Biopic über Johnny Cash, genauer: über die Spanne vom Tod seines Bruders im Jahr 1944 - Cash war da noch ein kleiner Junge und machte sich schwere Schuldvorwürfe - bis zu jenem Heiratsantrag auf der Bühne vor Publikum 1968, in den June Carter (die heimliche Hauptrolle des Films: Reese Witherspoon), nach vielen vorangegangenen, schließlich einwilligte. Ein Zeitraum markiert von Kindheitstrauma und glücklicher, letzten Endes auch Dämonen austreibender Eheschließung, dazwischen alle Ups und Downs, die ein Musiker, Rockstar erleben kann.

Mangolds an historischen Ausstattungsdetails ungemein reicher (zuweilen fast ein bisschen vollgestopfter) Film beginnt mit dem legendären Konzert At Folsom Prison vor Insassenpublikum, auf das auch die gleichnamige Live-LP zurückgeht. Die Band steht auf der Bühne, spielt immer den gleichen, heute würde man vielleicht sagen: Loop, das Publikum stampft und klatscht, von Cash hingegen keine Spur. Der ist irgendwo hinten, im behelfsmäßigen Backstage, das eigentlich eine Werkstatt ist. Eine dort befindliche Kreissäge lässt ihn in Gedanken zurückschweifen, sein Bruder war dereinst an einer solchen verunglückt. Rückblende folgt, wie er wurde, was er ist ...

Beziehungsweise, vielleicht genau das nun eben nicht. Walk the Line folgt der Logik der Lebensstationen, heftet Höhen - erste Ehe, erste Platte - wie Tiefen - Drogensucht, Ehe geht in die Brüche - aneinander, den Kitt bilden stetig Liveauftritte, deren Zweck alleine darin besteht, den Fans bekannte Lieder - allerdings eingesungen von Cash-Mime Joaquin Phoenix - zu kredenzen und zu beobachten, ob und inwiefern es Phoenix schafft, den Meister noch im Detail von Gestik und Mimik zu imitieren. Ein reines Testing der Äußerlichkeiten, darin erschöpft sich schließlich auch schon der Zweck der sichtlich mühevoll zusammengetragenen Ausstattung. Walk the Line ist Nostalgiebild, das diesen Status allerdings zu verleugnen trachtet.

Cash ist eine schillernde, gebrochene, höchst ambivalente Figur, der Film überträgt dies allerdings nicht auf sich selbst; Höhen und Tiefen, Facetten werden signalisiert, erfahren aber keine wirkliche Entsprechung. Das Ergebnis ist gefällig, soll alle ansprechen, und bleibt entsprechend lauwarm. Mehr Risikobereitschaft wäre wünschenswert gewesen, ganz egal auf welchem Terrain. Eine Ikone wie Cash hätte zur furiosen Hommage eingeladen, zu einem Bild, das vermittelt, was an ihm, bis heute, fasziniert. Man hätte sich auch gut eine Demontage vorstellen können; oder zumindest einen Aufbruch des längst heikel gewordenen Biopic-Genres und seiner Strategien. All dies zeichnet beispielsweise Paul Schraders Auto Focus aus. Walk the Line hingegen bleibt bieder und bloßer Chronistik verpflichtet, die in der Aneinanderreihung von Äußerlichkeiten und Begebenheiten das Pensum für erfüllt erklärt.

Entsprechend mittelmäßig fällt das Ergebnis aus. Freilich, ganz schlecht geraten ist es nicht. Dafür ist Johnny Cash als Gegenstand schon zu gewichtig, von dem der Film allenthalben zehrt und sich auf diese Weise zumindest noch recht kurzweilig gestaltet. Man möchte danach die alten Platten wieder rausholen, die nicht ganz so alten Platten vielleicht auch (um das Gesamtbild zu vervollständigen), und dies ist vielleicht auch schon das Beste, was ein Cash-Biopic erreichen kann.


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