebläht wurde, sondern weil man relativ straight zur Sache ging: In die Matrix selbst verwirrt man sich selten, kaum einer der Charaktere - dies gilt in der Tat auch fast für Neo selbst, der zu Beginn für seine Apostel verschwunden ist, es später im Bild dann auch lange bleibt - kommt über eine bloße Nebenrolle hinaus. Dafür bekommt man den Angriff auf Zion wie, natürlich, das finale Duell zwischen Neo und Smith in einer atemberaubenden Weise kredenzt, die nur sehr wenig mit klassischem Erzählkino zu tun hat. Bildästhetisch erinnert das alles viel eher schon an die vulgär-surrealistische Auflösung der Erlösergeschichten in Jodorowskys bekanntesten Filmen oder aber an Tsui Harks herrlich unbekümmerte Fantasy-Achterbahnfahrt The Legend of Zu (Hongkong 2001), die wiederum, welch Zufall, ganz hoch in Jodorowskys Gunst steht. Da nur wenig mit unnötig schwerem Brimborium ausgestattet, gibt es kaum einen Grund, sich diesem bildgewaltigen Treiben in Revolutions nicht entspannt hinzugeben.

Back to the roots also, im doppelten Sinne: Die Dreistigkeit, mit der man sich aus der Rolle des bloßen Weltenmythen-Zitierens und -Verwurschtelns hinausbewegt, um zum Ende hin - an dem sich in etwa bewahrheitet, was alle eh schon dachten - diesen Mythen den eigenen überzustülpen, hat schon einen gewissen Reiz. Gehen am Ende etwa alle Superhelden-Geschichten - und eine solche zu sein, deutete ja bereits das letzte Bild des ersten Teils mehr als bloß an - auf die Geschichte jenes Jesus von Nazareth zurück? Beziehungsweise geht dessen Geschichte wiederum auf die Matrix zurück? Ein im Abspann in der Tat so bezeichneter Deus Ex Machina jedenfalls formt sich gegen Ende hin aus Myriaden von Wächtern über den wie gekreuzigt darnieder liegenden Neo: "Es ist vollbracht!"

Gewiss, die Lücken im Script und auch nach mehrmaligem Hin- und Herwenden dramaturgisch wie narrativ wenig ökonomische Szenen vergällen einem den Film, die Trilogie noch immer, wenn man mal drüber nachdenkt. Da hat man sich nicht zur Gänze von Reloaded befreien können. Den Widerspruch aber zu wagen, sich selbst in die Tradition des Superhelden-Motivs - gleichsam als die ewige Erzählung der Menschen (ich verweise hier auf den so großartigen wie unterbewerteten Unbreakable (USA 2000) von M. Night Shymalan) - zu stellen, gleichzeitig aber auch den Status der großen Meta-Erzählung desselben für sich zu proklamieren, das ist in der Tat bemerkenswert. Wie überhaupt auch der Widerspruch als oberstes Gebot in diesem bonbonfarbenen, so friedlich scheinenden Happy End, das doch bestenfalls nur dystopisch, wenn nicht nihilistisch sein kann, Entsprechung findet.

Ich will es sicher nicht beschreien, aber vielleicht haben die Wachowski Brothers doch noch, beinahe schon unbemerkt, einen überaus subversiven Mainstream-Knaller geschaffen, der sich im semantischen System, einem Virus gleich, ganz prima einnistet, bevor er an sein Werk geht. Dies unter Beweis zu stellen, fällt einer erneuten, retrospektiven Betrachtung der Trilogie mit etwas historischem Abstand anheim. Welche Ergebnisse diese zutage fördern wird, ist denkbar ungewiss. Das letzte Wort zur Matrix, das zumindest ist sicher, scheint noch nicht gesprochen.

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