26.11., UCI Kinowelt Friedrichshain

Der diskrete Charme wattiger Familienunterhaltung. Nicht so brachial verkleistert/-nd wie vergleichbare Ware der Konzernmutter Disney, auf Gesangseinlagen wartet man glücklicherweise vergebens. Natürlich, das ist alles so trivial wie harmlos und auch unerheblich. Und trotzdem machen die liebevoll gezeichneten Schrulligkeiten der Charaktere Spaß: Jeder lebt so als eine kleine Welt für sich in einer Welt der Größe eines Ozeans und kommt so irgendwie zurecht. Da gibt es vegetarische Haie, Fische mit memento-haftem Gedächtnisschwund, verhuscht blubberblasenliebende Aquariumsbewohner (mein heimlicher Favorit) und weiß nicht, was noch alles. Vergleichsweise blass dagegen schon Nemo selbst und sein Vater, der ihn sucht - deren Geschichte dient letztendlich nur der Legitimation dieser Weltenkonstruktion. Und diese erweist sich als höchst gelungen: Selbst noch nach der Monster AG (USA 2001), die dahingehend Standards setzte, ist es hier wieder aufs Neue erstaunlich, wieviel Emotion ein paar Pixel auszudrücken vermögen: Die Tendenz geht hin zum Vertuschen des eigenen Ursprungs, was einem schnell dämmert, ertappt man sich dabei, doch tatsächlich vergessen zu haben, Bits und Bytes bei der Arbeit zuzusehen. Ich bin mir nicht sicher, ob das gut ist (weil: die Illusion fotorealistischer Darstellung kann doch nun nicht wirklich Anliegen der Computeranimation sein, was für eine Verschwendung an Potential!).

Am Ende ist alles wieder gut, damit ist nicht zuviel verraten. Man kann dem zuschauen, ohne, wie bei Muttern, Brechreiz zu kriegen. Das ist doch ganz gut soweit. Unterm Strich war die Monster AG dann aber doch unterhaltsamer und ich möchte fast sagen: beeindruckender. Weil, wenn man mal ehrlich ist: Diese Welt war doch weit komplexer, es gab mehr zu sehen, weil man eben nicht dauernd, böse gesagt, durch blaues Wasser schwamm. Und letzten Endes geht man, wird man nicht gerade vom Nachwuchs in die Pflicht genommen, doch wirklich nur wegen dem Schauwert in diesen Film. Das hat man mit den ersten Kinogängern zu Paris irgendwann Ende 19. Jahrhundert gemein.

imdb | mrqe | links@filmz.de | angelaufen.de


° ° °




kommentare dazu:



tillmann, Donnerstag, 27. November 2003, 10:48
das sind wir mal
ja so ziemlich genau einer Meinung. Macht Spass, aber ist auch irgendwie unerheblich... ;-)

Meine Liebste ist allerdings immer noch begeistert ("Sooo süüß, die Fischis...")

Hast du das hier gesehen? --> http://infam.antville.org/stories/593216/


immo, Donnerstag, 27. November 2003, 14:15
Meine
Liebste ja auch, wie sie mir gestern per Teleon mitteilte (sind gerade leider räumlich ein bißchen getrennt). Ich fand die Fischis ja aber auch toll soweit, vor allem halt den Blubbelliebhaber, der war toll. :)

Jo, das bild kenne ich schon, das kursiert derzeit ja in fast allen Blogs. :)


tillmann, Donnerstag, 27. November 2003, 16:25
der mit den Bubbeln
hat mir auch Spass gemacht. Und der singende Wissenschaftler-Rochen auch. Schön fand ich auch, dass im Abspann das eine Monster aus Monster AG noch durchs Bild schwimmt.

