Das folgende ist natürlich großartig, da will ich jedes böse Wort zurücknehmen: Im Forum der Berlinale 2006 werden unter dem Titel "Mystery Classics" neun Genrefilme aus den 50er und 60er Jahren von Nakagawa Nobuo gezeigt! Nachdem im letzten Jahr die vielgeliebte Reihe "Midnight Screenings" unverständlicherweise ausgesetzt wurde, erfährt sie hiermit ein furioses Comeback! Ja, ich bin begeistert - und die ersten neun Pflicht- und Empfehlungsfilme stehen damit auch schon fest! Was soll da noch groß der zu erwartende Sozi-Wettbewerb interessieren?

Die letzten Monate markierten die Renaissance des Genreregisseurs. Festivals in Venedig und Paris zeigten bereits eine Filmauswahl, das sich zusehends als veritable Ausgrabungsstätte des japanischen Kinos etablierende Tokyo FilmEX-Festival präsentierte schließlich eine eigene Reihe mit insgesamt 12 Filmen. Auf Midnight Eye, dem Online-Fachmagazin für den japanischen Film, findet sich hierzu ein ausführliches Feature, das man sich für den Februar am besten ausgedruckt mit zum Potsdamer Platz nimmt.

Im folgenden die Pressemitteilung der Berlinale:
Nakagawa (1905-1984) begann 1929 als Regieassistent und Drehbuchautor, ab 1934 drehte er eigene Filme – fast 100 aus nahezu allen Genres. In seiner produktivsten Phase in den Fünfziger- und Sechzigerjahren entstanden überwiegend Geister-, Kriminal- und Horrorfilme. Nakagawa arbeitete innerhalb des japanischen Studiosystems und entwickelte dennoch mit Genrefilmen eine eigene Handschrift als Autor. Seine Anti-Helden – Ganoven, Yakuzas und Femmes fatales – inszeniert er mit wiederkehrenden poetischen Motiven und einer durch die japanische Geister- und Mythenwelt geprägten Symbolik. Die Aufführung im Rahmen der Berlinale lädt zu einer Entdeckung ein, die überfällig scheint angesichts des durch Filme wie Ring (Ringu) und Dark Water (Honogurai mizu no soko kara, 2002 im Panorama) ausgelösten aktuellen Japan-Horror-Trends. Die Filme Nakagawas waren auch stilvolle Vorreiter der B-Movies, die ab den Fünfzigerjahren Hammer Films in England oder Roger Corman produzierten. Erstmals gezeigt wurde die Retrospektive zum 100. Geburtstag Nakagawas beim Tokyo Filmex-Festival 2005.

Die Auswahl des Forums spiegelt die stilistische Bandbreite der Filme Nakagawa Nobuos. In Lynch (Rinchi, 1949), einem Klassiker des japanischen "Film noir", gelingt es einem aus dem Gefängnis entlassenen Yakuza nicht, gesetzestreu zu bleiben. In A Wicked Woman (Dokufu Takahashi Oden, 1958) schwört die Titelheldin, basierend auf einem tatsächlichen Kriminalfall, nach dem Tod ihrer Tochter allen Männern Rache und wird zum Dämon. Ghost Story of Yotsuya (Tokaido Yotsuya Kaidan, 1959), die wohl bekannteste Verfilmung des Stückeklassikers "Yotsuya Kai" von Tsuruya Namboku – kürzlich im Rahmen von spielzeiteuropa | Berliner Festspiele in der Inszenierung von Jossi Wieler zu sehen – ist ein stilistischer Höhepunkt des Geisterfilms und etablierte das Geister-Bild der traditionell weiß gekleideten Frauen mit langen schwarzen Haaren.

Mit The Mansion of the Ghost Cat (Borei Kaibyo Yashiki, 1958) und The Lady Vampire (Onna Kyuketsuki, 1959) adaptierte Nakagawa zwei Horror-Romane von Soto Tachibana. In seinem Meisterwerk Jigoku (1960) schließlich gipfeln tragische Unfälle und Doppelgängermotive in einer Darstellung der wahren Hölle. Ebenfalls zu sehen sind der Mystery-Krimi Dandy Sashichi Detective Story – Six Famous Beauties (Ningyo Sashiichi Torimonocho Yoen Roku Shibijin, 1951), der im Nachkriegs-Tokio spielende neorealistische Kaachan ('Nendo no Omen' yori: Kaachan, 1961) und das Schwertkampf-Drama Okatsu the Avenger (Yoen Dokufuden: Hitokiri Okatsu, 1969).

Das Programm wird unterstützt durch die Japan Foundation und das National Film Centre, Tokyo, das neue, englisch untertitelte Kopien beisteuert.


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