Thema: Kinokultur
... und ich unterstütze dies selbstverständlich (auch wenn ich - noch ;-) - kein Mitglied bin).
Es geht um die seitens der Verleihe und ihrer Presseagenturen einreißende Unsitte, den Filmjournalisten ein Besprechungsverbot vor einem bestimmten Datum aufzuerlegen. Meines Wissens erstmals wurde dies anlässlich von Kill Bill 2 versucht, bei Krieg der Welten schaut's nun so aus, dass der (nach Kontrollen und Abgabe von JackeTascheMantelHandy ohnehin schon gegängelte) Filmjournalist obendrein eine Erklärung unterzeichnen soll, die ihn halbseiden verpflichtet, nicht vor Tag X ein Wort über den in Folge gezeigten Film zu verlieren. Dies bremst nicht nur traditionelle Filmmagazine wie epdFilm, Schnitt und film-dienst entschieden aus, die nicht mehr in der Lage sind, mit dem Vorlauf, den Abschlussredkation, Druck und Vertrieb benötigen, über neue Kinostarts zu berichten, es behindert auch die klassischen Feuilletons (die aber immerhin ohnehin meist erst am Tage des Kinostarts berichten), vor allem nimmt dieses Vorgehen aber den immer zahlreicher und wichtiger werdenden Internetmedien - dieses Weblog ein solches - die Möglichkeit, eine Vorfeldberichterstattung zu leisten. Gerade im Internet ist aber gerade dieser Faktor ein absolut geldwerter: Wer früher berichtet, kriegt die ersten, vor allem aber die meisten Klicks (und kann diese wiederum über Werbung 'umsetzen').
Bereits zum Start von Kill Bill 2 gab es leisen, vereinzelten Protest: F.LM - Texte zum Film, die frühere Zeitschrift, nunmehr Onlinemagazin, für die/das ich als freier Redakteur tätig bin, boykottierte die Berichterstattung zum Film und veröffentlichte stattdessen eine Stellungnahme zu diesem Eingriff in die Rechte der Autoren und des Journalismus. Zum Start von Krieg der Welten hat nun der in der öffentlichen Wahrnehmung ungleich gewichtigere Verband der deutschen Filmkritik ein öffentliches Protestschreiben herausgegeben, das hier im vollen Wortlaut zitiert werden soll:
Protest gegen das Verhalten des Filmverleihs bei „Krieg der Welten“
und der Behandlung von Filmjournalisten in Deutschland
Der Verband der deutschen Filmkritik protestiert aufs Schärfste gegen die Vorgehensweise bei den Presse-Vorführungen zu dem Steven-Spielberg-Film „Krieg der Welten“. Der Filmverleih UIP verlangt von den Filmjournalisten, dass sie vor den landesweit am 27. Juni 2005 angesetzten Presse-Vorführungen eine Erklärung unterschreiben, keine Kritik vor dem 29. Juni, dem Starttermin des Films, zu veröffentlichen.
Dieses Vorgehen behindert nicht nur die Presse - hier die Filmkritik - bei der Ausübung ihrer von der Verfassung garantieren Rechte. Auch wird der Eindruck erweckt, dass Journalisten mit juristischen oder anderen Repressalien rechnen müssen, wenn Sie diese Verpflichtungserklärung nicht unterschreiben oder ihr zuwiderhandeln.
Die Umstände bei der bisher einzigen Presse-Vorführung des Films in Berlin am 14. Juni 2005, sind ebenfalls ein schwerer Eingriff in die Arbeitsbedingungen für Filmjournalisten. Wie schon bei Pressevorführungen von Filmen anderer Verleihe mussten die Journalisten Mäntel, Taschen und alle technischen Geräte abgeben, auch Handys, durch eine Körperkontrolle gehen und wurden während der gesamten Vorstellung mit Sichtgeräten und von Sicherheitskräften beobachtet.
Eine solche Behandlung rückt uns in die Nähe von Verbrechern und suggeriert den weit hergeholten Verdacht, anerkannte Filmkritiker würden unprofitable kriminelle Handlungen begehen. Die Wartezeiten beim Abgeben und Abholen der deponierten Teile kann den Zeitaufwand für die Rezension eines einzigen Films um bis zu 60 Minuten verlängern. Dass Handys zu den abzugebenden Geräten zählen, erschwert die Situation. Kaum ein Journalist kann es sich leisten, darauf zu verzichten, da er nur so direkt vor und nach der Vorführung für seinen Arbeitgeber bzw. Auftraggeber erreichbar ist. Dies obwohl selbst modernste Handys nicht das aufnehmen können, was Verleiher befürchten: publikationsfähige Bilder oder bis zu 120 Minuten deutsche Tonspur für die unerlaubte Synchronisation amerikanischer Raubkopien.
