Thema: Kinokultur
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Zu den Dingen, die mir regelmäßig ins Auge stechen, wenn ich auf der Website der New York Times herumblättere, gehört die Selbstverständlichkeit, mit der dort im DVD-Teil Filme wie beispielsweise Michele Soavis großartiger, später Italo-Horrorfilm Dellamorte Dellamore besprochen werden. Und gleich darunter eine recht kundige Besprechung einer Russ-Meyer-DVD, die ganz ohne die dünkelhafte, distanzierte, also: kreuzlangweilige Belustigung (Stichwort: Melonen, weil einem zu Meyer hierzulande eben auch nichts anderes einfällt als: Melonen.) auskommt, mit der solche Titel hierzulande vermutlich in zwei, drei schnellen Absätzen abgefertigt würden.
Dellamorte Dellamore, den man dringend gesehen haben sollte, erschien hierzulande vor einigen Jahren auf DVD bei einem sehr mäßigen Low-Budget-Label, vom Feuilleton unentdeckt und vermutlich auch als unter aller Kritik empfunden. Stattdessen fast überall und fast immer das Gleiche: Neue Fassbinder-DVDs. Neue Rosselini-DVDs. Neue Bergman-DVDs. Und ein weiterer Visconti-Klassiker, über den man noch einmal all das, was schon vor Jahren mehrfach geschrieben wurde, nochmals zum Besten geben kann, ist ja nun auch auf DVD erhältlich. Gewiss ist das auch nicht alles falsch, natürlich ist es ein Grund zur Freude, wenn klassische Filme, die aus der Filmgeschichte nicht wegzudenken sind, nach und nach wieder leicht verfügbar werden. Aber hier wiederholt sich doch letzten Endes einmal mehr dieselbe altfeuilletonistisch angestaubte Haltung, aus der schon solche Fixiertheit überhaupt erst entstehen konnte: Hehr ist, was gewichtigen Autorennamen im Gepäck mit sich trägt.
Dabei bringt doch der DVD-Boom in Verbindung mit dem Internet so unendlich viel Neues und Interessantes hervor, Dinge, über die man endlich mal in aller Breite schreiben könnte, weil sie früher nur mit gespitzten Fingern, wenn überhaupt, angefasst wurden. Was alleine ein Tempel wie das Videodrom allmonatlich an internationalen DVD-Neuheiten ins Videothekenprogramm bringt, reicht ohne weiteres hin, täglich das halbe Feuilleton zu füllen. Filme, die ich mir dort in den letzten Tagen ausgeliehen habe: Umberto Lenzis wahnwitzig zynischer und dynamischer Thriller Der Berserker, ein Klassiker des italienischen Poliziotti und seit einigen Monaten endlich auch in Deutschland auf DVD erhältlich; God Told Me To, ein unbekümmert deliranter, nie wirklich großartiger, aber in seiner sonderbaren Knstruktion doch zumindest bestrickender Christenhorror-Science-Ficiton-Psychothriller von Großstadtfilm-Maverick Larry Cohen; Punishment Park von Peter Watkins, eine vielleicht nicht im Sinne ihrer Intention gelungene, aber als Dokument ihrer Zeit höchst spannende Fake-Dokumentation mit social fiction-Anleihen über Politaktivisten, die von der autoritären Regierung in der Wüste ausgesetzt werden, um dort um ihr Leben zu kämpfen; The Red and the White, ein ungarischer Film über die Sinnlosigkeit von Krieg und dem Menschen darin, der in sonderbaren Bildern fast schon surrealen Charakter annimmt. Jeder dieser Filme wäre einen eigenen Artikel wert, einen Hinweis, irgendwas.
Natürlich gibt es Ausnahmen und sie sind mir viel wert. Immer wieder spannend sind Dominik Grafs in der F.A.Z. geworfene Blicke über den Tellerrand hinaus (überhaupt gibt man sich dort, in der F.A.Z., am meisten Mühe). Und dann natürlich Ekkehards DVD-Kolumne in der taz, die es viel zu selten zu lesen gibt.
Dellamorte Dellamore, den man dringend gesehen haben sollte, erschien hierzulande vor einigen Jahren auf DVD bei einem sehr mäßigen Low-Budget-Label, vom Feuilleton unentdeckt und vermutlich auch als unter aller Kritik empfunden. Stattdessen fast überall und fast immer das Gleiche: Neue Fassbinder-DVDs. Neue Rosselini-DVDs. Neue Bergman-DVDs. Und ein weiterer Visconti-Klassiker, über den man noch einmal all das, was schon vor Jahren mehrfach geschrieben wurde, nochmals zum Besten geben kann, ist ja nun auch auf DVD erhältlich. Gewiss ist das auch nicht alles falsch, natürlich ist es ein Grund zur Freude, wenn klassische Filme, die aus der Filmgeschichte nicht wegzudenken sind, nach und nach wieder leicht verfügbar werden. Aber hier wiederholt sich doch letzten Endes einmal mehr dieselbe altfeuilletonistisch angestaubte Haltung, aus der schon solche Fixiertheit überhaupt erst entstehen konnte: Hehr ist, was gewichtigen Autorennamen im Gepäck mit sich trägt.
