Thema: Berlinale 2006
13. Februar 06 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
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Gewiss, die Rezeptionssituationen von Comic und Film sind grundlegend andere; ein Comic - zumal ein derart komplexer und umfangreicher - lädt zum Nachschlagen in anderen Büchern ein, zum Zurückblättern und kann sich obendrein zeitlich unabhängig entfalten; es ist deshalb nachzusehen, dass der Film zum einen mehr erklären, zum anderen schlanker gestaltet werden muss. Man spürt, dass der Film das weiß, man spürt, dass der Film es doch eigentlich richtig machen will, er zeigt sich zumindest um den richtigen Tonfall bemüht und auch die Ästhetik ist weitgehend stimmig (von der eklatantesten Differenz - der Comic ist schwarzweiß, der Film hingegen farbig - mal abgesehen). Doch den Film lediglich auf die Spielhandlung des Comics - einer gegen das Imperium - zu reduzieren, erweist sich als großer Fehler; jeder Schachzug "V"s, jedes Resultat daraus gerinnt zur bloßen Behauptung, erfährt aber nie glaubhafte Verankerung im Lauf der Dinge. Der Film V for Vendetta zeigt lediglich Ergebnisse, wo doch deren Zustandekommen interessant und überhaupt zur Erläuterung vonnöten wäre; so stehen die einzelnen Glieder des Masterplans nun seltsam erratisch nebeneinander, warum es am Ende zum Massenaufstand kommt, wird zu keinem Moment plausibel.
Wenig elegant sind auch die zahlreichen Einsprengsel, die den Film mit dem Hier und Jetzt verbinden sollen. Natürlich gibt's ein wenig Islam-Kolorit, irgendwie steht alles mit dem "Krieg, den die USA begonnen hat" in Verbindung (der Film spielt in de 2020er Jahren, der Comic war in den späten 1990ern situiert). Alles atmet Aktualitätsbezug, nichts ist durchdacht - reinste Exploitation. Ein bisschen billiges Revolutionspathos und den einen oder anderen augenzwinkernden Kommentar - "Manchmal reicht es, ein Gebäude zu zerstören, um die Geschichte zu ändern!", sagt "V" an einer Stelle - gibt es als Zuckerpulver obendrauf; gerade genug, um sich für das Emblem "Der Film ist als Diskussionsgrundlage geeignet" zu qualifizieren, die verzweifelt sich als politisch zu gerieren trachtende Berlinale dürfte es überdies freuen.
Man geht nicht enttäuscht aus dem Film, dafür lässt er einen viel zu kalt; man winkt nur ab und es ist egal.
imdb
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