Der Verband der deutschen Filmkritik protestiert daher gegen diese Hochsicherheits-Vorführungen und Verpflichtungserklärungen.
Er fordert seine mehr als 300 Mitglieder auf,
- die Öffentlichkeit über diese skandalöse PR-Politik im Zusammenhang mit den Voraufführungen des Films in Kenntnis zu setzen
- in Zukunft entsprechende Verleiher-Embargos zu ignorieren beziehungsweise diese Filme nicht zu besprechen
Der Verband der deutschen Filmkritik appelliert an die politischen Repräsentanten aller Parteien, insbesondere an die Kulturstaatsministerin, Maßnahmen gegen diese nicht hinnehmbare Praxis der Knebelung und Manipulation der Arbeit der Presse zu ergreifen.
Der Verband der deutschen Filmkritik fordert die Filmverleihe auf, von solchen Maßnahmen grundsätzlich Abstand zu nehmen.
Saarbrücken, 21.6.2005
Verband der deutschen Filmkritik
der Vorstand: Dr. Andrea Dittgen, Wolfgang Hamdorf, Dr. Josef Schnelle, Rüdiger Suchsland, Rudolf Worschech
Es geht um die seitens der Verleihe und ihrer Presseagenturen einreißende Unsitte, den Filmjournalisten ein Besprechungsverbot vor einem bestimmten Datum aufzuerlegen. Meines Wissens erstmals wurde dies anlässlich von Kill Bill 2 versucht, bei Krieg der Welten schaut's nun so aus, dass der (nach Kontrollen und Abgabe von JackeTascheMantelHandy ohnehin schon gegängelte) Filmjournalist obendrein eine Erklärung unterzeichnen soll, die ihn halbseiden verpflichtet, nicht vor Tag X ein Wort über den in Folge gezeigten Film zu verlieren. Dies bremst nicht nur traditionelle Filmmagazine wie epdFilm, Schnitt und film-dienst entschieden aus, die nicht mehr in der Lage sind, mit dem Vorlauf, den Abschlussredkation, Druck und Vertrieb benötigen, über neue Kinostarts zu berichten, es behindert auch die klassischen Feuilletons (die aber immerhin ohnehin meist erst am Tage des Kinostarts berichten), vor allem nimmt dieses Vorgehen aber den immer zahlreicher und wichtiger werdenden Internetmedien - dieses Weblog ein solches - die Möglichkeit, eine Vorfeldberichterstattung zu leisten. Gerade im Internet ist aber gerade dieser Faktor ein absolut geldwerter: Wer früher berichtet, kriegt die ersten, vor allem aber die meisten Klicks (und kann diese wiederum über Werbung 'umsetzen').
Bereits zum Start von Kill Bill 2 gab es leisen, vereinzelten Protest: F.LM - Texte zum Film, die frühere Zeitschrift, nunmehr Onlinemagazin, für die/das ich als freier Redakteur tätig bin, boykottierte die Berichterstattung zum Film und veröffentlichte stattdessen eine Stellungnahme zu diesem Eingriff in die Rechte der Autoren und des Journalismus. Zum Start von Krieg der Welten hat nun der in der öffentlichen Wahrnehmung ungleich gewichtigere Verband der deutschen Filmkritik ein öffentliches Protestschreiben herausgegeben, das hier im vollen Wortlaut zitiert werden soll:
Protest gegen das Verhalten des Filmverleihs bei „Krieg der Welten“
und der Behandlung von Filmjournalisten in Deutschland
Der Verband der deutschen Filmkritik protestiert aufs Schärfste gegen die Vorgehensweise bei den Presse-Vorführungen zu dem Steven-Spielberg-Film „Krieg der Welten“. Der Filmverleih UIP verlangt von den Filmjournalisten, dass sie vor den landesweit am 27. Juni 2005 angesetzten Presse-Vorführungen eine Erklärung unterschreiben, keine Kritik vor dem 29. Juni, dem Starttermin des Films, zu veröffentlichen.
Dieses Vorgehen behindert nicht nur die Presse - hier die Filmkritik - bei der Ausübung ihrer von der Verfassung garantieren Rechte. Auch wird der Eindruck erweckt, dass Journalisten mit juristischen oder anderen Repressalien rechnen müssen, wenn Sie diese Verpflichtungserklärung nicht unterschreiben oder ihr zuwiderhandeln.