Dabei bringt doch der DVD-Boom in Verbindung mit dem Internet so unendlich viel Neues und Interessantes hervor, Dinge, über die man endlich mal in aller Breite schreiben könnte, weil sie früher nur mit gespitzten Fingern, wenn überhaupt, angefasst wurden. Was alleine ein Tempel wie das Videodrom allmonatlich an internationalen DVD-Neuheiten ins Videothekenprogramm bringt, reicht ohne weiteres hin, täglich das halbe Feuilleton zu füllen. Filme, die ich mir dort in den letzten Tagen ausgeliehen habe: Umberto Lenzis wahnwitzig zynischer und dynamischer Thriller Der Berserker, ein Klassiker des italienischen Poliziotti und seit einigen Monaten endlich auch in Deutschland auf DVD erhältlich; God Told Me To, ein unbekümmert deliranter, nie wirklich großartiger, aber in seiner sonderbaren Knstruktion doch zumindest bestrickender Christenhorror-Science-Ficiton-Psychothriller von Großstadtfilm-Maverick Larry Cohen; Punishment Park von Peter Watkins, eine vielleicht nicht im Sinne ihrer Intention gelungene, aber als Dokument ihrer Zeit höchst spannende Fake-Dokumentation mit social fiction-Anleihen über Politaktivisten, die von der autoritären Regierung in der Wüste ausgesetzt werden, um dort um ihr Leben zu kämpfen; The Red and the White, ein ungarischer Film über die Sinnlosigkeit von Krieg und dem Menschen darin, der in sonderbaren Bildern fast schon surrealen Charakter annimmt. Jeder dieser Filme wäre einen eigenen Artikel wert, einen Hinweis, irgendwas.
Natürlich gibt es Ausnahmen und sie sind mir viel wert. Immer wieder spannend sind Dominik Grafs in der F.A.Z. geworfene Blicke über den Tellerrand hinaus (überhaupt gibt man sich dort, in der F.A.Z., am meisten Mühe). Und dann natürlich Ekkehards DVD-Kolumne in der taz, die es viel zu selten zu lesen gibt.
° ° °
kommentare dazu:
kid37,
Dienstag, 13. Juni 2006, 14:30
Dellamorte Dellamore wird gerade verramscht für drei oder vier Euro, wenn ich das bei meinem Elektrogroßmarkt neulich richtig gesehen habe...
thgroh,
Dienstag, 13. Juni 2006, 14:43
Ja, verramscht wird der Film schon länger; in diesem Falle vermutlich in der geschnittenen 16er Finger-Weg-Fassung.
Ich habe den Film natürlich schon lange hier ;)
Ich habe den Film natürlich schon lange hier ;)
tschill,
Dienstag, 13. Juni 2006, 16:06
Dellamorte Dellamore ist natürlich ein wunderbarer Aufhänger für den Text.
Allerdings muß man sagen, daß der Film beim Zielpublikum damals auf dem FFF auch nicht so recht ankam. Die wollten GORE!GORE!GORE! sehen - und damit war nicht der Martin von Depeche Mode gemeint. Die Fleischbatzen bekamen die Fans auch um die Ohren geprügelt, aber die Einbettung in ein parabelartiges Ambiente wußte so gar nicht zu gefallen. Mir heute wie damals unverständlich, weil doch gerade die martialische Körperlichkeit einen wundervollen Boden bietet, auf dem die blaue Blume in voller Pracht erblühen kann. Ein Film, der in seiner zugrunde liegenden Zärtlichkeit an Edward Scissorhands erinnert.
Trotzdem konnte ich Dellamorte Dellamore früher besser leiden. Nicht, weil er bei wiederholter Ansicht abbauen würde, sondern weil ich mittlerweile die Hackfresse Rupert Everett aus anderen Filmen kenne. Börp!
Allerdings muß man sagen, daß der Film beim Zielpublikum damals auf dem FFF auch nicht so recht ankam. Die wollten GORE!GORE!GORE! sehen - und damit war nicht der Martin von Depeche Mode gemeint. Die Fleischbatzen bekamen die Fans auch um die Ohren geprügelt, aber die Einbettung in ein parabelartiges Ambiente wußte so gar nicht zu gefallen. Mir heute wie damals unverständlich, weil doch gerade die martialische Körperlichkeit einen wundervollen Boden bietet, auf dem die blaue Blume in voller Pracht erblühen kann. Ein Film, der in seiner zugrunde liegenden Zärtlichkeit an Edward Scissorhands erinnert.
Trotzdem konnte ich Dellamorte Dellamore früher besser leiden. Nicht, weil er bei wiederholter Ansicht abbauen würde, sondern weil ich mittlerweile die Hackfresse Rupert Everett aus anderen Filmen kenne. Börp!
thgroh,
Dienstag, 13. Juni 2006, 16:10
Naja, über den Geschmack des gemeinen Fantasy Filmfestlers wollen wir hier mal lieber ganz generell den Mantel des Schweigens decken - eine ungemein trübsinnige Geschichte wäre das ;-)
tschill,
Dienstag, 13. Juni 2006, 16:38
Ach, wie war noch mal gleich Deine These zur Abgeschottetheit der Hochkulturfühjetonnisten? :-)
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