Thema: Kinokultur
29. Juli 05 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
... jetzt kommen die Queckse."
Zu den niederträchtigsten Eigenschaften des Menschen zählt nach allgemeiner Auffassung sicherlich das vergnügte sich die Hände Reiben nach Ableben einer Person ob sich dadurch mutmaßlich einstellender Gewinne und Vorteile. Der Körper hat das Zucken noch nicht eingestellt, schon werden erste Bilanzen erstellt und womöglich noch in aller Öffentlichkeit bereits erste Schritte zum baldigen Erreichen des Geldsegens unternommen.
Im Falle des jüngst geschlossenen Kino Kosmos, von dem die letzten Tage hier oft genug berichtet wurde, hätte man es sich vielleicht anders gewünscht, allein der Gedanke war wohl zu naiv. Jedenfalls, beim gestrigen Abendspaziergang, der mich unweigerlich auch, wie zum nochmaligen Abschied, vor "mein" Kino brachte, konnte ich eingangs erwähnte menschliche Hässlichkeit in voller Pracht erleben. Lidschäftig mit Tesaband angebracht, befanden sich an früherer Plakataushangstelle mehrere Plakate, immerhin gedruckt, also mit einigem Aufwand erstellt. Darauf zu lesen: "Gekommen, um zu bleiben. Die Kunden des Kosmos haben ein neues Zuhause: Cinestar Cubix am Alexanderplatz + Cinestar am Treptower Park".
Unanständiger geht's nimmer. Das Kosmos ist noch nicht richtig leergefegt, schon kommen aus den Fugen im Keller die ersten Kakerlaken angekrochen, die sich gierig auf das Stammkundenpotenzial des Kosmos werfen und nicht müde werden, sich selbst frivol als vermeintliche Alternative anzupreisen. Immerhin hatten 7000 Menschen per Unterschrift gegen die Schließung des Kosmos protestiert (eine, nur am Rande bemerkt, natürlich recht sinnbefreite Aktion, schloss das Kosmos doch nicht etwa wegen Mittelkürzungen, sondern aus rein marktwirtschaftlichen Gründen...), ein solcher Rahm will abgeschöpft werden. Dabei hat man vom Kino im Allgemeinen, vom Kosmos im Besonderen natürlich nicht das Geringste verstanden.
Wir erinnern uns: Das Kosmos war vor allen Dingen deshalb von Reiz, weil es die Annehmlichkeiten des Multiplex-Kinos mit den Vorzügen des heimeligen Kietz-Programmkino von der Ecke verband. Eine überaus günstige und sogar offensichtlich auch für Sozialschwache attraktiv konzipierte Preisstaffelung traf auf moderne Technik und große Leinwand - mit 1000 Plätzen war der Hauptsaal immerhin jahrzehntelang größtes Kino der DDR. Das Personal war freundlich und persönlich, der Schnack zwischendurch durchaus zu wagen. Eine an der Moderne orientierte Architektur kam zumindest meinem ästhetischen Empfinden entgegen, nicht zuletzt versuchte man - wenn auch nicht immer mit Erfolg -, einigermaßen das Spektrum des allgemeinen Kinogeschehens abzudecken, und sei es nur durch Filmreihen wie "Der besondere Film", in der Arthouse-Filme der vergangenen Monate vergünstigt gesehen werden konnten (auch hier Dezenz im Spiel: Man ließ den kleinen Kinos zunächst ihr Recht, wartete selbst oft erst einige Wochen ab, bis die Filme in den Spielplan gehievt wurden). Vor den Kinovorführungen wurde der Saal meist mit alten Soundtracks bespielt, Werbung ist nötig, fiel aber in der Regel verträglich lange aus. Nicht zuletzt die historisch bedingte Verankerung des Kinos im Viertel integrierte das Traditions- und Premierenkino seit Jahrzehnten in der lokalen Kietzkultur.
