Thema: Kinokultur
Als Münchhausen seinerzeit im Morast zu versinken drohte, soll er sich kurzerhand an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen haben. So zumindest will es die Überlieferung (aus eigenem Munde des besagten Herrn).

Und wenn man Guy Ritchie heißt und nach zwei - naja, sagen wir mal: mäßigen, aber kommerziell immerhin recht erfolgreichen - Gangster-Filmen und einem allerdings nur mehr katastrophalen Liebesfilm mit Kopfschmerzgarantie endlich wieder einmal Land sehen möchte, die Presse allerdings nicht so recht will, wie man es sich zu diesem Zwecke wünscht, dann schlägt man eben einen Salto rückwärts, loopt die eigene Promo-Begeisterung in einer Rückkopplung und verkauft das sich einstellende Jaulen einfach als Pressekommentar, oder eben kurz: Man zieht sich am eigenen Schopfe aus dem Sumpf.

So ist jedenfalls auf dem britischen Plakat zu seinem neuesten Film Revolver ein werbewirksames "Brilliant!" zu lesen, das qua Ausweisung aus der Sun entnommen zu sein behauptet wird. "Guy Ritchie at its best" soll da ebenfalls, angeblich aus selber Quelle entnommen, zu lesen sein.

Der Guardian deckt diese Chimäre indes auf. Keineswegs handele es sich bei den Zitationen um Äußerungen der Tagespresse. Vielmehr seien sie der Website dieser Zeitung entnommen, und stammen auch dort nicht aus Kritikermunde, sondern aus einem Statement einer Darstellerin (deren Neutralität bei einer Beurteilung des Films nun wohl ohne weiteres in Zweifel gezogen werden darf), bzw. aus einer Trailerankündigung mit eindeutig reklamierender Funktion aus einer Sub-Subsparte der Website, wobei bezweifelt werden darf, dass der Autor besagter Zeilen den Film zum Zeitpunkt der Niederschrift bereits gesehen hatte. Dass besagter Content dann auch noch in direkter Verbindung zu einer PR-Company steht, die wiederum im Auftrag des Filmverleihs steht, welcher Revolver in die britischen Kinos bringt, ist dabei nur noch der Zuckerguss in dieser ganzen Angelegenheit.

Grotesker geht's nimmer - ein Verleih, der sich hinterrücks ein paar Vokabeln auf der Website einer Tageszeitung erschleicht, die er sich dann, stolz wie ein offener Hosenstall, als Plakette aufs eigene Plakat kleben darf. Wird schon keiner merken, und das bisschen Morast an den Klamotten ist auch schnell weggewischt.

[via]


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kommentare dazu:



roland, Mittwoch, 5. Oktober 2005, 19:06
ehrlich gesagt, dachte ich, das seien eh längst übliche praktiken, also dass bewusst nur stummelzitate genommen werden bis zur sinnenstellung z. b.

bei den hiesigen kinoankündigungen in den printmedien hat man ein einigermaßen noch gutes prüfmittel: wenn nur zeitschriften wie brigitte und bravo zum lob herangezogen werden, ist der film garantiert schrott.


ae, Mittwoch, 5. Oktober 2005, 21:37
OT
Hey Thomas, schreib mir mal bitte ne Mail an lindegraphics / yahoo / de. (Oder habe ich die Kontaktdaten hier übersehen?)

thgroh, Mittwoch, 5. Oktober 2005, 22:04
@roland

Ja, das mit den sinnverzerrenden Stummelzitaten lässt sich teils bereits nachvollziehen. Aber gewissermaßen über Umwege "eigene" Äußerungen als Zitate anderer Organe verkaufen zu wollen, das ist schon relativ neu, glaube ich.

Und ja, klar, bessere Nicht-Werbung als Brigitte-Zitate u.ä. gibt's eigentlich kaum. Meistens stammen solche Zitate ja ohnehin aus obskursten Publikationen.



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