Macht die Liebste Urlaub?


immo, Donnerstag, 27. November 2003, 16:31
Jo, der Abspann mit dem Cameo - ein zukünftiges Maskottchen? - war ebenfalls nett, obwohl ich da die "Outtakes" bei Monster AG auch irgendwie inspirierter fand. :)

Nein, die Liebste arbeitet derzeit gerade in Bayern. Kommt alle paar Monate mal vor, dass sie dafür auch weite Strecken zurücklegen muss.

xara, Freitag, 28. November 2003, 11:54
süß aber unerheblich
so sehe ich es auch. unglaublich reizend, wieviel emotionen in solch gemalten bilderchen liegen - manchmal bestand der lacher überhaupt nur in der gesichtsregung.
aber was mir bei dieser art filmen immer wieder auffällt ist die inhaltliche ähnlichkeit. - bei 'ice age' und 'shrek' ganz besonders stark, doch die parallelen zu nemo sind deutlich.. da frage ich mich: leiden die filmemacher unter ideenschwund?


immo, Freitag, 28. November 2003, 13:25
Ich denke, dass der 3D-Animationsfilm noch einem Konstituierungsprozess unterworfen ist. Trotz regelmäßigen Medienrummels gibt es ja bislang erst eine gute Handvoll solcher Filme. Und da solche Filme nicht so vergleichsweise schnell produziert werden wie Realfilme, dauert dieser Festigungsprozess noch eine Weile. Will heißen (was ich auch schon in dem Eintrag schrieb): Die Filme sind in erster Linie (kindergerechtes) Spektakel, in dem die Schauwerte oberstes Primat genießen. Handlungsstrukturen sind da natürlich untergeordnet, bzw. am eigentlichen Anliegen orientiert: Den Zuschauer verblüffen. Und, nennen wir sie mal so, "Roadmovies" sind dafür noch immer das naheliegendste, weil sich so eine Vielzahl an fantasievoll gestaltbaren Figuren und Episoden aneinanderreihen lassen, die Suche nach etwas meist an sich schon für Spannung sorgt und obendrei noch etwas rührseliges Sentiment mitbeigefügt werden kann.

Bis sich diese Art der Filmproduktion vom Staunen über den "state of the art" der Technik emanzipiert har und sich eigene Strukturen entwickelt haben, wird wohl noch eine Zeit vergehen. Aber mal sehen, was dann so kommt. Aber: Will man das eigentlich auch?


tillmann, Montag, 1. Dezember 2003, 01:11
immerhin
passiert in Computeranimation inzwischen mehr als im IMAX. Bin mal gespannt, wann da endlich mal was interessantes passiert, was über das Spektakel der Technik hinaus geht. Nur mal so eine Idee, die ein Freund äusserte, als wir aus einem IMAX-Film rausgingen: "Stell dir das mal als Porno vor,..."


immo, Montag, 1. Dezember 2003, 02:04
Haha -
Tolle Anekdote, die einmal mehr meine These unter Beweis stellt, dass Fortschritt im Bereich der audiovisuellen Medien doch meist umgehend für pornografische Ästhetikdiskurse genutzt werden will, bzw. diese oft auch Grund dieses Entwicklungswillens sind. Nicht umsonst ist der Porno, neben dem naheliegenden Actionfilm, das erste Genre der Filmgeschichte gewesen. Lässt sich vielleicht die ganze Kultur- und Technikgeschichte des Menschen als eine Geschichte der Pornografie lesen?

Dass aber im IMAX weit weniger passiert als im Animationsfilm, liegt wohl auch einfach an der Sperrigkeit der Aufnahme- und Projektionstechnik. Was ich gehört habe, existieren weltweit gerade mal 9 Kameras, die IMAX-Filme erstellen können. Diese sind dann auch noch so klobig und im Gebrauch unpraktisch (kurze Filmrollen, extrem lange Wechselzeiten), dass kaum ein Mensch damit arbeiten will. Und wie wenige Kameramänner sind in diesem Gebiet überhaupt befähigt? Dann gibt es nur wenige Kinos, die das überhaupt wiedergeben können. Ich denke, dass IMAX sich in einem ähnlichen Konstituierungsprozess wie der Animationsfilm befindet, nur aufgrund seiner ökonomischen Widrigkeiten wesentlich langsamer vor sich hintappst. Was einmal mehr beweist, dass man die Filmgeschichte nicht ohne eine Technikgeschichte lesen darf und diese wiederum nicht von wirtschaftlichen Faktoren loslösen darf.



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