Das nun also will Cinestar mit seinem Frischling auf dem hiesigen Kinomarkt, dem drei, vielleicht vier Jahre alten Cubix beerben? Ein schlechter Witz. Das Cubix ist architektonisch hässlich, ein reines Metropolen-S-Bahn-Kino, in dem vor allem Big-Budget-Filme angesagt sind. An der Kasse wird man hurtig abgefertigt, vor dem Film mit Großraum-Provinz-Discosound belästigt, dessen Lautstärke auch in etwa der in einer solchen Lokalität gleichkommt. Das Publikum verhält sich nicht anders: Cliquenandrang ist angesagt, Gegröhle, Genuschel, Rumgelaber in Zimmerlautstärke allenthalten. Noch bislang jede der von mir besuchten Vorführung daselbst war irgendwie verpatzt: Sound fällt aus, bleibt für Minuten weg. Bild verrutscht, bleibt für Minuten lang zur Hälfte schwarz. Chronische Unschärfe nach Rollenwechsel, den Vorführer ficht's nicht an. Meine bislang (und vermutlich auch bis auf weiteres) letzte Vorführung dort war dermaßen zum Kotzen, dass ich am liebsten mein Geld zurückverlangt hätte (eine Eigenart, die ich für gewöhnlich eher als kleinlich empfinde, es will also was heißen). Warum sollte man sich schließlich auch bemühen? Man schielt auf Laufkundschaft und solche, die über den zentralen S-Bahnhof eben zufällig vorbeikommen. Kein Grund, ein Publikum durch Qualität an sich zu binden. Es hat ja schon an der Kasse gezahlt - und üblicherweise nicht gerade wenig -, und für weitere Fragen im Nachhinein ist der klobige Securitymann zuständig.
Kurzum: Es ist widerlich, wie sich das Cubix hier benimmt. Ein solches Verhalten ist auf kollegial-geschäftlicher Ebene unfein und unanständig, gegenüber den Menschen, die mit gutem Grund an "ihrem" Kosmos hingen, ist es gemein und taktlos und obendrein noch durch seine anbiedernde Gleichstellung mit dem Traditionskino eine Anmaßung sondergleichen.
Zu den niederträchtigsten Eigenschaften des Menschen zählt nach allgemeiner Auffassung sicherlich das vergnügte sich die Hände Reiben nach Ableben einer Person ob sich dadurch mutmaßlich einstellender Gewinne und Vorteile. Der Körper hat das Zucken noch nicht eingestellt, schon werden erste Bilanzen erstellt und womöglich noch in aller Öffentlichkeit bereits erste Schritte zum baldigen Erreichen des Geldsegens unternommen.
Im Falle des jüngst geschlossenen Kino Kosmos, von dem die letzten Tage hier oft genug berichtet wurde, hätte man es sich vielleicht anders gewünscht, allein der Gedanke war wohl zu naiv. Jedenfalls, beim gestrigen Abendspaziergang, der mich unweigerlich auch, wie zum nochmaligen Abschied, vor "mein" Kino brachte, konnte ich eingangs erwähnte menschliche Hässlichkeit in voller Pracht erleben. Lidschäftig mit Tesaband angebracht, befanden sich an früherer Plakataushangstelle mehrere Plakate, immerhin gedruckt, also mit einigem Aufwand erstellt. Darauf zu lesen: "Gekommen, um zu bleiben. Die Kunden des Kosmos haben ein neues Zuhause: Cinestar Cubix am Alexanderplatz + Cinestar am Treptower Park".
Unanständiger geht's nimmer. Das Kosmos ist noch nicht richtig leergefegt, schon kommen aus den Fugen im Keller die ersten Kakerlaken angekrochen, die sich gierig auf das Stammkundenpotenzial des Kosmos werfen und nicht müde werden, sich selbst frivol als vermeintliche Alternative anzupreisen. Immerhin hatten 7000 Menschen per Unterschrift gegen die Schließung des Kosmos protestiert (eine, nur am Rande bemerkt, natürlich recht sinnbefreite Aktion, schloss das Kosmos doch nicht etwa wegen Mittelkürzungen, sondern aus rein marktwirtschaftlichen Gründen...), ein solcher Rahm will abgeschöpft werden. Dabei hat man vom Kino im Allgemeinen, vom Kosmos im Besonderen natürlich nicht das Geringste verstanden.
