Thema: literatur
Wieder viel Neues erstanden die letzten Tage. Der Flohmarkt zeigte sich mal wieder als eine kleine Schatzkiste, aber auch in üblichen Lokalitäten wurde manches Mal der Geldbeutel gezückt, sträflich oft vielleicht auch. (aber wie benennt es ein Buchhandel in Prenzlauer Berg so schön beim Namen: "Bücher sind Lebensmittel" - so steht das dort groß draußen über dem Eingang)

Fred Gehler/Ulrich Kasten (Hrsg.) Friedrich Wilhelm Murnau. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin (DDR). 1990.
Ein schlicht gestaltetes Hardcover, das neben einem langen und offenbar eher biografischen Essay der Herausgeber auch eine große Sammlung von Texten aus Murnaus Feder enthält. So finden sich Aussagen aus Interviews genauso wie großzügiger angelegte Wortmeldungen in vornehmlich us-amerikanischen Organen des Filmjournalismus (ob sich diese Fundstücke auch im schönen Berlinale-Begleitband zur Murnau-Retrospektive 2003 finden, muss ich noch nachschlagen). Fernerhin gibt es Auszüge aus dem Drehbuch zu Sunrise, der demnächst im Kino Arsenal zu sehen sein wird (und den ich hoffentlich wahrnehmen kann). Viele schöne Fotos runden das Buch ab, auch wenn ich auf ein Foto von Murnaus Leiche im Sarg ehrlich gesagt gut hätte verzichten können.

Ingmar Bergman: Mein Leben. Verlag Volk und Welt, Berlin (DDR), 1989.
Autobiografie des schwedischen Auteurs im robusten, aber handlichen Hardcover zum antiquarisch sehr günstigen Preis. Zwar bin ich kein allzu großer Freund von Biografien - ob nun selbst verfasst oder nicht -, aber wenn sich einem die Gelegenheit bietet, kann man solche auch günstig mitnehmen.

Michael Hanisch: Western. Die Entwicklung eines Filmgenres. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin (DDR), 1986.
Eine in der DDR verfasste Genealogie des us-amerikanischsten aller Genres ist natürlich per se schon interessant, zumal, wenn man sich, wie im Vorwort beschrieben, allein auf Western beschränkt, die auch im Land des Westerns enstanden sind. Die zwischen Kritik und Affirmation alternierende Perspektive des (in sich nun allerdings auch nicht homogenen) Italowesterns kann also bei der Bewertung des Genres nicht berücksichtigt werden. Fernerhin ist der Hardcoverband im nahezu quadratischen Format eine kleine Zierde für's Regal und vor allem seine reichhaltige Bebilderung gerade der ersten Regungen des Filmwesterns lädt auch zum versunkenen Quer-Schmökern ein. Auch hier glücklicherweise ein diebisch günstiger Preis!

Thomas Lindeberger/Alf Lüdtke (Hrsg.) Physische Gewalt. Studien zur Geschichte der Neuzeit. Frankfurt a.M., Suhrkamp 1995.
In zahlreichen Aufsätzen werden das Phänomen der physischen Gewalt, ihre Bedingungen und Räume im Laufe der letzten Jahrhunderte beleuchtet. Das Spektrum reicht dabei von kriegerischer über öffentliche, politische bis hin zur häuslichen Gewalt. Generell steht dabei die Alltäglichkeit von physischer Gewalt im Fokus.

Stanislaw Lem: Die Ratte im Labyrinth. Ausgewählt von Franz Rottensteiner. Frankfurt a.M., Suhrkamp 1982.
Erzählungen und Kurzgeschichten vom Meister der interdisziplinär sich verstehenden Science Fiction.

Hubert Horstmann: Die Rätsel des Silbermonds.
Werner Steinberg: Die Augen der Blinden.

Ich entwickle langsam ein Herz für die Ausgaben der DDR-Reihe SF Utopia aus dem Verlag Das Neue Berlin. Dies macht sich vorrangig auf ganz primärer Ebene sinnlich fest: Ich mag zum einen die individuelle wie konzeptionelle Covergestaltung der Reihe sehr gerne, fernerhin ist das Material des Einbands ein sehr schönes (das ist, glaube ich, mattes Leinenmaterial). Von der literarischen Qualität konnte ich mich bislang nicht überzeugen, aber rein sinnlich machen diese Bücher eben was her (und diese Pfeifenrauchermentalität, dass ja nun allein der Inhalt eines Buches zähle und den könne man, bei vorhandener Güte, ja durchaus auf das ästhetische Empfinden schlichtweg beleidigende Weise verpacken, ist ja mal wirklich sowas von ungemein unangenehm). Ich erhoffe mir aber zumindest ein angenehmes Trivialliteraturerlebnis (und alles, was darüber hinaus sich noch einstellt, wird natürlich dankbar in Empfang genommen).


Dorothee Kimmich (Hg.) Charlie Chaplin. Eine Ikone der Moderne. Frankfurt a.M., Suhrkamp 2003.
Der Band bietet eine schöne Zusammenstellung historischer Texte, die sich meist essayistisch mit Chaplin beschäftigen. Neben den naheliegenden Versuchen der deutschen Denker aus dem kritisch-soziologischen Umfeld und einigen Exkursen in die frühe Filmtheorie erschließt der Band auch einige französische Texte erstmals einer deutschsprachigen Leserschaft. Ein schöner Band, wie mir scheint.


Enno Patalas: Alfred Hitchcock. München, dtv 1999.
Ein weiteres Hitchcock-Portrait ist eigentlich unnötig, in diesem Falle reizt mich mehr der Autor, der Filmhistoriker Patalas. Ich bin gespannt, ob es ihm gelingt, den ungeheuren Wissenskosmos, der sich um Hitchcock bildet, eventuell mit Fragmenten des eigenen, großen Wissens anzureichern oder aber ihn zumindest in griffiger Form zu strukturieren. Ein erster Blick hinein ergibt den Eindruck eines leicht lesbaren, eher kompilierenden Werkes, das aufgrund zahlreicher ergänzender Textkasten am Rande auch zerstreuende Querlektüre mit Gewinn ermöglicht. Schön anzusehen sind die großzügig vorhandenen farbigen Bildreproduktionen in gestochen scharfer Qualität.


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