Die Umstände bei der bisher einzigen Presse-Vorführung des Films in Berlin am 14. Juni 2005, sind ebenfalls ein schwerer Eingriff in die Arbeitsbedingungen für Filmjournalisten. Wie schon bei Pressevorführungen von Filmen anderer Verleihe mussten die Journalisten Mäntel, Taschen und alle technischen Geräte abgeben, auch Handys, durch eine Körperkontrolle gehen und wurden während der gesamten Vorstellung mit Sichtgeräten und von Sicherheitskräften beobachtet.
Eine solche Behandlung rückt uns in die Nähe von Verbrechern und suggeriert den weit hergeholten Verdacht, anerkannte Filmkritiker würden unprofitable kriminelle Handlungen begehen. Die Wartezeiten beim Abgeben und Abholen der deponierten Teile kann den Zeitaufwand für die Rezension eines einzigen Films um bis zu 60 Minuten verlängern. Dass Handys zu den abzugebenden Geräten zählen, erschwert die Situation. Kaum ein Journalist kann es sich leisten, darauf zu verzichten, da er nur so direkt vor und nach der Vorführung für seinen Arbeitgeber bzw. Auftraggeber erreichbar ist. Dies obwohl selbst modernste Handys nicht das aufnehmen können, was Verleiher befürchten: publikationsfähige Bilder oder bis zu 120 Minuten deutsche Tonspur für die unerlaubte Synchronisation amerikanischer Raubkopien.
Der Verband der deutschen Filmkritik protestiert daher gegen diese Hochsicherheits-Vorführungen und Verpflichtungserklärungen.
Er fordert seine mehr als 300 Mitglieder auf,
- die Öffentlichkeit über diese skandalöse PR-Politik im Zusammenhang mit den Voraufführungen des Films in Kenntnis zu setzen
- in Zukunft entsprechende Verleiher-Embargos zu ignorieren beziehungsweise diese Filme nicht zu besprechen
Der Verband der deutschen Filmkritik appelliert an die politischen Repräsentanten aller Parteien, insbesondere an die Kulturstaatsministerin, Maßnahmen gegen diese nicht hinnehmbare Praxis der Knebelung und Manipulation der Arbeit der Presse zu ergreifen.
Der Verband der deutschen Filmkritik fordert die Filmverleihe auf, von solchen Maßnahmen grundsätzlich Abstand zu nehmen.
Saarbrücken, 21.6.2005
Verband der deutschen Filmkritik
der Vorstand: Dr. Andrea Dittgen, Wolfgang Hamdorf, Dr. Josef Schnelle, Rüdiger Suchsland, Rudolf Worschech
° ° °
kommentare dazu:
kid37,
Mittwoch, 22. Juni 2005, 01:44
Dieses Gebaren bei Pressevorführungen ist wirklich unerträglich. Ich gehe zu Blockbuster gar nicht mehr hin, kann mir das aber auch leisten. Kollegen, deren Job der Besuch derartiger Veranstaltungen ist, bekommen immer mehr und öfter einen dicken Hals.
Es erinnert ein wenig an die Situation der Computerspieler in den späten 80er Jahren. Der ehrliche Käufer wurde gegängelt mit zig Passwort- und Handbuchabfragen, während der Raubkopierer oft eine wunderbar bequem spielbare Version ohne Schikanen besaß.
Es erinnert ein wenig an die Situation der Computerspieler in den späten 80er Jahren. Der ehrliche Käufer wurde gegängelt mit zig Passwort- und Handbuchabfragen, während der Raubkopierer oft eine wunderbar bequem spielbare Version ohne Schikanen besaß.
thgroh,
Mittwoch, 22. Juni 2005, 15:08
Ich bin glücklicherweise in einer ähnlichen Situation: Ich gehe für gewöhnlich nur auf jene Vorführungen, die mich irgendwie interessieren oder wenn ich halt Lust drauf hab (da dieses Jahr so mau ist wie schon lange keines => entsprechend wenige PVen). Ich muss mir meine Brötchen damit nicht verdienen.
Wenn's mich dann doch mal zu einer 'großen' PV verschlägt, ist das dann auch meist alles sehr ärgerlich, was da abgeht. In der Regel 1h Vorlauf, um überhaupt reinzukommen, anschließend 1h Anstehen, wenn man sein Zeug wieder haben will. Da wird dann aus einer PV im Stil vom letzten Star Wars schnell mal eine Beschäftigung für einen halben Arbeitstag => indiskutabel.
Wenn's mich dann doch mal zu einer 'großen' PV verschlägt, ist das dann auch meist alles sehr ärgerlich, was da abgeht. In der Regel 1h Vorlauf, um überhaupt reinzukommen, anschließend 1h Anstehen, wenn man sein Zeug wieder haben will. Da wird dann aus einer PV im Stil vom letzten Star Wars schnell mal eine Beschäftigung für einen halben Arbeitstag => indiskutabel.
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