Wir erinnern uns: Das Kosmos war vor allen Dingen deshalb von Reiz, weil es die Annehmlichkeiten des Multiplex-Kinos mit den Vorzügen des heimeligen Kietz-Programmkino von der Ecke verband. Eine überaus günstige und sogar offensichtlich auch für Sozialschwache attraktiv konzipierte Preisstaffelung traf auf moderne Technik und große Leinwand - mit 1000 Plätzen war der Hauptsaal immerhin jahrzehntelang größtes Kino der DDR. Das Personal war freundlich und persönlich, der Schnack zwischendurch durchaus zu wagen. Eine an der Moderne orientierte Architektur kam zumindest meinem ästhetischen Empfinden entgegen, nicht zuletzt versuchte man - wenn auch nicht immer mit Erfolg -, einigermaßen das Spektrum des allgemeinen Kinogeschehens abzudecken, und sei es nur durch Filmreihen wie "Der besondere Film", in der Arthouse-Filme der vergangenen Monate vergünstigt gesehen werden konnten (auch hier Dezenz im Spiel: Man ließ den kleinen Kinos zunächst ihr Recht, wartete selbst oft erst einige Wochen ab, bis die Filme in den Spielplan gehievt wurden). Vor den Kinovorführungen wurde der Saal meist mit alten Soundtracks bespielt, Werbung ist nötig, fiel aber in der Regel verträglich lange aus. Nicht zuletzt die historisch bedingte Verankerung des Kinos im Viertel integrierte das Traditions- und Premierenkino seit Jahrzehnten in der lokalen Kietzkultur.
Das nun also will Cinestar mit seinem Frischling auf dem hiesigen Kinomarkt, dem drei, vielleicht vier Jahre alten Cubix beerben? Ein schlechter Witz. Das Cubix ist architektonisch hässlich, ein reines Metropolen-S-Bahn-Kino, in dem vor allem Big-Budget-Filme angesagt sind. An der Kasse wird man hurtig abgefertigt, vor dem Film mit Großraum-Provinz-Discosound belästigt, dessen Lautstärke auch in etwa der in einer solchen Lokalität gleichkommt. Das Publikum verhält sich nicht anders: Cliquenandrang ist angesagt, Gegröhle, Genuschel, Rumgelaber in Zimmerlautstärke allenthalten. Noch bislang jede der von mir besuchten Vorführung daselbst war irgendwie verpatzt: Sound fällt aus, bleibt für Minuten weg. Bild verrutscht, bleibt für Minuten lang zur Hälfte schwarz. Chronische Unschärfe nach Rollenwechsel, den Vorführer ficht's nicht an. Meine bislang (und vermutlich auch bis auf weiteres) letzte Vorführung dort war dermaßen zum Kotzen, dass ich am liebsten mein Geld zurückverlangt hätte (eine Eigenart, die ich für gewöhnlich eher als kleinlich empfinde, es will also was heißen). Warum sollte man sich schließlich auch bemühen? Man schielt auf Laufkundschaft und solche, die über den zentralen S-Bahnhof eben zufällig vorbeikommen. Kein Grund, ein Publikum durch Qualität an sich zu binden. Es hat ja schon an der Kasse gezahlt - und üblicherweise nicht gerade wenig -, und für weitere Fragen im Nachhinein ist der klobige Securitymann zuständig.
Kurzum: Es ist widerlich, wie sich das Cubix hier benimmt. Ein solches Verhalten ist auf kollegial-geschäftlicher Ebene unfein und unanständig, gegenüber den Menschen, die mit gutem Grund an "ihrem" Kosmos hingen, ist es gemein und taktlos und obendrein noch durch seine anbiedernde Gleichstellung mit dem Traditionskino eine Anmaßung sondergleichen.
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