Thema: Hoerkino
In der heutigen taz bespricht Tim Stüttgen die CD 'Geisterfaust' von Bohren & der Club of Gore.

Und es ist ja sicher gut gemeint, was hier steht. Über Promo-Schleuderei kommt's trotzdem kein Stück hinaus, und im letzten Absatz - gerade so, als könne das alles ja so nun nicht stehen bleiben - fügt man dann noch ein Stück selten dummes Geunke an. Eher ist zwischen allen Zeilen und Sätzen Ratlosigkeit herauszulesen, die sich aber nicht konkret fixiert, sondern sich mit Kultabfeierei und blöden Übertreibungen wie Motiven zu kaschieren sucht. Kein wirkliches Wort etwa über die neue CD, und dass Bohren hier nun in fester Form angekommen seien: Absoluter Scheiß, der Mann hat die CD offenbar schlicht nicht angehört - wie jedes andere Album der Band ist auch dieses ein hermetisches mit zwar üblich urbaner Tristesse, aber von eigenem Klangkonzept. 'Black Earth', das letzte Album der Band, unterscheidet sich de facto und ganz offensichtlich in seinem Konzept von 'Geisterfaust'. Wer hier implizit Redundanz anmäkelt, sollte mal im CD-Player nachschauen, ob er überhaupt die richtige CD eingeschmissen hat.

Dafür präsentiert Stüttgen aber viel Werdegang-Abschreiberei von üblichen Waschzetteln. Man merkt, dass sich hier jemand gerne zum Insider gerieren will: Er schreibt von Kaschemmen, in denen er offenkundig nie gewesen ist. Schreibt von Kultbands, die er als solche erst wahrnimmt, wenn auch der Hinterletzte das mittlerweile mitbekommen hat, gibt sich aber den Ruch des Kenners und Entdeckers. Dazu übliche Floskeln wie die von wegen "Lynch" und "Carpenter", mit denen man Bohren vor 5 Jahren vielleicht noch hätte fassen können (wobei zumindest eine klangliche Nähe zu Carpenters Musikminiaturen bemerkenswert wenig vorhanden ist) - dass diese auf die jüngste Inkarnation allerdings kein Stück weit zutreffen: Was soll's, offenbar, klingt dafür ein bisschen klug und die wenigsten Leser werden sich die CD überhaupt anhören: Voll egal also. Und dann so ein blöder Faux-Pas wie "Schwarzer Samt für Dean Martin" - ersetze "Samt" durch "Sabbat" und wir lägen richtiger.

Ansonsten eben viel an sich zwar gutgemeintes Geunke - "Nein, also diese kuriosen Horrorfans!" - , das aber über Kuriositätsgewäsch nie hinauswächst und damit einer Bastion des guten Geschmacks wie Bohren nach Strich und Faden Gewalt antut.

Ach, taz. Erst letztens diese scheussliche Kritik zur neuen Kammerflimmer Kollektief CD (wir erinnern uns: Elfen und Zwerge, die man bei der Musik vor dem geistigen Auge tanzen sähe - was ein Bullshit.) und nun dieses Ärgernis. Was soll das bitte?


° ° °




kommentare dazu:



kid37, Montag, 2. Mai 2005, 16:41
Das sogenannte "Feuilleton" der taz kann ich seit Jahren nicht mehr ernst nehmen. Auch im Kunstbereich - ganz große Umwehung des Ahnungslosen.


thgroh, Montag, 2. Mai 2005, 17:12
Ach, hie und da ist das schon lesenswert, zumal im Filmbereich. Cristina Nord schreibt sehr kompetent, dann und wann erfreulicherweise auch über Dinge jenseits aktuellen Kino- und DVD-Betriebs. Und natürlich knoerer, der ist ja auch dann und wann mit einem Filmtext dort vertreten.

So ganz pessimistisch würde ich das also nicht sehen, eher ein recht ambivalentes Feuilleton, mit sehr lichten und auch manchmal gepflegt dunklen Momenten.


kid37, Montag, 2. Mai 2005, 18:03
Beim Drüberbügeln trifft man natürlich auch schon mal die Falschen. Heute war mir mal nicht nach Relativieren ;-)



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